00:00:00:09 - 00:00:35:13 Dirk Schaefer Wir leben heutzutage in einer Gesellschaft, wo das Äussere eine sehr, sehr grosse Rolle spielt. In dem Moment, wo Tausende von Menschen in Videokonferenzen vor dem Bildschirm gesessen sind und sich selber die ganze Zeit auf dem Monitor sehen konnten, da ist die Nachfrage extrem hochgegangen. Bei den Männern häufig Eingriffe im Bereich der Nase, nicht selten auch Eingriffe im Bereich der Lider, bei Frauen deutlich häufiger natürlich Fettabsaugungen im Bereich des Bauches und der Oberschenkel zum Beispiel. 00:00:35:15 - 00:00:44:05 Dirk Schaefer Die Schwelle ist heutzutage gesunken, sich dann zu überlegen, da was zu machen. Man kann sich das leisten. 00:00:44:07 - 00:01:17:08 Jeannine Borer Willkommen zu Unisonar, dem Wissens-Podcast der Universität Basel. Mein Name Jeannine Borer. Immer mehr Menschen versuchen bewusst, ihre körperlichen, mentalen, emotionalen und oder kognitiven Fähigkeiten zu steigern. Das heisst, sie optimieren sich selbst. Warum tut der Mensch das eigentlich? Was bringt das? Und gibt es auch Grenzen der Selbstoptimierung? In den fünf Folgen dieser Staffel schauen wir uns mit Expert*innen der Universität Basel fünf Bereiche der Selbstoptimierung an und heute dreht sich alles ums Thema Schönheitschirurgie. 00:01:17:10 - 00:01:29:23 Jeannine Borer Vis-à-vis von mir sitzt am Studiotisch Dirk Schaefer. Er ist Chefarzt plastische Rekonstruktive, ästhetische Chirurgie und Handchirurgie am Universitätsspital Basel. Herzlich willkommen. 00:01:30:00 - 00:01:33:04 Dirk Schaefer Ja, sehr gerne. Vielen Dank für die Einladung. 00:01:33:06 - 00:01:41:22 Jeannine Borer Dirk Schaefer Eine persönliche Frage zum Einstieg Haben Sie sich selber auch schon mal die Schönheit optimieren erlassen? 00:01:41:24 - 00:01:44:05 Dirk Schaefer Nein, bis heute noch nicht. 00:01:44:07 - 00:01:45:18 Jeannine Borer Warum nicht? 00:01:45:20 - 00:01:54:23 Dirk Schaefer Weil ich noch nicht das Gefühl hatte, dass es notwendig wäre. Aber ich möchte auch nicht ausschliessen. 00:01:55:00 - 00:02:04:21 Jeannine Borer Wann kann die Schönheitschirurgie als Werkzeug der Selbstoptimierung angesehen werden und wann nicht? 00:02:04:23 - 00:02:36:23 Dirk Schaefer Ich würde gern am Anfang gleich einen Begriff klären. Ich rede nicht gerne von der Schönheitschirurgie. Es ist so ein populärer Begriff, der in unserer Gesellschaft natürlich sehr weitverbreitet ist. Wir reden in unserem Fachgebiet eigentlich von der sogenannten ästhetischen Chirurgie. Und Schönheitschirurgie ist kein medizinisch geschützter Bereich. Er kann eigentlich von allen möglichen Personen, in der Regel natürlich schon Ärzten, praktiziert werden. 00:02:36:23 - 00:02:55:03 Dirk Schaefer Oder sie können sich Schönheitschirurgin/Schönheitschirurg nennen, aber es ist kein geschützter Begriff. Der einzige im Titel, der das mit in seiner Facharztbezeichnung hat, ist tatsächlich Facharzt. Den Facharzt für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie. 00:02:55:05 - 00:03:06:16 Jeannine Borer Gut, haben wir das geklärt. Das ist sehr wichtig. Trotzdem nochmals die Frage: Wann kann ästhetische Chirurgie als Selbstoptimierung angesehen werden und wann ist es eben nicht Selbstoptimierung? 00:03:06:18 - 00:03:39:24 Dirk Schaefer Ja, jetzt würde ich gerne noch mal einen weiteren Begriff einführen und das ist die sogenannte kosmetische Chirurgie. Und da unterscheiden wir auch, also ästhetische Chirurgie bedeutet von für uns, wenn wir von einem zum Beispiel durch Alterungsprozesse durch, aber auch vielleicht angeboren Fehlbildungen von einem von der Gesellschaft nicht mehr als normal angesehenen Zustand zu einem als normal empfundenen Zustand überführen. 00:03:40:04 - 00:04:28:21 Dirk Schaefer Zum Beispiel, wenn eine junge Frau eine sehr grosse Nase hat und die einfach optisch stört. Mit der sie dann vielleicht auch gehänselt wird. Dass wir durch eine ästhetische Operation eine Nasenplastik die Nase in einen Zustand bringen, wo die meisten Leute sagen würden Ja, das ist normal. So im Schnitt zwei Standardabweichung. Kosmetische Chirurgie bezeichnen wir, wenn man aus diesen normalen Verteilungsbereich in den normalen hineingeht und da glaube ich, da würde ich sagen, kann man dann schon von wirklich Selbstoptimierung sprechen, wenn man aus einem in einem breiten gesellschaftlichen Konsens akzeptierten Zustand in den übernormalen gehen möchte. 00:04:28:23 - 00:04:43:06 Jeannine Borer Sie haben das sehr bildlich erklärt. Mit der Frau und der grossen Nase haben Sie auch noch ein Beispiel für diese kosmetische, für diesen kosmetischen Eingriff, wo es eben übernatürlich wird, wie Sie sagen? 00:04:43:12 - 00:04:59:08 Dirk Schaefer Ja, also das wir zum Beispiel jetzt klassischerweise auch viele Menschen natürlich kennen, dass wir die die Brustvergrösserung, wenn man dort von einer normalen Grösse hin in Dimensionen geht, die die übernormal wären, als ganz praktisches Beispiel. 00:04:59:10 - 00:05:06:14 Jeannine Borer Was sind zurzeit die gängigsten Eingriffe, die Sie in der kosmetischen Chirurgie machen? 00:05:06:16 - 00:05:43:19 Dirk Schaefer Da fragen Sie eigentlich den falschen.Wir führen bei uns hier am Unispital eigentlich keine kosmetischen Eingriffe durch. Wir arbeiten im Bereich der ästhetischen Chirurgie, also vom veränderten Zustand in den normalen zu gehen. Natürlich weiss ich jetzt auch, wie gegenwärtig als Präsident der Schweizer Gesellschaft für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie, dass meine niedergelassenen Kollegen im Bereich der kosmetischen Chirurgie da geht es natürlich zum Beispiel um relativ starke Gesichtsstrafungsoperationen, sogenannten Facelift. 00:05:43:19 - 00:06:21:23 Dirk Schaefer Das sind Brustvergrösserungsoperationen, das sind Gesässvergrösserungsoperationen, das sind Fettabsaugung in und solche Eingriffe, die würde ich als kosmetisch bezeichnen. Hingegen jetzt zum Beispiel eine Bruststraffungsoperation, wenn man drei Kinder gestillt hat, die ja von den Krankenkassen nicht übernommen werden, wenn eine Patientin dort den Wunsch hat, wieder in einen Vorzustand oder in einem normalen Zustand zu kommen. Das würde, das würde ich als ästhetische Chirurgie bezeichnen. 00:06:21:23 - 00:06:29:02 Jeannine Borer Da gibt es Unterschiede zwischen Männer und Frauen, was die sich wünschen im Bereich der Kosmetik? 00:06:29:04 - 00:06:56:23 Dirk Schaefer Ja, die gibt es natürlich. Also bei Frauen sind es häufig schon Eingriffe, natürlich im Bereich der Brust, bei den Männern wäre es analog, wenn man die sogenannte Männerbrust hat, dass man dort eher eine abgeflachte Brust sich wünscht. Dann bei den Männern häufiger auch Eingriffe im Bereich der Nase, nicht selten auch Eingriffe im Bereich der Nieder und ist auch häufiger eher einen müden Eindruck nach aussen hin vermittelt. 00:06:57:00 - 00:07:09:17 Dirk Schaefer Bei Frauen deutlich häufiger natürlich Fettabsaugungen auch. Und im Bereich des Bauches und der Oberschenkel zum Beispiel der Schaefer. 00:07:09:17 - 00:07:35:22 Jeannine Borer In der Vorbereitung zu diesem Gespräch habe ich in meinem Umfeld ein wenig gefragt, was sie formen. Ich sage es jetzt trotzdem plakativ Schönheitsoperationen halten und da machen die meisten einen Unterschied zwischen der kosmetischen, der Überoptimierung und dem vom, ich sage es jetzt auch sehr plakativ von einem Defizit auf den Normalzustand zu kommen, dass wir diesen Unterschied machen in der Gesellschaft. 00:07:35:22 - 00:07:40:07 Jeannine Borer Ist das fair? Ist das auch korrekt, dies zu tun? 00:07:40:09 - 00:08:14:07 Dirk Schaefer Ich finde ja. Wir leben heutzutage in einer Gesellschaft, wo das Äussere eine sehr, sehr grosse Rolle spielt. Wir leben in den Zeiten von Social Media. Wir leben in Zeiten von Bildern, die verschickt werden, die auch kommuniziert werden. Wir leben auch in Zeiten, wo das sehr stark wahrgenommen wird, und auch vor allen Dingen sehr schnell kommentiert wird. Betroffene Personen sagen doch sehr häufig, dass man ihnen sagt: Oh, du siehst müde aus, oder? 00:08:14:09 - 00:08:34:05 Dirk Schaefer Es geht häufig schon bei den Kindern in der Schule los bei abstehenden Ohren, bei wie eben schon gesagt, in grossen Nasen. Also unsere Gesellschaft geht da auch nicht sehr rücksichtsvoll mit solchen, wie Sie es so schön beschrieben haben, Defiziten im äusseren Körper vor. 00:08:34:05 - 00:08:36:21 Jeannine Borer Was eigentlich nur eine Abweichung der Norm ist. 00:08:36:22 - 00:09:06:01 Dirk Schaefer Was genau? Norm ist natürlich schwierig zu definieren, aber ich glaube, es gibt schon so einen Konsens, wo die, wo viele Leute sagen würden, ja, das ist eigentlich normal und dann fallen natürlich Personen, die dort herausfallen, besonders auf. Und da halten viele Menschen nicht zurück, die betroffenen Personen darauf aufmerksam zu machen. Und deswegen, um auf die Frage zurückzukommen, finde ich es fair, wenn man dann nach einer Lösung sucht, um einfach diesen Kritiken auch zu entkommen. 00:09:06:03 - 00:09:22:08 Dirk Schaefer Das ist das eine. Das andere ist natürlich, wenn Sie heute im Medienbereich tätig sind, wenn Sie viel öffentliche Aufträge haben, wenn Sie viele Vorträge halten, dann dann spielt das Aussehen auch eine Rolle. Wir wissen ja zum Beispiel auch, dass schöne Menschen erfolgreicher sind. 00:09:22:09 - 00:09:23:19 Jeannine Borer Dieser Halo-Effekt. 00:09:23:19 - 00:09:37:23 Dirk Schaefer Ja, wir wissen auch, dass schöne Menschen länger leben. Also es hat schon auch soziologische Konsequenzen und Aspekte und von daher glaube ich, ist es sehr gut nachvollziehbar, dass eine entsprechende Nachfrage da ist. 00:09:38:00 - 00:09:51:24 Jeannine Borer Also wenn ich Sie richtig verstehe, dann sagen Sie, diese Menschen, die Eingriffe machen, um einfach diesem Konsens zu entsprechen, das können sie sehr gut verstehen. Und was darüber hinausgeht, da haben Sie selbst auch Fragezeichen. 00:09:52:01 - 00:10:23:16 Dirk Schaefer Ich kann es sehr gut verstehen. Ich möchte es aber auch nachvollziehen, wenn jemand zu mir in die Sprechstunde kommt mit einem bestimmten Wunsch und sagt: Das und das gefällt mir nicht. Kann man da was machen? Dann versuche ich dieses Problem zu erfassen und bin, wenn ich feststelle und merke ja, da ist ein Leidensdruck. Es ist auch ein nachvollziehbares Problem, das man wirklich auch objektivieren kann, dann habe ich da auf jeden Fall Verständnis. 00:10:23:16 - 00:10:54:24 Dirk Schaefer Dann versuche ich und auch wir versuchen dann hier sehr vernünftig auf Möglichkeiten, aber auch ihre Risiken, den Aufwand hinzuweisen, Erfolgsaussichten und auch sozusagen eine Prognose-Aussagen dann zu kommunizieren, damit sich die betroffene Person aufgrund dieser Informationen selber und gut abgewogen entscheiden kann, ob sie das machen möchte oder nicht. 00:10:55:01 - 00:11:04:21 Jeannine Borer Klären Sie hauptsächlich auf und überlassen den Entscheid der Patientin, dem Patient. Oder lehnen Sie auch ab und sagen Nein, das mache ich nicht. 00:11:04:23 - 00:11:45:22 Dirk Schaefer Also beides. Wir informieren und klären auf. Wir haben ja auch zu einem zweiten Termin. Das muss man muss unbedingt da auch weiter drüber nachdenken und helfen, unterstützen bei einer Entscheidungsfindung, geben aber keine Entscheidung vor. Es gibt allerdings, wie Sie gesagt haben, auch Fälle, bei denen ich einen Eingriff ablehne. Und das ist meistens dann, wenn das Problem nicht mehr nachvollziehbar ist oder wenn wir von, wie wir eben das beschrieben haben, vom normalen in den übernormalen Zustand hingehen wollen. 00:11:45:22 - 00:12:16:13 Dirk Schaefer Wenn ein wenn Wünsche da sind, wie zu späteren schweren Gesundheitsfolgen führen können. Hier zum Beispiel ein Beispiel mit dem Wunsch, Modebegriff war hier das Brasilien Buttlift, wo man dann Fetttransplantationen macht vom Oberschenkel ins Gesäss, nur um einen unteren Brot zu haben, von dem wir heute wissen, dass es ein sehr gefährlicher Eingriff sein kann, wo es auch zu zu Todesfällen bereits gekommen ist. 00:12:16:15 - 00:12:27:02 Dirk Schaefer Solche Wünsche lehnen wir ab. In dem Fall aus medizinischen Gründen. Es kann aber auch manchmal psychologische sein. Das ist einfach irreale Erwartungen sind. 00:12:27:06 - 00:12:41:12 Jeannine Borer Sie sprechen Brasilien an, dort gehört es schon fast zum guten Ton, Eingriffe vorzunehmen. Die Schweiz ist doch viel, viel konservativer und zurückhaltend. Da gibt es offenbar kulturelle Unterschiede. Können Sie etwas dazu sagen? 00:12:41:14 - 00:13:19:02 Dirk Schaefer Die kulturellen Unterschiede sind sehr gross. Also nicht nur Brasilien ist überhaupt in Südamerika. Wenn sie in Kolumbien ist, glaube ich, ist das Mekka für die, für die so genannte jetzt in dem Fall wirklich Schönheitschirurgie. Dort spielt das Äussere eine extreme Rolle. Dort werden ja auch viel so Miss World oder Universum Veranstaltungen durchgeführt und da gehört. Da ist es aber natürlich, das ist wie ein Beruf, das ist es, das schafft die die existenzielle Grundlage, dass man dort über ein optimiertes Aussehen nachher dann auch wirtschaftlich Erfolg haben kann. 00:13:19:02 - 00:13:25:16 Dirk Schaefer Wenn man in solchen Wettbewerben dann Erfolg hat. 00:13:25:18 - 00:13:41:11 Jeannine Borer Im Bereich der kosmetischen Chirurgie: Sie haben es gesagt, Frauen lassen sich oft die Brüste vergrössern, Männer die Brüste wegnehmen. Das ist ja auch, weil man sich einem Schönheitsideal anpassen möchte. Wer bestimmt eigentlich, was schön ist? 00:13:41:13 - 00:14:22:04 Dirk Schaefer Das ist eine sehr gute Frage. Glaube mittlerweile, weil wir halt in dieser Zeit, in den Zeiten von Social Media leben, wo sehr viele Bilder verschickt werden. Sehr viele Bilder, die optimiert sind, die künstlich bearbeitet sind, die einfach ein besonderes, eine Schönheit suggerieren, die vielleicht gar nicht vorhanden ist. Das schafft natürlich Begehren, das schafft Nachmacher, die diesen Idealen nachstreben wollen. 00:14:22:05 - 00:14:46:02 Dirk Schaefer Und das sind aber künstliche Ideale. Und das ist wiederum wiederum ein Phänomen unserer Zeit, was insbesondere jetzt auch noch während der Comic Pandemie zugenommen hat. In dem Moment, wo Tausende von Menschen in Videokonferenzen vor dem Bildschirm gesessen sind und sich selber die ganze Zeit auf dem Monitor sehen konnten. 00:14:46:04 - 00:14:48:15 Jeannine Borer Noch mit schlechtem Licht und schlechter Kamera. 00:14:48:17 - 00:14:56:03 Dirk Schaefer Und genauso ungeschönt. Da ist also die Nachfrage extrem hochgegangen. Ja, das darf man sagen. 00:14:56:05 - 00:15:02:04 Jeannine Borer Social Media ist eher ein neues Phänomen. Schönheitsideale gibt es aber schon länger. Wer macht denn diese Schönheitsideale? 00:15:02:07 - 00:15:28:10 Dirk Schaefer Ja, das ist eine sehr spannende Frage. Da gibt es ja auch gute Literatur dazu. Umberto Eco, um den nur zu nennen ein berühmtes Buch über die Die Schönheit. Das sind Glaube, das bestimmt die Gesellschaft an sich. Da gibt es verschiedene Schönheitsideale. Früher eher die, die leichter auf die Frau jetzt bezogen, der opulente Körper, dann im letzten Jahrhundert eher die schmalen Typen. 00:15:28:11 - 00:15:38:11 Dirk Schaefer Das ändert sich immer wieder. Mir scheint es aber auch, dass die die Änderungen zurzeit immer schnelllebiger werden. 00:15:38:13 - 00:16:06:09 Jeannine Borer Diese Eingriffe haben viel mit dem Rollenbild oder dem Schönheitsideal zu tun, wie eine Frau oder wie ein Mann zu sein haben muss, dass sie da wie das Rollenbild noch verstärken, dem sie eine Frau, eine Brustvergrösserung ermöglichen, beispielsweise. Wie gehen Sie da mit mit dem um, denn diesen Halo Effekt unterstützen Sie da ja das schöne Menschen erfolgreicher sein können. 00:16:06:11 - 00:16:40:23 Dirk Schaefer Ich? Ja, also wir versuchen sehr vernünftig aufzuklären. Wenn heutzutage ein eine noch nicht mal 20-jährige junge Frau zu mir kommt und sagt, sie hätte gern die Brust vergrössert, dann informiere ich sie erst mal, was das für den Rest ihres hoffentlich noch 70 oder 80 Jahre dauernden Lebens bedeuten würde. Dass sie sich nämlich noch vielen weiteren Eingriffen aufgrund der ersten Brustvergrösserung unterziehen werden muss, weil die Implantate mit der Zeit ausgetauscht werden müssen. 00:16:40:23 - 00:17:16:01 Dirk Schaefer Weil es zu körperlichen Veränderungen kommt, die dann Korrekturmassnahmen erfordern. Und bin dann immer wieder erstaunt, wie wenig ist die den jungen Menschen bewusst ist. Es wird hier. Der Wunsch entsteht natürlich sehr schnell. Sie leben in ihrer Peergroup, Sie ziehen die Vergleiche zu ihren Freundinnen. Sie haben vielleicht auch Erfahrungen mit Partnern, wünschen sich dort eine Optimierung des Aussehens, weil sie sich vielleicht dort mehr Erfolg auch erwarten. 00:17:16:03 - 00:17:44:17 Dirk Schaefer Aber es ist ihnen nicht bewusst, welche Konsequenzen das wirklich haben kann, auch wenn es dann zu Komplikationen von dem Eingriff kommt. Ich versuch dort immer relativ klar zu informieren, auch da, damit die Entscheidung nachher dann wirklich gut überlegt und abgewogen erfolgt. Aber wir erleben natürlich auch Dinge, wo junge Frauen manchmal in der Gruppe oder mit einer Freundin zusammen sich in den Zug setzen. 00:17:44:17 - 00:18:18:11 Dirk Schaefer Auf dem Weg in das europäische Ausland macht und dort sehr schnell sich einem solchen Eingriff unterziehen, wo diese Informationen und Aufklärung nicht erfolgen und am nächsten Tag sich wieder in den Zug setzen und wir wieder nach Hause kommen und dann auf einmal, wenn die Komplikationen da sind, sich niemand um sie kümmert und und dann dürfen wir die die Komplikationen beheben und das ist schon, das erleben wir leider nicht selten, insbesondere, dass dort praktisch kaum überlegt wird. 00:18:18:15 - 00:18:36:13 Dirk Schaefer Ja, es hat ja auch wieder in der Öffentlichkeit, es wird schnell kommuniziert, man denkt ja, das mache ich jetzt mal, das gönne ich mir jetzt, das möchte ich mal machen. Aber es ist einfach eine Entscheidung auf Dauer. Es ist keine Entscheidung jetzt, nur für den Moment. Sie hat einfach Konsequenzen. 00:18:36:15 - 00:18:48:04 Jeannine Borer Diese Aufklärung, auf die Sie immer wieder hinweisen, ist das die Antwort auf meine Frage, die ich stelle Ist es die Aufgabe der Universitätsklinik, Plastische, kosmetische Chirurgie anzubieten? 00:18:48:06 - 00:19:22:18 Dirk Schaefer Die Frage haben wir uns gestellt. Also vielen Dank, dass Sie mich das jetzt fragen. Wir haben uns sehr gut überlegt: Sollen wir in diesen Bereich reingehen? Ja, Oder nein? Und wir haben uns nach viel Abwägung insbesondere nach den Erfahrungen, die ich eben geschildert habe, mit diesen Komplikationen, mit Eingriffen im Ausland, aber auch in der Schweiz selber, mit Diskussionen mit Patienten stellen, aber diese Patienten und Patientinnen häufig alleine gelassen werden mit ihren Problemen. 00:19:22:18 - 00:19:57:11 Dirk Schaefer Es kümmert sich da niemand darum, haben wir doch irgendwo auch eine gesellschaftliche Verantwortung gesehen, dass wir hier vernünftig informieren und ausführlich aufklären. Und das war dann auch der Grund und die Entscheidung, dass wir gesagt haben: Ja, hier wollen wir gezielt reingehen. Ich bilde ja auch aus in diesem Teilbereich unseres Fachgebietes. Und es ist schon jetzt natürlich so, dass circa 80 % der der Titelträgerinnen und Träger heute in der Privatpraxis arbeiten. 00:19:57:13 - 00:20:37:06 Dirk Schaefer Nur 1/5 arbeitet im öffentlichen Bereich und beschäftigt sich überwiegend mit rekonstruktiven Eingriffen. Und die Kolleginnen und Kollegen in eigener Praxis sind natürlich auf ästhetische Operationen angewiesen, machen das auch, muss man wirklich sagen, in der Regel wirklich gut aufgrund einer guten Ausbildung und auf guten Berufsethik. Vor allen Dingen diejenigen, die auch in unserer Fachgesellschaft organisiert sind. Aber es sind natürlich Unternehmer und informieren hier vielleicht nicht immer ganz objektiv, wenn ich das so formulieren darf. 00:20:37:08 - 00:20:54:04 Dirk Schaefer Und auch da wollen wir einfach eine Instanz anbieten, wo man sich vielleicht eine Zweitmeinung holen kann, wo man noch weitere Informationen bekommen kann, um sie dann nachher wieder den betreuenden Ärztinnen und Ärzten dann zu stellen. 00:20:54:06 - 00:21:18:22 Jeannine Borer Ich suche aktiv nach einem anderen Beispiel als Brustvergrösserung bei der Frau, muss aber nochmals darauf zurückkommen. Möchte aber auch sagen, dass das ja nicht das einzige ist und dass noch ganz viele Operationen durchgeführt werden. Eine Privatpraxis in der Schweiz wirbt damit, dass wenn zwei Freundinnen kommen, jede 10'000 Franken Reduktion bekommen auf ihre Brustvergrösserung. Was halten Sie davon? 00:21:18:24 - 00:21:31:09 Dirk Schaefer Als Präsident der Fachgesellschaften habe ich den betroffenen Kollegen einen geschrieben, dass das nicht mit unserem, dem Ethos unserer Fachgesellschaften zu vereinbaren sei. 00:21:31:14 - 00:21:32:10 Jeannine Borer Wie hat der reagiert? 00:21:32:16 - 00:21:36:15 Dirk Schaefer Ich habe ein Schreiben von seinem Rechtsanwalt bekommen. 00:21:36:17 - 00:21:58:07 Jeannine Borer Sie haben eingangs gesagt, einige Menschen oder viele Menschen sogar, die sie behandeln. Da geht es ums Altern und einfach ums älter werden. Können Sie noch ganz konkret Eingriffe nennen, wo es um das Aufhalten des Alters geht? Oder einfach die Auswirkung des Alterns minimieren? 00:21:58:09 - 00:22:31:00 Dirk Schaefer Ja, also das betrifft überwiegend das Gesicht. Ganz vorne sind hier Eingriffe im Bereich der Augenlider bei sogenannten Erschlaffung der, der oder Oberlider. Wenn sich die die Haut falten so langsam vor die Pupille legt, vielleicht sogar auch schon zu Gesichtsfeld Einschränkungen führt das allgemeine Absinken der Gesichts Weichteile, das Absinken der Brauen, die Ausbildung von Falten. Aber auch das ist eine Volumenminderung im Bereich des Gesichtes, eine Verdünnung der Haut. 00:22:31:02 - 00:23:00:04 Dirk Schaefer Das sind so die drei Komponenten, die dort eine Rolle spielen. Und da entsteht natürlich häufig der Wunsch, ob man gerade die Faltenbildung korrigieren kann, ob man die abgesunken, in Augenbrauen wieder reduzieren und die Augenbrauen anheben und die Oberlider reduzieren kann, weil das Gesicht halt wiederum so eine wichtige Rolle spielt. Weil wir uns auch ständig sehen. Also mindestens jeden Morgen, in der Regel im Spiegel. 00:23:00:06 - 00:23:29:07 Dirk Schaefer Und was dann häufig kommt, ist natürlich, dass man schon dann irgendwie der Tag nicht gut anfängt, wenn man dann jemand im Gesicht, im Spiegel sieht. Man muss sagen, der sieht doch eher alt aus, älter aus. Da hat sich wieder was verändert. Und natürlich ist die Schwelle ist heutzutage gesunken, sich dann zu überlegen, da was zu machen. Also man man muss auch das berühmte Empowerment, man fühlt sich dazu in der Lage, das jetzt zu machen. 00:23:29:07 - 00:23:43:14 Dirk Schaefer Man kann sich das leisten, man möchte sich was gönnen. Das führt dann häufig zu diesen Entscheidungen. Es kann auch mal neben dem Gesicht interessanterweise zum Beispiel auch mal die die Hand betreffen. Das sind alles Körperteile, die halt sehr sind. 00:23:43:15 - 00:23:45:07 Jeannine Borer Sie sind auch Handchirurg. 00:23:45:09 - 00:24:04:01 Dirk Schaefer Genau. Natürlich sage ich mal Erschlaffung im Bereich des von der Haut, im Bereich des Rumpfes oder im Bereich der Beine. Das ist seltener. Überwiegend sind wirklich die sichtbaren Teile. Weil man sie aber auch nur starken Selbstkritik unterzieht. 00:24:04:03 - 00:24:15:04 Jeannine Borer Inwiefern ist es auch Aufgabe von Ärztinnen und Ärzten wie Ihnen, den Menschen zu sagen Altern gehört zu unserem Leben dazu? 00:24:15:06 - 00:25:06:12 Dirk Schaefer Ja, das ist vollkommen richtig. Altern ist ja auch ein schöner Prozess, weil mit dem Alter steigt in der Regel ja auch die Erfahrung, auch das Wissen. Man hat schon, man hat ja viele schöne Erlebnisse auch gehabt und in der Tat Versuche, so versuchen wir das auch zu vermitteln, irgendwo eine Akzeptanz mit dem insbesondere wenn es um mögliche Korrekturen geht, dass man dort wirklich nichts Übertriebenes machen, das man das wir die Uhr vielleicht 10 Jahre oder 15 Jahre zurückdrehen und sagen, wenn heute jemand kommt mit mit Mitte 60 oder Ende 60, sagt ja, wir drehen die Uhr so zurück und sie werden wahrscheinlich danach so aussehen wie mit Mitte 40, aber dann 00:25:06:12 - 00:25:29:04 Dirk Schaefer läuft die Uhr auch wieder weiter. Und dann sagen wir auch recht häufig, haben sie es doch so gut man muss. Es kann das auch das Alter auch akzeptieren. Es hat auch Vorteile. Natürlich, irgendwann kommen auch Dinge. Das betrifft aber uns dann nicht mehr so sehr. Wenn dann Gelenke ersetzt werden müssen oder so, die es dann etwas mühsamer und schwerer. 00:25:29:04 - 00:25:30:24 Jeannine Borer Ist auch ein anderes Thema. 00:25:31:01 - 00:25:32:17 Dirk Schaefer Ja. 00:25:32:19 - 00:25:55:12 Jeannine Borer Dirk Schaefer Ästhetische Chirurgie, kosmetische Chirurgie, rekonstruktive Chirurgie. Was haben Sie das Gefühl, Wo geht da die Reise hin? Wie entwickelt sich die Gesellschaft, das Verhältnis der Gesellschaft zu solchen Eingriffen? Gibt es eine Tendenz. 00:25:55:14 - 00:26:40:22 Dirk Schaefer Also. Ich sage mal, ein natürlicher Skeptizismus gegenüber ästhetischen Eingriffen finde ich sehr gut. Noch mal gut überlegen, gut abwägen. Wenn man sich dann entschieden hat, einfach in gute Hände begeben. Auch, dass man auch weiter behandelt wird und kontinuierlich behandelt wird. Ich glaube schon, dass das zunehmen wird. Einfach auch deswegen, weil unsere Gesellschaft immer älter wird und weil auch im hohen Alter sehr hohe Ansprüche an die Lebensqualität bestehen, unter Umständen vielleicht auch in einem hohen Alter noch im Wechsel der Partnerschaft ansteht, weil man einen Partner verloren hat, eine Partnerin und auch hier noch mal etwas für sich tun möchte. 00:26:40:24 - 00:27:18:21 Dirk Schaefer Das ist ein Phänomen. Persönlich würde ich mir allerdings auch sehr wünschen, wenn man unser Fachgebiet nicht nur mit der ästhetischen Chirurgie identifizieren würde, sondern auch den den rekonstruktiven Bereich und die Verantwortung, die wir dort übernehmen. Heute in der Behandlung von Tumorpatient*innen, Unfallpatient*innen, Fehlbildungen bei bei Kleinkindern. Wenn man das auch mal wahrnehmen würde und uns nicht immer nur abstrahiert und sagt, es ist sind und die komme ich jetzt, benutze ich den Begriff doch die Schönheitschirurgen. 00:27:20:02 - 00:27:24:22 Jeannine Borer Dirk Schaefer Wir sind am Ende dieses Gesprächs. Ich danke Ihnen ganz herzlich, waren Sie hier. 00:27:24:24 - 00:27:26:23 Dirk Schaefer Ja, vielen Dank. 00:27:27:00 - 00:27:54:17 Jeannine Borer Das war Unisonar, der Wissens-Podcast der Universität Basel mit meinem Gast Dirk Schaefer und wir freuen uns über Rückfragen, Kommentare und Reaktionen dieser Podcast-Ausgabe. Schreib uns unter podcast@unibas.ch und vergiss nicht, diesen Kanal in deiner Podcast App zu abonnieren. Damit erhältst du automatisch auch die nächste Folge dieser Staffel zum Thema Selbstoptimierung. Produktion dieser Staffel Christian Heuss und mein Name Jeannine Borer. 00:27:54:21 - 00:27:55:08 Jeannine Borer Bis bald.