Unisonar S4|EP1: Mit Schönheit zum Erfolg?
Grosse Brüste, kleine Nase, flacher Bauch: Frauen und Männer nutzen immer häufiger die Möglichkeiten der Schönheitschirurgie. Woher kommt dieses Bedürfnis, wo sind Grenzen und wie sinnvoll ist es, dass auch eine universitäre Klinik solche Eingriffe anbietet? Ein Gespräch mit Dirk Johannes Schaefer über Ästhetik, Normen und gesellschaftliche Zwänge.
In der heutigen Gesellschaft spielt das äussere Erscheinungsbild eine zentrale Rolle, wie Dirk Schaefer, Chefarzt für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie am Universitätsspital Basel, erklärt. Er grenzt die ästhetische Chirurgie, die körperliche Defizite ausgleicht, klar von kosmetischen Eingriffen ab, die über die gesellschaftliche Norm hinausgehen. Eingriffe wie Lidstraffungen oder Nasenkorrekturen zielen darauf ab, Betroffenen ein «normales» Erscheinungsbild zu geben, während kosmetische Massnahmen wie extreme Brustvergrösserungen oft eine Überoptimierung darstellen.
Der Einfluss sozialer Medien hat die Nachfrage nach Schönheitsoperationen erheblich gesteigert. Menschen sehen sich häufiger selbst – etwa durch Videokonferenzen – und werden sensibler für ihr äusseres Erscheinungsbild. Kulturelle Unterschiede spielen ebenfalls eine grosse Rolle: Während Eingriffe in Ländern wie Brasilien gesellschaftlich etabliert sind, bleibt die Schweiz konservativer. Dennoch zeigt sich ein wachsender Trend zu minimalinvasiven Massnahmen, um dem Alterungsprozess entgegenzuwirken.
Aufklärung und Verantwortung
Schaefer betont, wie wichtig eine umfassende Aufklärung vor ästhetischen Eingriffen ist, da diese oft langfristige Konsequenzen haben. Unrealistische Erwartungen oder risikoreiche Wünsche wie das «Brazilian Butt Lift» lehnt er konsequent ab. Als öffentliche Institution sieht das Universitätsspital Basel seine Verantwortung darin, Betroffene nicht nur zu behandeln, sondern auch als objektive Instanz für fundierte Informationen und Zweitmeinungen zu fungieren.
Neben der ästhetischen Chirurgie hebt Schaefer die Bedeutung der rekonstruktiven Chirurgie hervor, die oft übersehen wird. Von der Behandlung von Unfall- und Tumorpatient*innen bis hin zur Korrektur angeborener Fehlbildungen erfüllt dieser Bereich eine essenzielle medizinische und gesellschaftliche Funktion. Er appelliert an die Öffentlichkeit, das Fachgebiet nicht allein mit Schönheitsoperationen gleichzusetzen.
Ein ausgewogener Blick auf das Altern
Schaefer schliesst mit der Aufforderung, das Altern als natürlichen Prozess anzunehmen und nicht zwanghaft rückgängig machen zu wollen. In einer älter werdenden Gesellschaft könnten ästhetische Eingriffe zwar ein Teil der Lebensqualität sein, sollten aber nicht als einzige Lösung betrachtet werden. Vielmehr plädiert er für eine reflektierte Abwägung zwischen Selbstoptimierung und Akzeptanz. Schönheit, so betont er, sollte im Einklang mit Authentizität und Vernunft stehen.