00:00:00:03 - 00:00:40:21 Estelle Blaschke Die Bilder sind der Motor von sozialen Medien. Aber Bilder wären nicht so erfolgreich, wenn es nicht auch diese Plattformen der Veröffentlichung hätten. Wir suchen in den sozialen Medien in erster Linie nicht Echtheit, sondern es ist ein Ort, an dem mit Bildern gespielt wird. Diese Ästhetiken sind hochgradig retuschiert und die professionellen Influencerinnen, die wir in Social Media sehen, machen nicht einfach Selfies mehr, sondern das sind sehr durchdachte Darstellungen. 00:00:40:23 - 00:01:07:03 Catherine Weyer Hallo und herzlich willkommen bei Unisonar, dem Wissens-Podcast der Universität Basel, heute mit der Medienwissenschaftlerin Dr. Estelle Blaschke und der Frage, wie die sozialen Medien unsere Wahrnehmung beeinflussen. Mein Name ist Catherine Weyer. Bei Unisonar tauchen wir mit Expertinnen der Universität Basel auf den Grund ihrer Forschung. In dieser Staffel sprechen wir über Social Media. Frau Blaschke, wann haben Sie das letzte Mal ein Selfie von sich gemacht? 00:01:07:05 - 00:01:27:05 Estelle Blaschke Das war in der Tat vorgestern. Und zwar habe ich so eine Art Spiel mit zwei Freundinnen. Wir wohnen alle an unterschiedlichen Orten und senden uns dann hin und wieder kommentarlos ein Selfie zu. Also das ist eine Art Gruss oder auch eine Momentaufnahme des Ortes oder auch der Laune des Tages. 00:01:27:07 - 00:01:30:08 Catherine Weyer Und wie sehr hat das mit der Realität übereingestimmt? 00:01:30:10 - 00:02:00:05 Estelle Blaschke Also ich fürchte, dass es durchaus mit der Realität zu tun hatte, im Sinne, als dass ich mir auf diesem Bild nicht unbedingt gefallen habe. Aber das liegt vielleicht auch an dem Zeitpunkt des Tages, also, und zwar am Morgen, an dem wir das aufgenommen. Also das ist natürlich die Frage, inwieweit eine Fotografie, ein Selfie, die Realität abbildet. Was ist Realität überhaupt und inwieweit kann es durch Bildmedien repräsentiert werden? 00:02:00:07 - 00:02:11:12 Catherine Weyer Sie sagen ja, dass die Fotografie nicht der Realität entspricht. Ich wäre jetzt davon ausgegangen, dass wenn ich ein Foto mache, dann sehe ich darauf das, was vor der Linse war. Stimmt das in dem Fall nicht? 00:02:11:14 - 00:02:50:02 Estelle Blaschke Also eine Fotografie oder überhaupt jegliche Art von bildlicher Repräsentation ist eine Repräsentation. Es ist immer eine vermitteltete Realität. Zwischen der Realität und dem Bild ist der Apparat, der dieses Bild aufgenommen hat. Und dieser Apparat funktioniert nach einer bestimmten Programmierung, insbesondere im Digitalen. Und deshalb ist es immer eine vermittelte Realität. In dem Fall, also, wenn Sie mich nach diesem bestimmten Selfie fragen, ist es so, dass ich hier keine Filtertechnologie zum Beispiel verwendet habe und es dementsprechend dieser vermittelten Realität und diesem dokumentarischen tendenziell sehr ähnlich sieht. 00:02:50:02 - 00:03:07:05 Estelle Blaschke Und ich auch ein älteres Modell an Smartphones benutzt habe, einer Smartphonekamera benutzt habe, die diese Filtertechniken nicht bereits in ihren Mechanismus integriert hat, also das Bild nicht schon automatisch optimiert ist. 00:03:07:07 - 00:03:14:20 Catherine Weyer Das bedeutet, wenn ich ein sehr modernes Smartphone habe und ein Foto von mir mache, dann sehe ich da etwas, was aber gar nicht ich wirklich bin. 00:03:14:22 - 00:04:00:10 Estelle Blaschke Ja, also in einer gewissen Weise schon als das in dem Prozess der Aufnahme eine Reihe von Operationen stattfinden, ist die sogenannte KI gestützte Bildoptimierung, also das Erkennen einer Szene, und das dann durch einen Algorithmus erkannt wird, was auf dem Bild zu sehen ist und inwieweit es in seinem Erscheinen dann optimiert werden kann. Also zum Beispiel ein Himmel, der etwas blauer wirkt, oder eine grüne Wiese, die ein sattes Grün aufweist, oder ein Gesicht, das tendenziell optimiert im Sinne von einer glatten Haut oder etwas grösseren Augen, einer kleineren Nase etc. dann erscheint und wir davon ausgehen, dass dieses Bild ein gutes Bild von uns ist. 00:04:00:15 - 00:04:09:03 Estelle Blaschke Der Spruch, den Sie vielleicht auch kennen, also das diese Kamera macht gute Bilder im Vergleich zu einer anderen Kamera, einer anderen Smartphonekamera. 00:04:09:05 - 00:04:16:05 Catherine Weyer Sie sagen, die Bilder optimieren. Das bedeutet, es ist eine positive Entwicklung, die es gegeben hat, mit dieser neuen Art zu fotografieren? 00:04:16:07 - 00:04:40:12 Estelle Blaschke Das ist richtig. Das Optimieren natürlich nach einer Wertung klingt im Sinne von das hier ein Fortschritt gibt. Und das müsste man natürlich etwas differenzierter formulieren, als dass es zum einen sehr vielen Menschen ermöglicht, gute Bilder, also das, worüber wir uns vielleicht alle einigen können, also was gute Bilder sind, störungsfreie Bilder, wenn man so möchte, produzieren zu können. 00:04:40:13 - 00:05:04:11 Estelle Blaschke Und das ist durchaus in der langen Geschichte der Fotografie nochmals eine weitere Entwicklungsschritt, als dass das Fotografieren eben sehr einfach ist und man kostengünstig und auch schnell gute Bilder produzieren kann und das es tendenziell auch zu einer gewissen Kreativität führt. Das digitale Fotografieren in den letzten 20 Jahren, wenn man so möchte, also wir blicken jetzt zurück auf eine Geschichte des Digitalen. 00:05:04:11 - 00:05:46:19 Estelle Blaschke Fotografierens hat gezeigt, dass wir mehr fotografieren denn je zuvor und auch besser fotografieren als je zuvor und auch in der Lage sind, diese Bilder zu veröffentlichen. Auf ganz neue Arten sozusagen die Reichweite dieser Bilder auch sich erweitert. Und gleichzeitig steht in diesem Begriff der Optimierung natürlich auch diese Idee der eben störungsfreien Fotografie, das bereits im Prozess des Bildermachens so viele Entscheidungen von dem Apparat selbst getroffen werden und sich natürlich die Frage stellt, inwieweit wir nur noch der Auslöser sind oder ob wir als Subjekte, als Personen dieses Bild noch gestalten. 00:05:46:21 - 00:06:00:19 Catherine Weyer Mit Social Media bieten wir der Welt einen Blick in unseren Alltag und können den Alltag von anderen Leuten auch beobachten. Was bedeutet jetzt das: Wenn ich zwei andere Leute beobachten kann, aber ich bin mir nicht sicher, wie real diese Fotografien sind. 00:06:00:21 - 00:06:36:05 Estelle Blaschke Also diese übermässige. Das ist natürlich wäre jetzt wieder wertend, aber dieser kann sagen Massenproduktion an Bildern ist das eine und das andere ist eben das Veröffentlichen und das Teilen von Bildern, das zu einem permanenten Abgleich führt von Bildwelt einerseits und der physischen Welt. Und wir sind also in einer Situation, in der wir nicht nur fast alltäglich Bilder produzieren, sondern auch Bilder betrachten, konsumieren, weiter verschicken und wir uns so in einer Art permanenten Feedbackschlaufe des Ablaufs befinden. 00:06:36:05 - 00:07:12:06 Estelle Blaschke Zwischen: Das ist die Bildwelt, die erscheint wie eine Realität. Und die Fotografie ist eben sehr, sehr gut darin, uns zu suggerieren, dass wir hier die Realität sehen einerseits und andererseits eben das Empfinden der physischen Welt, das noch mal etwas anderes ist. Und durch diese Überschneidungen von Bilderwelt und physischer Welt im Alltag führt das natürlich auch zu einer gewissen Weise, einer Fragilität des Blickes, dass wir nicht mehr genau unterscheiden können, inwieweit das Empfinden in der physischen Welt vielleicht beeinflusst ist durch die Bilderwelt, das mit Sicherheit, aber vice versa auch. 00:07:12:08 - 00:07:22:06 Estelle Blaschke Also wie weit wir dieser Bilderwelt so Glauben schenken können, Das, was wir das sehen und hier wäre wieder das Stichwort der Optimierung Beispiel zu nennen. 00:07:22:08 - 00:07:33:01 Catherine Weyer Ist es eine Entwicklung, die von der Fotografie ausgegangen ist, oder von den sozialen Medien? Oder ist das letzten Endes eine Entwicklung, die sich gegenseitig auch irgendwo bedingt. 00:07:33:03 - 00:07:56:19 Estelle Blaschke Ist mit Sicherheit eine Bedingung, als dass die sozialen Medien sich insbesondere in den letzten zehn, 15 Jahren sehr stark in Hinblick auf die Bildmedien orientieren. Also dass Bilder so nicht das Gerüst der sozialen Medien geworden. Also denken Sie an den Erfolg von Instagram, Snapchat oder TikTok, um nur einige zu nennen. Und die Bilder sind der Motor von sozialen Medien. 00:07:56:19 - 00:08:22:19 Estelle Blaschke Aber Bilder wären nicht so erfolgreich, wenn sie nicht auch diese Plattform der Veröffentlichung hätten. Und hier sehen wir eben diese ganz klare Entwicklung und auch diese Wechselwirkungen zwischen sozialen Medien und Bildmedien, als das sich durch die sozialen Medien die Reichweite von Bildern komplett verändert hat oder erweitert hat und wir Bilder heute veröffentlichen können in einem Art permanenten Fluss. 00:08:22:19 - 00:08:27:19 Estelle Blaschke Und diese Verbindung ist in einer gewissen Weise, kann als eine Ermächtigung gesehen werden. 00:08:27:21 - 00:08:50:20 Catherine Weyer Die sozialen Medien, das haben Sie erwähnt, leben ja vor allem davon, dass man interagiert, dass man sich gegenseitig liked, Kommentare schreibt. Und das bedingt irgendwo durch ja auch, dass die Bilder besonders sind, vielleicht auch ein bisschen extrem. Bedeutet das auch, dass wir uns weiter weg, fern von der Realität und auch unsere Ästhetik sich verändert hat durch die sozialen Medien? 00:08:50:22 - 00:09:29:21 Estelle Blaschke Ästhetiken bilden sich heraus aus einem Zusammenspiel, also dass das zum einen natürlich der technische Apparat hier die digitale Kamera, insbesondere das Smartphone, das mit heute integrierten Filtertechnologien arbeitet. Das nennt sich das KI gestützte Fotografieren, also wo die Bilderkennung bereits in dem Prozess des Fotografierens eingreift. Sie kennen das vielleicht, wenn Sie ein Foto schiessen möchten oder machen möchten und bereits ein Rahmen gesetzt wird, um ein Gesicht zum Beispiel. 00:09:29:21 - 00:10:04:06 Estelle Blaschke Oder aber um Elemente in dem Bild. Und hier kommen Algorithmen zum Agieren, die Elemente in dem Bild erkennen, wie zum Beispiel ein Gesicht, wie zum Beispiel eine Landschaft und dann aufgrund dieser Bilderkennung bestimmte ästhetische Entscheidungen getroffen werden von der Kamera selbst. Das etwa die Haut eines Gesichtes besonders glatt erscheint. Oder aber ein Himmel ist anders blau oder eine Wiese etwa besonders grün, also kontrastreich erscheint. 00:10:04:08 - 00:10:40:18 Estelle Blaschke Das ist das eine, das wir immer Bilder erhalten, die bereits automatisiert retuschiert sind und im Zusammenspiel mit den sozialen Medien, also sprich dem Posten, dem Veröffentlichen dieser Bilder, dem Kommentieren dieser Bilder werden Bilder nachgeahmt, wiederholt und durch diese Nachahme und durch diese Wiederholung entstehen bestimmte Ästhetiken, bestimmte Stile in Hinblick auf besonders gesättigte Farben, zum Beispiel, aber auch Posen Sinne der Darstellung des Körpers. 00:10:40:20 - 00:11:03:07 Estelle Blaschke Und durch diese diese Schlaufen der Nachahmung entstehen dann auch wieder Rückkopplungen auf die Art und Weise, wie die physische Welt gestaltet wird. Und Sie können das erkennen in gegenwärtigen Entwicklungen im Design, zum Beispiel, der Gestaltung von Cafés oder Restaurants. 00:11:03:09 - 00:11:12:01 Catherine Weyer Und was bedeutet es für das eigene Selbstbild, wenn ich ein Foto von mir mache? Und das stimmt nicht mit dem Bild überein, dass ich im Spiegel sehe? 00:11:12:03 - 00:12:12:19 Estelle Blaschke Das müssten in der Tat Psycholog*innen beantworten. Was das mit dem Selbstbewusstsein macht, also welche Auswirkungen hier abzulesen sind. Also durch diese, wie gesagt, auch mehreren Jahre dieser Praxis und eben auch gerade jüngere Generationen, die mit diesen Medien aufgewachsen sind, also die diese Medien integriert haben in ihren Alltag, in alltägliche Handlungen und die eben auch Wahrnehmungen verändern. Was ich allerdings dazu sagen möchte ist, dass diese Ästhetiken sind hochgradig retuschiert und die professionellen Influencerinnen, die wir in Social Media sehen, machen nicht einfach Selfies mehr in ihren Kinderzimmern oder privaten Räumen, sondern das sind in der Regel sehr durchdachte Darstellungen und semiprofessionelle Anordnungen also, die mit Licht arbeiten, die mit Make up arbeiten, die also ein kleineres 00:12:12:19 - 00:12:48:03 Estelle Blaschke Team engagieren und hierdurch eine Bildwelt kreieren, die sich eben sehr, sehr weit von der Realität entfernt. Und diese Störungen sozusagen, die können wir dann immer erst beobachten, wenn es Nutzerinnen gibt, die zum Beispiel mit #nurfilter oder aber gegen Influencerin, wenn man so möchte, auf diese Ästhetiken reagieren. Also auf teilweise auch sehr lustige Art und Weise, also dass sie bestimmte Posen, bestimmte Ästhetiken nachmachen und dann eben eine Kehrseite sozusagen dieser Ästhetiken dann auch offenbaren. 00:12:48:05 - 00:13:00:22 Catherine Weyer Wie kritisch blicken Sie auf diese Entwicklung, die die Fotografie genommen hat: Immer weiter weg von der Realität, ohne dass man sich dessen bewusst ist, weil für die meisten ist ja Fotografie weiterhin ein Abbild der Wirklichkeit. 00:13:00:24 - 00:13:27:12 Estelle Blaschke Also ich glaube, da muss ich noch mal wirklich unterstreichen, dass Fotografie eben niemals eine eins zu eins Darstellung von Realität ist, sondern immer eine vermittelte Realität. Und die sehr viel interessantere Frage, die sich hier stellt, ist wie erzeugt sie Realität, also wie erzeugt sie dieses Empfinden, das wir in einer Fotografie von ich sag ein Beispiel, ein Pferd, dann auch tatsächlich ein Pferd sehen? 00:13:27:14 - 00:13:54:03 Estelle Blaschke Die Fotografie hat als ein modernes Bildmedium, das also zu Beginn des 19. Jahrhunderts sich etabliert, eine hohe Übereinstimmung also zwischen dem, was wir sehen, und dem, was wir auf dem Bild sehen. Und deswegen lässt sich über eine Fotografie sehr leicht so etwas wie Objektivität oder auch ein Wirklichkeitsempfinden generieren. Deswegen ist diese Frage eben nicht ganz einfach zu beantworten. 00:13:54:03 - 00:14:18:08 Estelle Blaschke Also das ist ein ganz wichtiger Faktor, als dass wir diese Übereinstimmung selten ininfrage stellen, selbst wenn wir wissen, dass das Bild retuschiert ist, selbst wenn wir wissen, dass das Bild vielleicht sogar manipuliert ist. Wir glauben an die Fotografie und da gibt es auch gar keine so grosse Unterscheidung zwischen dem analogen und digitalen, auch digitalen Bildern, auch wenn sie retuschiert sind. 00:14:18:08 - 00:14:55:20 Estelle Blaschke Wie gesagt, oder manipuliert, dieser Glaube besteht nach wie vor in Fotografien. Und dann stellt sich natürlich eine eher generelle Frage Also was ist Realität? Also ein Physiker würde diese Frage wahrscheinlich anders beantworten als ein Philosoph. Und hier, also wenn wir noch mal auf die Geschichte der Fotografie, weil Sie das angesprochen haben, das noch mal vielleicht perspektivieren wollen. Also zu Beginn der Fotografie, denken wir zum Beispiel an die Chrono Fotografie, also das Sichtbarmachen von Bewegungen, die das menschliche Auge so nicht wahrnehmen kann, zeigt eine Realität, die sich eben losgelöst vom menschlichen Sehen. 00:14:55:22 - 00:15:32:12 Estelle Blaschke Und inwieweit ist das interessant, so etwas zu diskutieren? Also die Auffächerung von Begriffen wie Wahrnehmung von Realität in Hinblick auf die Fotografie oder aber heutigen Computer Generated Images, also CGI Bildern, die so aussehen wie Fotografien. Und gerade in diesem expandierenden Feld der virtuellen Realität wird immer mehr und sehr insistiert. In dieser Wirklichkeitsnähe, in dieser Realität zu sein. Aber es ist eine vermittelte Realität und es soll auch eine fotografische Realität sein, also so nah wie möglich an dem, was wir sehen. 00:15:32:14 - 00:15:35:18 Estelle Blaschke Aber es ist immer eine Vermittlung. 00:15:35:20 - 00:15:38:24 Catherine Weyer Sind Sie überrascht über die Entwicklung der Fotografie? 00:15:39:01 - 00:16:16:06 Estelle Blaschke Ich bin überrascht über die Entwicklung in den letzten circa zehn Jahren mit der Smartphonefotografie, insbesondere also die circa 2007, 2008, zu einem Phänomen wird, also dem Einsatz von Kameras in Telefonen. Das wird auch schon vorbereitet in den Jahren davor, aber hier kulminieren einige Parameter, die ganz wichtig sind, also die Kamera im Smartphone, aber auch die Möglichkeit, dass wir diese Bilder über Breitbandinternet dann relativ einfach teilen können und eben dieses Gerät immer bei uns haben, also dass es mobil ist. 00:16:16:08 - 00:16:45:05 Estelle Blaschke Und das hat zu einer ganz anderen Form und auch Quantität der fotografischen Produktion geführt. Und diese Überproduktion, ich verwende noch mal diesen Begriff, diese Überproduktion, dann es auch erlaubt hat, dass wir Bilder auswerten können, also maschinell auswerten können. Und das ist die ganz zentrale Veränderung im Fotografieren. Also das fotografische dieser Medien relevanter denn je sind, dass diese Bilder eben auf unterschiedliche Art und Weise ausgewertet werden können. 00:16:45:05 - 00:17:00:19 Estelle Blaschke Ob das jetzt Algorithmen sind, die sie auswerten oder im Bereich der Bilderkennung. Und dass sich eben ganz neue Möglichkeiten eröffnet haben. Und das basiert auf dieser massenhaften Produktion von digitalen Bildern. 00:17:00:21 - 00:17:09:01 Catherine Weyer Wenn wir noch mal den Blick zurückwerfen zu den sozialen Medien und dieser Künstlichkeit von Realität wie kritisch sehen Sie diese Entwicklung? 00:17:09:03 - 00:17:32:20 Estelle Blaschke Also wir suchen in den sozialen Medien in erster Linie nicht Echtheit, sondern es ist ein Ort, an dem mit Bildern gespielt wird, mit Bildern experimentiert wird. Viele Bilder, die wir produzieren, werden auch nicht veröffentlicht. Wir vergessen sie wieder. Also die Selfies sich zum Beispiel zu anfangs genannt habe. Das sind nicht Bilder, die ich mir wieder ansehen werde, geschweige denn ausdrucken werde. 00:17:32:20 - 00:17:55:06 Estelle Blaschke Also es sind sehr fluide Bilder, von daher ist es in erster Linie meines Erachtens kann dieser Künstlichkeit entgegengehalten werden, dass sie eben temporär ist und es auch immer von den Nutzerinnen von Medien Gegenreaktionen gibt, die auch gerade solche Ästhetiken nennen wir es Instagram-Ästhetiken versuchen zu durchbrechen. 00:17:55:08 - 00:18:13:12 Catherine Weyer Aber an andere Entwicklungen jetzt gerade mit Influencer*innen ist ja auch das eben so eine neue Ästhetik, ein neues Körperbild, sich etabliert, das auch mit Schönheitsoperationen hantiert wird, um sich diesem Ideal anzugleichen. Und das ist ja wahrscheinlich eine breitere Masse, wie es diese Gegenbewegung, die Sie erwähnt haben. 00:18:13:14 - 00:18:49:22 Estelle Blaschke Ja, also ganz klar, es kommt noch mal auf diesen Gedanken zurück, der Verschränkung von Bildwelt und physischer Welt als das optimierte Bildästhetiken, die das Ergebnis sind, von der Auswertung besonders erfolgreicher Accounts von Influencer*innen dann als eine Blaupause gelten für das Verändern physischer Gesichter. Also Stichwort Schönheitschirurgie, also dass man möglichst diesem Bild entsprechen möchte, das eine Kamera generiert und das wir von uns posten. 00:18:49:24 - 00:19:16:03 Estelle Blaschke Und das kann man kritisch sehen, ganz klar natürlich. Hier ist auch interessant, dass eben gerade in Praxen von Schönheitschirurgen auch Filter Technologien eingesetzt werden, um ein späteres Bilder sein zukünftiges Bild an Illusionsbild sozusagen, von dem zu erwartenden Ergebnis dann schaffen, also dort gezielt eingesetzt werden. Also hier noch mal zurück eben zu dieser Frage der Echokammern und der Feedbackschlaufen. 00:19:16:03 - 00:19:38:04 Estelle Blaschke Also dass wir das gar nicht mehr so genau unterscheiden können, was jetzt die Realität ist und was die Bildwelt ist und aus einer anderen Perspektive. Also ich persönlich sehe das kritisch, aber auch nur vielleicht, weil ich nicht oder noch nicht mich einer Schönheitsoperation oder ähnlichen unterzogen habe. Aber aus anderen Perspektiven könnte das durchaus als etwas Positives betrachtet werden. 00:19:38:08 - 00:20:00:13 Estelle Blaschke Also insofern, als dass Schönheitschirurgie heute sehr viel mehr Personen zugänglich ist, als das früher der Fall war. Von daher. Ich würde das jetzt auch nicht so stark bewerten wollen, als dass es eben eine sehr subjektive Frage ist, also wie man zu diesen Themen eingestellt ist, also das ist man es nur schwer generalisieren kann. Wo es natürlich problematisch wird, 00:20:00:13 - 00:20:31:21 Estelle Blaschke das ist, wenn es jüngere Generationen betrifft, die ja diese Entscheidungen vielleicht gar nicht in ihrer ganzen Komplexität überblicken können und auch diese Mechanismen nicht überblicken können. Und das ist nicht einfach, als dass diese Eingriffe in diese Bildästhetiken eben verdeckte Operationen sind, wie wir das zu anfangs gesagt haben, und wir eben davon ausgehen, dass dieses Bild, das wir bekommen, ein realistisches Bild ist, aber sich eben oftmals sehr unterscheidet von dem Blick in den Spiegel. 00:20:31:23 - 00:20:38:10 Catherine Weyer Wenn das klar ersichtlich wäre, dann würden die Medien ja diesen spielerischen Charakter verlieren, den sie zu Beginn erwähnt hatten. 00:20:38:12 - 00:20:54:11 Estelle Blaschke Selbst ein Spiegel ist eine Form der Repräsentation, also, als dass er uns auch ein spiegelverkehrtes Bild von uns gibt. Also wenn wir sozusagen in diese Details gehen, ist ein Spiegelbild auch immer nur eine vermittelte Realität. 00:20:54:13 - 00:21:06:00 Catherine Weyer Sie haben erwähnt, wie sehr überrascht Sie waren, wie sich das Medium Fotografie in den letzten zehn Jahren entwickelt hat. Glauben Sie, dass es noch mal so einen Schub geben wird wie seit dem Siegeszug des Smartphones? 00:21:06:02 - 00:21:43:10 Estelle Blaschke Also das Smartphone ist ganz zentral verantwortlich dafür, dass sich das Fotografieren normalisiert hat. Also dass wir nicht mehr nur an besonderen Anlässen, zu besonderen Anlässen oder aber im Urlaub fotografieren, sondern dass wir das wirklich tagtäglich tun und auf unterschiedliche Art und Weise. Also ob wir jetzt Erlebnisse, Freunde fotografieren oder ob wir nur Notizen machen, Bildnotizen mit dem Telefon, also wenn Sie gerade nicht online sind und zum Beispiel ein Fahrplan abfotografieren, um zu wissen, wann Ihr Zug fährt. 00:21:43:12 - 00:22:21:16 Estelle Blaschke All das sind Formen des Fotografierens, die teilweise so selbstverständlich geworden sind, dass sie uns gar nicht mehr auffallen. Es ist eine Normalisierung des Fotografierens und auch des Films geführt hat dank auch dieser sehr leicht zugänglichen Kameradispositive und das, was ich denke sich verändern wird, ist das auch das 3D-Fotografieren bzw. -Scannen sich in Zukunft normalisieren wird. Und zwar daran arbeiten eine Vielzahl von ganz unterschiedlichen Herstellern als eine Vorbereitung auch für das, was wir das Special Computing nennen 00:22:21:18 - 00:22:56:07 Estelle Blaschke bzw. geläufiger formuliert als das Meta-Verse. Wäre es also, digitale Umgebungen, in denen wir unseren Raum reproduzieren, aber in einem räumlichen Effekt und uns in diesen digitalen Umgebungen bewegen. Und hier wird das Smartphone sehr wahrscheinlich auch eine zentrale Rolle spielen. Und das ist bereits ersichtlich, dass ab 2011 die ersten, aber ab 2021 jetzt fast seriell Scanner hinzugefügt werden in den Kamera-Dispositiven. 00:22:56:12 - 00:23:24:13 Estelle Blaschke Sie sind nicht nur Panoramakamera, haben also unterschiedliche Objektive, sondern auch sogenannte Lider-Scanner integriert sind und eine Szene durch diesen Scanner dann eben auch räumlich erfasst wird. Und das ist wichtig für die Gesichtserkennung. Und es ist wichtig, auch noch mal für die Bildoptimierung, also die Erkennung der Gegenstände in Bildern. Und diese Daten werden von den Herstellern dann genutzt. 00:23:24:15 - 00:23:43:12 Estelle Blaschke Und wir werden zu auch beiläufigen Produzenten dieser Welten werden. Also dadurch, dass wir diese Bilder machen werden diese Bilder teilen, werden durch dieses Angleichen oder dieses Verbinden von Fotografieren und Scannen. 00:23:43:14 - 00:23:52:01 Catherine Weyer Glauben Sie, dass das auch die Art der sozialen Medien verändern wird? Werden die klassischen sozialen Medien sich dadurch auch verändern müssen? 00:23:52:03 - 00:24:18:07 Estelle Blaschke Die sozialen Medien verändern sich permanent und das, was die sozialen Medien 2004 waren, mit Etablierung von Facebook, ist nicht das gleiche als 2010, 2012. Und wenn wir über soziale Medien sprechen, sprechen wir auch in der Regel nur über diese sehr etablierten Plattformen und was mit Sicherheit interessant wäre, ist es auch noch sehr viel breiter und in Details auch zu diskutieren. 00:24:18:07 - 00:24:49:24 Estelle Blaschke Also in wieweit Fortnite zum Beispiel auch eine Art von sozialen Medium ist oder auch eine Form von Meta, was ist das schon sozusagen die Infrastrukturen auch gebildet hat und sehr stark über Communities, über Bewertungen, über den Austausch funktioniert und wie soziale Medien sich verändern werden. Darüber kann nur spekuliert werden. Und das ist natürlich auch sozusagen die Kernfrage, die diese Unternehmen hauptsächlich beschäftigt. 00:24:50:00 - 00:25:39:01 Estelle Blaschke Also 2012 wird Facebook für mehrere Milliarden ein Unternehmen kaufen, das zu diesem Zeitpunkt zehn Mitarbeiter hat und eine sehr überschaubare Reichweite. Und das ist Instagram. Und diese Investition in ein bildzentriertes Social Media ist zu diesem Zeitpunkt eben ein Paradigmenwechsel. Wenn man so möchte, ist natürlich auch zu lesen mit Snapchat in der Entwicklung. Aber heute stellt sich diese Frage an TikTok, also inwieweit TikTok das auch anders programmiert ist, also nicht mehr so stark über diese Logik der Followers funktioniert, sondern als Unterhaltungsplattform, die einem Inhalte präsentiert, ohne dass sie abhängig von der eigenen Anzahl der Freunde und auch Follower ist. 00:25:39:03 - 00:26:07:16 Estelle Blaschke Also dass hier permanent neu getestet wird, was funktioniert, was nicht funktioniert, was vielleicht anders funktioniert. Das ist ein bisschen hoch dynamisches Feld. Und hier zu spekulieren wäre vielleicht etwas müssig in dem Sinne, als dass wir eben auch keinen Einblick in diese Algorithmen haben und auch uns immer bewusst sein muss, dass es sich hier um private Unternehmen handelt, die auch kein Interesse haben, diese Information zu teilen. 00:26:07:17 - 00:26:20:24 Estelle Blaschke Also insofern sind wir auch in gewisser Weise in einer sehr passiven Position gegenüber diesen Erscheinungen, die auch immer in der Entwicklung schon sehr viel weiter sind als wir sie präsentiert bekommen. 00:26:21:01 - 00:26:24:16 Catherine Weyer Worauf werden Sie Ihre Forschung in den nächsten Jahren fokussieren? 00:26:24:18 - 00:26:54:13 Estelle Blaschke Meine Forschung wird sich in den nächsten Jahren in der Tat sehr stark mit der Persistenz, also der Beständigkeit dessen, was wir das Fotografische nennen, in den digitalen Medien beschäftigen. Also wieso wir zum Beispiel bei computergenerierten Bildern eine Entwicklung erleben, die eine Wiederholung des Fotografischen ist, also dass wir Bilder generieren, die möglichst aussehen wie Fotografien. Wieso ist das so? 00:26:54:15 - 00:27:30:10 Estelle Blaschke Wieso gibt es hier nicht eine ganz neue Bildform, die sich zum Beispiel entwickelt von denen wir vielleicht noch gar nicht wissen, dass es sie gibt? Also inwieweit, wie? Ja, das nennt man in der Medienwelt Wissenschaft in ihre Mediationen, also beständige Medien in digitalen Medien nachhallen und immer, auch immer Teil dieser neuen Medien oder dieser digitalen Medien sind. Also das ist das, was mich sehr stark interessiert, das ist die Beständigkeit des Fotografischen in den digitalen Medien, in der Digitalisierung. 00:27:30:12 - 00:27:31:20 Catherine Weyer Vielen herzlichen Dank! 00:27:31:22 - 00:27:32:22 Estelle Blaschke Vielen Dank. 00:27:32:24 - 00:27:57:03 Catherine Weyer Das war Unisonar, der Wissens-Podcast der Universität Basel. Wir freuen uns über Ihr Feedback auf podcast@unibas.ch oder auf unseren Social Media Kanälen. In der letzten Folge spricht Kulturwissenschaftler Daniel Kunzelmann über politische Proteste, weshalb Bilder so stark mobilisieren und wieso es wichtig ist, seinem Smartphone nicht immer zu viel Aufmerksamkeit zu schenken. Bis bald.