Nachhaltigkeit im Kulturmanagement: «Man muss es einfach machen»
Das Studienangebot Kulturmanagement der Universität Basel hat dieses Jahr seinen Klimafussabdruck analysiert. Eine Klimabilanz für zwei MAS-Lehrgänge führte teils zu überraschenden Erkenntnissen – und lieferte eine gute Basis für Veränderungen.
21. Dezember 2022 | Samuel Schlaefli
Das Studienangebot Kulturmanagement (SKM) der Universität Basel bildet seit über 20 Jahren Kulturmanagerinnen und -manager aus. Zum Angebot gehören ein MAS in Kulturmanagement und eine Reihe von CAS und Weiterbildungsangeboten zu kulturrelevanten Themen. «Fragen der Nachhaltigkeit sind auch für Kulturinstitutionen und -schaffende mittlerweile zentral geworden – und darauf wollen wir in unserer Ausbildung reagieren», sagen Dr. Franziska Breuning und Manuela Casagrande, Co-Studienleiterinnen des SKM.
Der Nachhaltigkeit werden während des 70-tägigen MAS seit 2019 zwei Studientage gewidmet. Im Frühling 2021 fragte das SKM zudem bei Kulturförderinstitutionen nach, welche Themen für diese derzeit prioritär sind. Wenig überraschend standen die Auswirkungen der Coronapandemie auf Kulturschaffende zuoberst auf der Liste, gefolgt von der Nachhaltigkeit.
Flugemissionen als CO2-Hauptlast
Das Team wählte die Nachhaltigkeit deshalb für 2022 zum Jahresthema und vertiefte dieses in vier Veranstaltungen. Dabei ging es zum Beispiel um die Frage, wie grosse Festivals oder Museen Nachhaltigkeit in ihrem Betrieb verankern? Oder inwiefern Nachhaltigkeitskriterien auch in der Kulturförderung wichtiger werden? «Die Vorträge von Gästen aus der Kulturszene zeigten uns: Es gibt keine Ausreden mehr – man muss es einfach machen», sagt Breuning.
Durch die Veranstaltungsreihe inspiriert, entschied sich das SKM-Team eine Klimabilanz des eigenen Studienangebots zu erstellen, um eine gute Basis für weitere Entscheidungen zu schaffen. Ivo Bosshard, Praktikant in der Fachstelle für Nachhaltigkeit der Universität Basel, wertete die Daten der regulären MAS-Lehrgänge der Jahre 2018/2019 und 2021/2022 aus.
Für 2018/2019 ergab die Berechnung einen Fussabdruck von 4,6 Tonnen CO2-Äquivalente, was beinahe den jährlichen im Inland produzierten Emissionen einer in der Schweiz lebenden Person entspricht (durchschnittlich 5 Tonnen CO2-Äquivalente). Es zeigte sich auch, dass der grösste Teil der Emissionen durch Flüge von Dozierenden aus dem Ausland verursacht wird, nämlich rund 3 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente.
Durch den partiellen Online-Unterricht im durch die Pandemie geprägten Studienjahr 2021/2022 konnten die Emissionen beinahe halbiert werden (1,56 Tonnen CO2-Äquivalente). «Es hat mich am Ende doch überrascht, dass rund 80 Prozent der Emissionen des Studienangebots durch einige wenige Flugreisen verursacht wurden», sagt Breuning.
Bewusstseinswandel und Zeitgewinn
In den letzten Jahren habe aber nicht nur am SKM, sondern auch bei den Dozierenden ein Bewusstseinswandel stattgefunden, berichtet Casagrande. «Mittlerweile bieten viele von sich aus an, mit dem Zug anzureisen.» Rund ein Drittel der Dozierenden kommen aus dem benachbarten Ausland, vor allem aus Deutschland. Mit denjenigen, die von weit her anreisen, zum Beispiel aus Berlin oder Hamburg, und nur eine beschränkte Zeit zur Verfügung haben, versuche man, sich auf wenigstens eine Fahrt mit dem Zug zu einigen.
Dozierende aus Übersee, wie zum Beispiel den USA, frage man generell für einen webbasierten Unterricht an. Das habe den Vorteil, dass zum Teil auch sehr renommierte Personen aus der Kulturszene für nur einen Lehrtag gebucht werden können. Die Dozierenden sparen dadurch viel Zeit und für die Universität fallen die Reisekosten weg.
Heute finden am SKM rund 15 Prozent des Unterrichts online statt. «Wir wollen das aber auch nicht überstrapazieren», sagt Breuning, denn ganztätiger Online-Blockunterricht könne sehr anstrengend sein und die Studierenden schätzen den persönlichen Austausch untereinander und mit den Dozierenden vor Ort sehr.
Vegetarische Abschlussfeier
«Wir sind durch die Studie auch selbst aufmerksamer geworden bezüglich Nachhaltigkeit im Büroalltag», sagt Casagrande. «Wir fragen uns nun öfter, ob wir wirklich an eine bestimmte Konferenz reisen müssen oder ob wir uns auch online zuschalten können.»
Veränderungen zeigen sich auch in anderen Bereichen: Das Abschlussessen der MAS-Klasse 2021 fand in einem vegetarischen Restaurant statt. Immerhin verursacht eine vegetarische Mahlzeit sechs Mal weniger CO2 als eine fleischhaltige (0,6 respektive 3,6 Kilogramm CO2-Äquivalente).
Casagrande und Breuning sind überzeugt, dass Kulturbetriebe und Förderinstitutionen sich in Zukunft noch verstärkt mit Nachhaltigkeitsthemen beschäftigen werden. Auch weil die Nachhaltigkeit ein Eckpfeiler der neuen Kulturbotschaft des Bundesamts für Kultur ist, welche die nationalen Prioritäten für die Jahre 2025 bis 2028 umreissen wird.