Teddybär-Spital: Studierende der Gesundheitswissenschaften gehen auf Kuschelkurs
Zwei Tage lang verfolgen Studierende der Pharmazie, Human- und Zahnmedizin ein gemeinsames Ziel: Kindern im Teddybär-Spital die Angst vor dem Arztbesuch zu nehmen. Und die Studierenden können sich im Umgang mit Patient*innen üben.
Lena kommt mit einer Platzwunde und starkem Kopfweh in die Notfallaufnahme. Sie ist beim Spielen gefallen und hat sich den Kopf gestossen – ein klarer Fall für «Dr. Ted». Er versorgt die Wunde, bindet Lenas Kopf ein und verschreibt ihr einen Sirup gegen die Schmerzen. Eine Gehirnerschütterung konnte er ausschliessen. Da hat die junge Teddybärin aber gerade noch Glück gehabt!
Geschichten wie diese sind keine Seltenheit! Zumindest nicht im Teddybär-Spital des Universitäts-Kinderspitals beider Basel (UKBB). Am 17. und 18. April strömten rund 140 Kinder ins Krankenhaus, die nicht nur ihren Teddy unter dem Arm mitbrachten, sondern auch kreative Krankheitsgeschichten ihrer Kuscheltiere, eigene Erfahrungen und neugierige Fragen. Keine leichte Aufgabe, aber 70 «Dr. Teds» stellten sich während dieser zwei Tage der Herausforderung. Gemeinsam mit den jungen Besucher*innen und ihren flauschigen Gefährten durchliefen sie spielerisch die verschiedenen Etappen eines Arztbesuchs mit dem Ziel, den Kindern die Angst davor zu nehmen.
Der böse Weisskittel wird zum netten «Dr. Ted»
Gleich nachdem jedes Kind seinen «Dr. Ted» kennengelernt hat, werden die Kontaktdaten des Plüschtiers aufgenommen und im Teddy-Ausweis erfasst – eine Art Krankenakte, nur niedlicher. Dafür stellen die «Dr. Teds» den Kindern Fragen: Wie heisst dein Plüschtier? Wo tut es ihm weh? Wie ist der Unfall passiert? Die Antworten, die dann folgen, helfen dabei, das Plüschtier besser kennenzulernen und auch ihre kleinen Besitzer*innen.
Diese erste Etappe ist sehr wichtig, um eine Verbindung aufzubauen und mehr über die Vorkenntnisse und Erlebnisse der Kinder zu erfahren, sagt «Dr. Ted» Christoph. Auch für bereits fortgeschrittene Medizinstudent*innen sei ein solcher Beziehungsaufbau zu den Patient*innen oft eine neue Erfahrung: «Im Studium habe ich unter anderem auch Praktika im Bereich der Pädiatrie gemacht. Während diesen Praktika sitzt man meistens daneben und ist nie die Hauptansprechperson eines Kindes. Das ist hier anders und das schätze ich sehr.»
Wissenschaft und Fantasie vereint
In einem nächsten Schritt folgt dann die körperliche Untersuchung. Hier wird kein Plüschtier verschont: Alle werden vermessen, gewogen, und müssen eine «Blutentnahme» über sich ergehen lassen. «Dr. Ted» Noé erklärt: «Manchmal hören wir auch den Kindern das Herz ab oder gucken ihnen und dem Plüschtier mit der Taschenlampe in den Mund oder die Ohren. Das hängt ganz davon ab, wie mutig sie gerade sind.»
Weiter geht es anschliessend mit der Röntgen-Station. Während sich der Teddy in der «Röhre» befindet, können die Kinder das Ultraschallbild unter die Lupe nehmen. «Dr. Ted» Noé ist beeindruckt von der Detektivarbeit der Kinder: «Sie sind sehr aufmerksam und bemerken schnell, wenn etwas ungewöhnlich ist im Bild. Dementsprechend finden sie die Brüche jeweils im Nu.» Für gebrochene Teddy-Knochen gibt es anschliessend nicht nur einen stabilisierenden Gips, sondern auch noch eine Extraportion Glitzer darauf.
Zahnbürste, Sirup und Kekse für ein strahlendes Lächeln
Zum Abschluss bekommt der plüschige Patient dann von seinem «Dr. Ted» ein Rezept für einen Sirup oder eine Keks-Tablette verschrieben. Manchmal auch beides, je nachdem, wie ernst die Lage ist. In der Apotheke können die Kinder diese dann bei zwei weiteren «Dr. Teds» von der Pharmazie beziehen. «Es ist immer sehr lustig, wenn die Kinder ihre Medikamente abholen», erzählt «Dr. Ted» Tara. «Ein Hund hatte zum Beispiel gleich mehrere Beschwerden. Da bekam er natürlich auch mehrere Keks-Tabletten. Er war aber so nett und teilte sie gerne mit seinem Herrchen.»
Nach Keksen und Sirup fehlt nur noch eines: Zähne putzen nicht vergessen! In einer letzten Etappe erfahren die Kinder, was den Zähnen schadet, warum man Löcher bekommt und wie man dies verhindern kann. Dazu dürfen sie einem riesigen Gebiss die Zähne putzen.
«Es ist toll, Erfahrungen mit Kindern zu machen», erzählt «Dr. Ted» Carmen, Zahnmedizinstudentin im 2. Jahr. «Im Zahnmedizinstudium werden wir zwar nicht speziell darauf vorbereitet, aber im allgemeinen Klinikalltag hat man schlussendlich auch mit Kindern zu tun. Gerade vor Zahnärzt*innen haben so viele Kinder Angst. Da macht es mich schon glücklich, zu sehen, wie viel Freude die Kinder haben, wenn sie zu mir kommen.»
Wessen Angst wird nochmals genommen?
Die Idee des Events ist, dass Kinder aus einer anderen Perspektive den Arztbesuch erleben und in die Rolle ihrer Eltern schlüpfen können. Was oft vergessen geht: Auch für viele Studierende ist es der erste richtige Patientenkontakt mit Kindern. Viele haben Respekt davor, denn Kinder sind ehrlich, kritisch und stellen lustige Fragen. Darauf immer eine passende Antwort zu haben, ist nicht immer leicht.
Der Umgang mit den Kindern ist auch eine gute «Trockenübung». Denn die Studierenden werden bei der Arbeit schnell einmal ins kalte Wasser geworfen. Da sind Übungen wie die im Teddybär-Spital wertvoll. Nebst dem Kontakt mit den Kindern schätzen die «Dr. Teds» auch die Gelegenheit, andere Studierende kennenzulernen. «Man kann sich austauschen und merkt, wie ähnlich es allen im Studium geht, ob Humanis, Zahnis oder Pharmas», erzählt Tara.
Am Ende des Tages geht die junge Teddybärin mit ihrem Kopfverband nach Hause. Schmerzen hat sie dank des Sirups keine mehr, und mit ihrer neuen Zahnbürste wird sie gleich Zuhause ihre Zähne putzen. Ihre Besitzerin ist froh, dass es ihr wieder gut geht – und wird beim nächsten Arztbesuch hoffentlich keine Angst haben. Dank der «Dr. Teds».