00:00:00:10 - 00:00:26:16 Isabel Wagner Wenn man jetzt einen Babymonitor hat, mit dem man das eigene Kind überwachen kann. Dann ist diese Videostream vom eigenen Kind, der ist dann potenziell in den Händen von dem Anbieter dieses Geräts. Jeder Mensch, der Geld auszugeben hat oder der bei der nächsten Wahl eine Stimme hat, der ist auch für international tätige Grosskonzerne interessant. 00:00:26:18 - 00:00:40:05 Isabel Wagner Solche Gesetzgebungsvorhaben können durchaus dem echten Leben, den technischen Gegebenheiten der Jetztzeit, um zehn Jahre hinterherhinken. 00:00:40:07 - 00:01:06:15 Catherine Weyer Hallo und herzlich Willkommen bei Unisonar, dem Wissens-Podcast der Universität Basel. Heute mit der Cybersecurity-Professorin Isabel Wagner und der Frage, was mit unseren Daten in den sozialen Medien passiert. Mein Name ist Catherine Weyer. Bei Unisonar tauchen wir mit Expert*innen der Universität Basel auf den Grund ihrer wissenschaftlichen Forschung. In dieser Staffel sprechen wir über Social Media. Frau Wagner, haben Sie einen Social Media Account? 00:01:06:17 - 00:01:10:23 Isabel Wagner Ich habe einen bei LinkedIn, den ich für berufliche Zwecke verwende. 00:01:11:00 - 00:01:12:07 Catherine Weyer Und sonst privat? 00:01:12:09 - 00:01:13:01 Isabel Wagner Keinen. 00:01:13:03 - 00:01:14:05 Catherine Weyer Wieso denn nicht? 00:01:14:07 - 00:01:21:07 Isabel Wagner Weil mir die Datenschutzgebahren der Konzerne, die diese Plattformen anbieten, nicht zusagen. 00:01:21:09 - 00:01:24:20 Catherine Weyer Würden Sie mir raten, dass ich meine Social Media Accounts löschen sollte? 00:01:24:22 - 00:01:48:00 Isabel Wagner Jemandem ohne Kontext zu raten, Social Media Accounts zu löschen, soweit würde ich wahrscheinlich nicht gehen, aber es wäre zumindest gut, einfach darüber nachzudenken, was diese Accounts für einen persönlich bewirken, zu was sie gut sind. Und auf der anderen Seite, was man damit vielleicht preisgibt oder aufgibt. Oder welche Nachteile man längerfristig in Kauf nehmen muss. 00:01:48:02 - 00:01:55:03 Catherine Weyer Wenn ich jetzt so darüber nachdenke, würde ich sagen, ich bin eigentlich ziemlich uninteressant für so ein global tätiges Unternehmen. Würden Sie mir da widersprechen? 00:01:55:06 - 00:02:22:12 Isabel Wagner Da würde ich sagen, das ist nicht richtig. Denn jeder Mensch, der vielleicht Geld auszugeben hat oder der bei der nächsten Wahl eine Stimme hat, der ist auch für international tätige Grosskonzerne interessant. Sei es, um Werbung für Produkte zu erhalten, die er dann hoffentlich auch kauft, oder sei es um Werbung zu sehen für diverse politische Lager, die dann die Stimme bei der nächsten Wahl beeinflussen können. 00:02:22:14 - 00:02:32:06 Catherine Weyer Wenn man sich für einen Konzern wie Facebook anschaut: Es sind ja wahnsinnig viele Daten. Ist das überhaupt realistisch, dass das alles ausgewertet wird, was ich da den lieben langen Tag macht? 00:02:32:08 - 00:02:53:12 Isabel Wagner Ja, und das hat man in der Vergangenheit ja schon des Öfteren gesehen, mit all den negativen Schlagzeilen, die es über Facebook über die Jahre so gab. Was Facebook im Prinzip macht, ist, dass es aus den Nutzerdaten Profile erstellt. Das muss gar nicht definitiv aktuelle Informationen sein, die in den Profilen ist, sondern es reicht, wenn es wahrscheinlichkeitsbehaftete Informationen sind. 00:02:53:12 - 00:03:25:24 Isabel Wagner Also diese Person ist jetzt mit 60 % an Tiernahrung interessiert. Reicht schon, um dann vielleicht diese Person für Verkäufer von Tiernahrung interessant zu machen und diese Profile die Facebook hat, sind auch nicht klein. Also jeder Nutzer kann hunderte von verschiedenen Attributen besitzen und diese Attribute stellt Facebook dann den Werbetreibenden zur Verfügung, die basierend auf diesen Attributen dann ihre Werbung an bestimmte Zielgruppen ausstrahlen können. 00:03:26:01 - 00:03:33:08 Catherine Weyer Also in erster Linie werde ich im Internet ausgeforscht, damit man mir Werbung zuspielen kann und ich konsumiere. 00:03:33:10 - 00:03:37:12 Isabel Wagner Genau das ist das Geschäftsmodell der Sozialen Medien. 00:03:37:14 - 00:03:48:10 Catherine Weyer Und wie kann es sein, dass diese Plattform trotz all dem Wissen, das wir mittlerweile haben, was mit unseren Daten passiert? Weshalb funktionieren diese Geschäftsmodelle immer noch so gut? 00:03:48:12 - 00:04:14:11 Isabel Wagner Einer der Gründe ist natürlich, dass dieses vordergründige Modell von Facebook Nutzer zu verbinden und Kontakt zu schaffen oder bestehen zu lassen. Das ist für Menschen unglaublich attraktiv, insbesondere in einer Zeit, wo viele vielleicht häufiger mal umziehen oder vielleicht sogar ins Ausland ziehen. Es ist sehr attraktiv, mit alten Bekannten in Kontakt zu bleiben und auch mit Verwandten. 00:04:14:13 - 00:04:42:06 Isabel Wagner Ein anderer Aspekt ist natürlich: Warum gehen die Nutzer alle zu Facebook und nicht woanders hin? Und da gibt es eben solche Netzwerkeffekte, die sagen, dass die Plattform mit der grössten Nutzerzahl am attraktivsten ist und deswegen neue Nutzer zu dieser Plattform gehen, weil sie dort die meisten ihrer Bekannten wiederfinden werden. Und das erschwert natürlich den Marktzugang für neue Plattformen, weil dort anfangs nur wenige Menschen zu finden sein werden. 00:04:42:07 - 00:04:48:05 Isabel Wagner Und deswegen werden neue Nutzer mehrheitlich die altbekannte grosse Plattform vorziehen. 00:04:48:07 - 00:05:06:04 Catherine Weyer Wir haben jetzt viel über Facebook gesprochen. Es gibt ja auch noch andere Plattformen wie zum Beispiel Twitter, oder Sie haben LinkedIn vorhin erwähnt. Funktionieren diese Plattformen alle nach dem gleichen Schema oder sagen Sie, es gibt Plattformen, da ist die Privatsphäre nicht ganz so, wird die nicht ganz so mit Füssen getreten. 00:05:06:06 - 00:05:38:05 Isabel Wagner Twitter im Prinzip verdient sein Geld auch mit Werbung. Also würde ich annehmen, dass es im Prinzip ähnlich funktioniert. Aber im Endeffekt kommt es natürlich auch ein bisschen darauf an, wie man als Einzelne eine Plattform benutzt. Wenn ich zum Beispiel sage, ich habe ein LinkedIn Account für berufliche Zwecke und all meine Interaktionen mit LinkedIn finden zum Beispiel aus dem Netz heraus statt und betreffen berufliche Dinge, neue Stellen, die ich anbieten kann, oder neue Veröffentlichungen, solche Sachen. 00:05:38:07 - 00:06:00:13 Isabel Wagner Dann hat LinkedIn weniger Gelegenheit, andere Details aus meinem Leben zu erfahren, hat weniger Gelegenheit, ein umfassendes Profil zu bilden, verfügt also über weniger Daten über mich als Person, während, wenn ich auf Twitter all meine privaten Meinungen und Interessen kundtue, dann erfährt Twitter wesentlich mehr. 00:06:00:15 - 00:06:12:08 Catherine Weyer Und wie funktioniert dieser Mechanismus? Sie haben gesagt, da werden die Informationen gesammelt und dann legt man ein Profil von mir an, aber es ist ja dann nicht Facebook oder Twitter selbst, die dann die Werbung schalten. Was passiert denn mit diesen Profilen? 00:06:12:10 - 00:06:42:12 Isabel Wagner Facebook ist ein bisschen ein Spezialfall, weil im Endeffekt was passiert ist, dass Facebook Profile baut von den Nutzern. Und dann hat Facebook auch eine Webseite, die sich richtet an die Werbeindustrie. Das heisst, dort kann man als Unternehmen hingehen, das gerne Werbung schalten möchte. Und dann kann man sagen, ich würde jetzt hier gerne mal eine Werbung platzieren, sichtbar für Nutzer im Grossraum Basel zwischen 25 und 35, die sich interessieren für Tiernahrung. 00:06:42:14 - 00:07:14:15 Isabel Wagner Und dann geht Facebook hin und guckt welche von den Millionen und Millionen von Benutzern haben diese Attribute. Und einigen von diesen Nutzern zeigt Facebook dann die Werbung, die dieses Unternehmen schalten möchte. Was natürlich zusätzlich im Hintergrund passieren kann, ist, dass Facebook mit Datenhändlern im Geschäft ist. Das heisst, das geht in beide Richtungen. Es kann sein, dass Facebook Daten von Datenhändlern kauft, um damit die eigenen Profile besser zu machen, zusätzliche Attribute hinzuzufügen zum Beispiel. 00:07:14:17 - 00:07:48:22 Isabel Wagner Und im Gegenzug kann es auch sein, dass Facebook Profile oder Teile von Profilen an Datenhändler verkauft, wo dann der Datenhändler das Nutzerprofil, das der Datenhändler schon hat, verbessern kann. Mit Attributen von Facebook. Es kann also zum Beispiel sein, dass eine Credit Scoring Firma mit Datenhändlern im Geschäft ist und Facebook auch. Und der Datenhändler ist dann in der Situation, dass er sowohl detaillierte finanzielle Informationen hat über einen Benutzer als auch detaillierte Informationen über Interessen und Vorlieben, Freundeskreise all solche Sachen. 00:07:48:24 - 00:08:16:18 Isabel Wagner Das heisst dann also, dass viele aus diesen verschiedenen Quellen bei Datenhändlern zusammengeführt werden können. Und der Datenhändler kann dann im Prinzip die Daten weiterverkaufen, an wen auch immer er möchte. Das können also zum Beispiel Versicherungen sein oder Banken oder Arbeitgeber, die vielleicht Hintergrundinformationen zu zukünftigen Angestellten haben möchten. Das Schwierige dabei ist, dass man das von aussen nicht wirklich beobachten kann. 00:08:16:22 - 00:08:36:07 Isabel Wagner Das heisst, wir wissen quasi von Datenlecks, die es in der Geschichte ab und zu mal gab oder ab und zu auch häufig, was so für Profile und Daten bei verschiedenen Datenhändlern vorhanden sind. Aber als Forscher von aussen kann man schlecht beobachten, wer denn nun alles diese Datensätze kauft. 00:08:36:09 - 00:08:58:23 Catherine Weyer Das bedeutet, es kann passieren, dass ich mich für eine Zusatzversicherung interessiere und weil ich mal auf Facebook nachgefragt habe, ob sonst noch jemand unter Migräne leidet und Tipps hat für mich, dass dann die Versicherung bereits von mir weiss, dass ich anfällig für Migräne bin und mich dann vielleicht nicht aufnehmen möchte für die Zusatzversicherung, weil ich sonst zu teuer werden kann. 00:08:59:00 - 00:09:27:03 Isabel Wagner Das kann sein. Oder sie könnte Ihnen einen höheren Preis anbieten. Inwiefern das in der in der echten Welt passiert, weiss ich persönlich nicht. Es kann natürlich auch sein, dass zum Beispiel die Versicherungsbranche in manchen Ländern oder in manchen Teilarten von Versicherungen vom Gesetzgeber streng reguliert wird, so dass sie vielleicht solche Datensätze gar nicht kaufen dürfen oder wenn sie es tun, dass sie nicht die verwenden dürfen zur Prämienanpassung. 00:09:27:07 - 00:09:37:18 Isabel Wagner Aber da bin ich leider kein Jurist, weiss ich also nicht sehr gut Bescheid, wie die Gesetzgebung auch in den verschiedenen Ländern aussieht. 00:09:37:20 - 00:09:50:01 Catherine Weyer Und grundsätzlich ist es ja so, dass die Gesetzgebung den technischen Entwicklungen eher hinterherhinkt. Also neuartige Entwicklungen in den sozialen Medien werden nicht sofort in den Gesetzgebungen abgebildet. 00:09:50:03 - 00:10:23:15 Isabel Wagner Ja, das ist richtig. Zum Beispiel die EU-Datenschutzgrundverordnung. Die ist 2018 in Kraft getreten. Ich glaube, die Diskussionen über eine Erneuerung des EU-Datenschutzrechts war mindestens schon 2012 im Gange. Das heisst, es waren einige Jahre, bis dann überhaupt die Gesetzgebung verabschiedet wurde und dann noch mal zwei Jahre, bis sie in Kraft tritt. Das heisst, solche solche Gesetzgebungsvorhaben können durchaus dem echten Leben, den technischen Gegebenheiten der Jetztzeit um zehn Jahre hinterherhinken. 00:10:23:17 - 00:10:24:24 Isabel Wagner Das kann sein. 00:10:25:01 - 00:10:45:13 Catherine Weyer Es sind ja nicht nur die sozialen Medien, wo unsere Daten gesammelt werden. Bei beinahe jeder Internetseite kommt ein Cookie Banner, der von mir Daten möchte. Wenn ich mir Alexa nach Hause hole, dann fliessen dort auch Daten. Wie sehr können wir überhaupt leben heutzutage, ohne dass es zu einem Datenaustausch kommt? 00:10:45:15 - 00:11:13:21 Isabel Wagner Das Schwierige dabei ist, dass all diese modernen Technologien durchaus Komfort bieten. Oft ist es natürlich auch so, dass diese Technologien Komfort bieten, von denen wir gar nicht wussten, dass wir ihn brauchen oder oder Komfort bieten, der nur oberflächlich eigentlich Komfort ist und der dann aber auch andere Effekte mit sich zieht. Also Beispiel Facebook mal wieder. Der Komfort, den Facebook bietet, ist natürlich, mit anderen Menschen in Kontakt zu bleiben. 00:11:13:23 - 00:11:41:04 Isabel Wagner Was aber natürlich auch passiert ist, dass Facebook dann gerne möchte, dass man so lange wie möglich bei Facebook unterwegs ist. So viele Minuten wie möglich. Jeden Tag. Denn je länger man bei Facebook auf der Webseite ist oder in der App, desto mehr Werbung kann Facebook zeigen, desto mehr Geld verdient Facebook. Das heisst also, dass Facebook ihre Algorithmen auch so optimieren kann, dass Nutzer möglichst lange auf der Plattform bleiben. 00:11:41:06 - 00:12:11:04 Isabel Wagner Das heisst also, es kann neben diesem Komfortelement, das man durch neue Technologien hat, auch noch versteckte negative Effekte gibt, so was wie Zeit, die man verbraucht, bei Facebook im Newsfeed zu scrollen. Ähnlich geht es natürlich bei Twitter kann man auch unendlich scrollen. Die wichtige Frage ist natürlich, wie man als Benutzer noch Kontrolle behalten kann über diese Datenflüsse und ein kleiner Kontrollhebel, den man im Internet kriegt, ist, dass man auf Cookie Bannern sich aussuchen kann, welchen Cookies man zustimmt. 00:12:11:04 - 00:12:33:24 Isabel Wagner Und meistens ist es dann natürlich so gelöst, dass man allen Cookies ganz leicht zustimmen kann. Und wenn man aussuchen will oder vielleicht alle ablehnen, dann ist meistens mehr als ein Klick nötig. Und das ist eine relativ grosse Hürde, denn das bedeutet, man muss erst den Button finden, der vielleicht kleiner ist, der vielleicht nur aus Text besteht und gar keinen grünen schönen Hintergrund hat. 00:12:34:05 - 00:13:03:12 Isabel Wagner Und dann, im zweiten Schritt muss man auch noch eine kognitive Leistung erbringen und erst mal verstehen, was einem für Auswahlen angeboten werden. Dann verstehen, wie die Vorauswahl gerade steht und dann die Auswahl treffen, welche davon man jetzt wie setzen möchte. Also das ist ein bisschen Kontrolle, das Nutzer haben, aber es kommt auch mit einem grossen Preis, der halt häufig dann einem kognitive Leistung abverlangt, die man in der Hitze des Gefechts vielleicht gar nicht erbringen möchte. 00:13:03:14 - 00:13:19:19 Isabel Wagner Meistens. Wenn man einen interessanten Newsartikel gesehen hat und den dringend lesen möchte. Dann ist die Versuchung gross, einfach auf den schönen grossen grünen Knopf zu drücken. Dann kann man seinen Artikel lesen und die Daten, die im Hintergrund abfliessen, die die schmerzen ja im derzeitigen Moment nicht. 00:13:19:21 - 00:13:30:13 Catherine Weyer Aber die Cookie Bannern, die waren doch eine direkte Folge dieser Datenschutzdiskussion im EU Raum. Also eigentlich sollten die ja zu unserem Vorteil sein. 00:13:30:15 - 00:13:56:04 Isabel Wagner Eigentlich ja. Es gab natürlich auch vor der Datenschutzgrundverordnung schon Cookie Banner, es sind nur wesentlich mehr geworden als als Folge davon. Es ist auch kein statisches Umfeld, das heisst, die Webseiten, die wir heute sehen, sind anders als die von vor dem vorletzten Jahr oder von vor zwei Jahren. Und es gibt auch natürlich in dem Feld manchmal positive Entwicklungen. Zum Beispiel dieses Design von Cookie Bannern. 00:13:56:06 - 00:14:29:09 Isabel Wagner Beispiel Google. Ursprünglich gab es bei denen die gleiche Situation: Man hat einen schönen grossen Backen, der sagt alle akzeptieren. Und wenn man andere Einstellungen haben wollte, musste man klicken und dann zweite Seite die Einstellungen vornehmen. Das Design wurde geändert, so dass man neben dem «Alle akzeptieren»-Button jetzt einen gleichfarbigen, gleich grossen Wappen hat, der sagt «Alle ablehnen». Das heisst also, in dem einen Fall sind Cookies Banner besser geworden und ermöglichen es dem Nutzer besser und schneller auszudrücken, was er nun möchte. 00:14:29:11 - 00:15:03:00 Isabel Wagner Das Interessante ist natürlich auch die Bedingung in der Datenschutzgrundverordnung für Datenverarbeitung oder Eine der Bedingungen ist Informed Consent, also dass man zustimmt. Aber diese Zustimmung muss frei erfolgenden und man muss informiert gewesen sein, was man da eigentlich zustimmt. Und es gibt jetzt Forscher und und NGOs, die argumentieren, dass dieses Design von Cookie Banners, wo man zweimal klicken muss, um bestimmt Cookies abzulehnen, eben diesem Informed Consent nicht genügen und. 00:15:03:02 - 00:15:36:08 Isabel Wagner Na ja, das Problem ist natürlich, dass Webseitenbetreiber Cookie Banners heute so ausliefern. Das ist eine Tatsache. Wenn das jetzt nicht der rechtlichen Lage entspricht, dann muss sich jemand die Mühe machen, da Belege für zu sammeln, diese Belege dann zur Datenschutzaufsichtsbehörde zu tragen und die Datenschutzaufsichtsbehörde muss dann ermitteln. Und was tun. Das dauert ne Weile. Denn die Datenschutz Aufsichtsbehörden sind natürlich öffentliche Organisationen, nicht besonders gut ausgestattet mit Geld oder Personal. 00:15:36:10 - 00:16:01:15 Isabel Wagner Und das bedeutet dann natürlich, dass solche Verfahren sich über Jahre hinziehen können. Und das sind Jahre, in denen Webseiten weiterhin ihre existierenden Cookie Banner ausliefern können und Datenaustausch, die dann in der Zwischenzeit stattgefunden haben, die kann man so einfach nicht wieder zurückrollen. Die Daten sind dann halt ausgetauscht worden und natürlich ist am Ende von solchen Verfahren steht dann vermutlich ein Bussgeld. 00:16:01:17 - 00:16:31:04 Isabel Wagner Und die Bussgelder, na ja, die die Datenschutzgrundverordnung hat zwar sehr grosszügige Regeln, wie die Bussgelder aussehen können, müssen irgendwie 4 % vom Unternehmensumsatz, also nicht vom Gewinn. Das kann schon ein Bussgeld sein, das Unternehmen wehtut. Wenn man sich jetzt aber Bussgelder anschaut, die bisher vergeben wurden, insbesondere an grosse Konzerne wie jetzt Facebook zum Beispiel oder Google, dann sind das mehr oder weniger Tropfen auf den heissen Stein. 00:16:31:10 - 00:16:34:06 Isabel Wagner Die tun den Unternehmen nicht so sehr weh bisher. 00:16:34:08 - 00:16:48:11 Catherine Weyer Sie möchten sich in Ihrer Forschung künftig nicht mit sozialen Medien beschäftigen, sondern mit dem Internet der Dinge. Also zum Beispiel smarte Fernseher, Kühlschränke, Alexa, Siri. Wie sieht es dort aus mit der Datensicherheit? 00:16:48:13 - 00:17:16:10 Isabel Wagner Da sieht es ähnlich schlecht aus. Zur Überraschung von niemandem. Was es natürlich auf der einen Seite zu einem interessanten Forschungsgebiet macht, aber was natürlich auch ein bisschen besorgniserregend ist, wenn man schaut, wie häufig solche Geräte schon eingesetzt werden. Ein Aspekt, der dieses Internet der Dinge-Umfeld schwierig macht, ist, dass man als Nutzer noch weniger Kontrollmöglichkeiten hat. Im Webbrowser 00:17:16:10 - 00:17:45:15 Isabel Wagner wenn man jetzt zum Beispiel Facebook nutzt oder irgendwelche anderen Webseiten im Webbrowser, hat man die Freiheit, sich einen Werbeblocker zu installieren. Werbeblocker macht natürlich zum einen die Werbung weg, aber ein Nebeneffekt davon ist eben das viel von dem Tracking, also von der Nutzerverfolgung der der Nutzerüberwachung im Netz, da dadurch auch blockiert wird. Das heisst mit einem Werbeblocker schützt man die eigene Privatsphäre zumindest zu einem Teil. 00:17:45:18 - 00:18:19:03 Isabel Wagner Und das Problem ist aber im Internet der Dinge-Umfeld. Diese Geräte haben keine Schnittstelle, wo man einfach mal den Werbeblocker draufspielen kann. Und deswegen ist es natürlich zum einen interessant, solche Geräte zu erforschen und zu sehen, welche Datenströme überhaupt fliessen, also welche Daten fliessen und an wen und vielleicht auch mit welche Häufigkeit usw. Aber dann eben auch anzuschauen, ob man auf der Nutzerseite technische Lösungen finden kann, die ähnlich wie ein Werbeblocker diese unerwünschten Datenströme unterbinden. 00:18:19:05 - 00:18:26:17 Catherine Weyer Finden Sie denn, dass das Internet der Dinge Datenschutz technisch weniger heikel als die sozialen Medien? 00:18:26:19 - 00:18:57:04 Isabel Wagner Weniger oder mehr? Es ist einfach dadurch heikel, dass diese Geräte eine relativ privilegierte Position haben. Dadurch, dass sie im eigenen Zuhause sich befinden. Das heisst, wenn man jetzt einen Babymonitor hat, mit dem man das eigene Kind überwachen kann, ob es auch schön schläft oder irgendwie Aufmerksamkeit braucht, dann ist dieser Videostreams vom eigenen Kind oder vielleicht auch von der Umgebung, wo sich das Kind befindet. 00:18:57:06 - 00:19:33:22 Isabel Wagner Der ist dann potenziell in den Händen von dem Anbieter dieses Geräts und man ist dann in gewisser Weise diesem Anbieter fast ausgeliefert. Wenn zum Beispiel der Anbieter Sicherheitslücken hat, dann kann es sein, dass Dritte auf diesen Videostream Zugriff haben können. Das ist schon passiert. Das Gleiche kann natürlich passieren, wenn man ein smartes Türschloss hat oder so eine smarte Klingel, wo man sehen kann, wer vor der Tür steht, kann es natürlich sein, dass dritte dann diesen Videostream sehen können und schauen, was auf der Strasse so los ist. 00:19:33:24 - 00:20:02:15 Isabel Wagner Ähnliche Überlegungen gelten für smarte Matratzen. Kann man das Schlafverhalten analysieren? Und das klingt jetzt vielleicht erst mal ganz unschuldig, aber am Schlafverhalten sieht man dann zum Beispiel: Was ist denn die tägliche Routine von diesem Menschen? Vielleicht für Einbrecher interessant? Das sieht man dann auch. Vielleicht hat dieser Mensch Schlafstörungen? Wacht er vielleicht mehrmals in der Nacht auf? Könnte Anzeichen sein für allerlei Dinge. 00:20:02:17 - 00:20:35:06 Isabel Wagner Schläft dieser Mensch denn genug? Oder müssen wir davon ausgehen, dass er in sehr ermüdet Zustand morgen ins Auto steigt? Es sind also potenziell sehr interessante Daten, von denen man sich jetzt als Nutzer erst mal gar nicht bewusst ist, dass diese Daten von dieser smarten Matratze abgeleitet werden könnten. Und natürlich der Anbieter dieser diese smarten Geräte hat dann eventuell ein Interesse daran, nicht nur den Nutzern neue smarte Produkte zu verkaufen, sondern auch als Zweiteinnahmequelle mit den Daten dann etwas zu verdienen. 00:20:35:08 - 00:20:54:13 Catherine Weyer Was ist denn Ihr Lösungsvorschlag? Wieder zurück, Weg von allen smarten Dingen? Oder gibt es einen Mittelweg, den wir einschlagen sollten? Oder warten wir einfach, bis die Gesetzgebung so weit ist, dass wir tatsächlich geschützt sind, wir in unserer Privatsphäre. 00:20:54:15 - 00:21:24:01 Isabel Wagner Einfach abwarten ist natürlich immer eine schlechte Lösung. Gesetzgebung ist, denke ich, ein wichtiger Baustein. Aber für mich als technisch orientierte Forscherin ist es natürlich immer etwas frustrierend zu sagen: Gesetzgebung. Von daher interessieren mich natürlich technische Ansätze und da gibt es durchaus ein paar Möglichkeiten im Bereich soziale Netze zum Beispiel könnte man soziale Netze so designen, dass sie dezentral funktionieren. 00:21:24:03 - 00:21:49:17 Isabel Wagner Das heisst, es gibt nicht ein grosses Facebook, sondern es gibt zig kleinere Plattformen, die dann über vordefinierte Protokolle Daten austauschen können. Das heisst, ich kann dann auch Freunde haben, die auf einer anderen kleinen Plattform sind, und ich kann sehen, was diese Freunde so tun, was sie so schreiben, Bilder und umgekehrt. Aber es gibt dann eben nicht eine grosse zentrale Datensammelstelle. 00:21:49:19 - 00:22:21:20 Isabel Wagner Was natürlich auch funktionieren kann, ist, dass man solche Plattformen nicht von einem grossen for Profit-Unternehmen betreiben lässt, sondern vom irgendwie organisierten Non Profit im Messenger Bereich zum Beispiel. Also WhatsApp gehört ja zu Facebook und das heisst dann, die Unterhaltungen sind verschlüsselt zwischen Nutzern, aber Facebook sieht trotzdem die Metadaten. Das heisst, wer redet mit wem, wann, wie lange? Welche Art von Nachrichten? 00:22:21:20 - 00:22:48:13 Isabel Wagner Werden er Bilder verschickt oder nur Text oder was auch immer. Diese Daten erhebt Facebook speichert sie und die fliessen mit in die Facebook Profile ein. Auf der anderen Seite gibt es so was wie Signal auch Ende zu Ende verschlüsselt. Interessanterweise das gleiche Protokoll, das WhatsApp verwendet wurde Original von Signal entwickelt, aber Signal wird betrieben von einem Non Profit. 00:22:48:15 - 00:23:19:05 Isabel Wagner Das heisst, die geben dann zusätzliche Versicherungen, dass auf ihren Servern Metadaten nicht gespeichert werden. Und wie? Wenn man das Adressbuch synchronisiert, dann passiert das in einem privatsphärefreundlichen Weg nicht wie bei Facebook. Dieses Beispiel im Messenger Bereich zeigt das, wenn man Dienste als Non Profit organisiert und betreibt man da durchaus noch mehr Dinge besser machen kann. Allein weil man nicht an dieses Profitmotiv gebunden ist. 00:23:19:07 - 00:23:39:05 Isabel Wagner Wenn jetzt ein grosser Konzern, insbesondere ein grosser börsennotierter Konzern, muss immer den Anlegern erklären, warum sie jetzt nicht so gut abgeschnitten haben im letzten Quartal. Und deswegen ist deren Streben immer nach mehr Profit und die Daten der Nutzer sind halt nur eine schöne Quelle dafür. 00:23:39:07 - 00:23:57:07 Catherine Weyer Das würde aber dann bedeuten, dass wenn wenn sich nur noch News um diese Plattform kümmern, dass dann halt viel weniger Geld fliesst. Und entsprechend ist es ja dann auch weniger interessant, gute technische Lösungen zu präsentieren. Oder würden Sie sagen, das Signal ist genau das Beispiel, dass es eben doch geht? 00:23:57:09 - 00:24:42:11 Isabel Wagner Ich würde fast sagen, der gesamte Open Source Bereich ist ein Hinweis, dass es durchaus auch ohne das Geld Motiv gehen kann und natürlich insbesondere Signal ist so ein schönes Beispiel, dass es Lösungen geben kann, die sicher sind, Privatsphäre schützen und aber auch bedienbar sind. Ist nicht dieses Profitmotiv als als Motivation für neue technische Entwicklungen. Es wäre zum Beispiel durchaus möglich, wenn man jetzt als Unternehmen schon eine neue Technologie erfunden hat, die als Produkt zu verkaufen im Internet der Dinge Bereich vielleicht als echtes Produkt, das man in die Hand nehmen kann, aber auch im Softwarebereich durchaus, als App, die dann eben was kostet. 00:24:42:13 - 00:24:56:11 Isabel Wagner Es ist halt im Moment leider so, dass selbst manche Angebote, die kostenpflichtig sind, dann trotzdem Nutzer tracken und die Daten verwenden zur Profilbildung. 00:24:56:13 - 00:25:01:11 Catherine Weyer Also letztendlich ein Businessmodell, von dem man sich einfach hoffentlich mal wieder verabschiedet. 00:25:01:13 - 00:25:39:04 Isabel Wagner Ja, ich denke historisch. das Problem kommt einfach daher, dass Internetdienste als freie Dienste angefangen haben und damit hat sich so die Nutzererwartung etabliert, dass das kostenlos zu sein hat. Und Anfang der 2000 hat dann halt die Realität Unternehmen wie Google eingeholt und es war klar, dass sie irgendwie Geld verdienen müssen. Und dann hat sich natürlich das werbefinanzierte Modell so ausgebildet und über die Jahre immer weiter entwickelt und mit immer mehr Mittelmännern und anderen Unternehmen, die irgendwie Dienste für die Werbeindustrie erbringen. 00:25:39:06 - 00:25:56:15 Isabel Wagner Ja, langfristig wäre es schon schön, wenn wenn man andere Geschäftsmodelle hätte. Es gibt auch in der Ökonomie, glaube ich, Forschung zu alternativen Geschäftsmodellen, aber bisher hat sich da wohl noch nichts wirklich durchgesetzt. Leider. 00:25:56:17 - 00:26:03:22 Catherine Weyer Wir haben jetzt sehr viel über Social Media gesprochen. Wie sind Sie eigentlich auf diesen Bereich der Cybersecurity gekommen? 00:26:03:24 - 00:26:35:10 Isabel Wagner Na, ich denke, das war so der Idealismus in mir, der irgendwann durchgekommen ist. Mein Forschungsgebiet ursprünglich war im Computernetze-Bereich, wo ich mir drahtlose Sensornetze angeschaut habe. Und irgendwann habe ich dann realisiert, dass die Mehrheit des Geldes in dem Feld tatsächlich aber vom Militär kommt, obwohl man sich auch schöne zivile Anwendungen vorstellen kann, zum Beispiel Waldbranderkennung, kam das meiste Geld halt aus der militärischen Ecke. 00:26:35:16 - 00:26:49:20 Isabel Wagner Und damit war ich natürlich unzufrieden, weil ich nicht wollte, dass meine Forschung jetzt dazu beiträgt, Menschen umzubringen. Und dann habe ich mir ein anderes Forschungsgebiet gesucht, in dem ich dachte, dass man vielleicht was Positives beitragen kann. 00:26:49:24 - 00:26:51:16 Catherine Weyer Frau Wagner, vielen herzlichen Dank. 00:26:51:18 - 00:26:52:19 Isabel Wagner Vielen Dank. 00:26:52:21 - 00:27:16:12 Catherine Weyer Das war Unisonar der Wissens-Podcast der Universität Basel. Wir freuen uns über Ihr Feedback auf podcast@unibas.ch oder über unsere Social Media Kanäle. In der nächsten Folge spricht Medienwissenschaftlerin Estelle Blaschke über unsere veränderte Wahrnehmung durch die sozialen Medien, wie diese unsere Ästhetik prägen und weshalb wir nie wirklich uns selbst sehen, wenn wir in den Spiegel blicken. 00:27:16:14 - 00:27:17:04 Catherine Weyer Bis bald.