Unisonar S3|EP2: Geschichte der Drogen
1992 wurde mit der Räumung des Platzspitz in Zürich eine neue Zeitenwende eingeläutet: Künftig sollten sich Drogenabhängige nicht in öffentlichen Parks treffen und illegal Drogen konsumieren. Stattdessen schufen die Behörden geschützte Räume, um die Süchtigen aufzufangen und auf ihrem Weg aus dem Drogenkonsum zu unterstützen. Aber wie gut ist das gelungen? Und wieso setzte man vor der Platzspitz-Räumung lieber auf Verhaftung und Strafe? Darüber spricht Peter-Paul Bänziger, Historiker und Mitautor des Buchs «Die Schweiz auf Drogen», bei Unisonar.
Die Geschichte der Schweizer Drogenpolitik erreichte mit der Räumung des Platzspitz und des Letten einen Höhepunkt. Die Anfänge reichen allerdings bis ins 19. Jahrhundert zurück, als Drogen wie Kokain und Heroin als Medikamente entwickelt wurden. Der Historiker Peter-Paul Bänziger spricht über die lange Geschichte von Drogen, ihre Nutzung als Medikamente und die Verschmelzung von politischen, sozialen und gesundheitspolitischen Herausforderungen.
Die Geschichte der Drogen beginnt bereits im frühen 19. Jahrhundert mit der Industrialisierung der Medikamentenproduktion. Substanzen wie Morphin und später Heroin wurden zunächst als Heilmittel eingesetzt, bevor sie zunehmend als Drogen kategorisiert wurden. Diese fliessende Grenze zwischen Medikament und Droge prägte die gesellschaftliche Wahrnehmung und den Umgang mit psychoaktiven Substanzen.
Repression und offene Drogenszenen
Im 20. Jahrhundert folgte eine Politik der Repression. In den 1960er und 70er Jahren wurden Drogenkonsumenten stigmatisiert und kriminalisiert, während gleichzeitig Probleme wie Medikamentenabhängigkeit vernachlässigt wurden. Sichtbare Orte wie der Platzspitz in Zürich, an denen sich die Drogenszene sammelte, wurden zum Symbol einer gescheiterten Politik. Die Vertreibung der Konsumierenden verschlimmerte die Situation, bis die Erkenntnis reifte, dass es neue Ansätze braucht.
Die späten 1980er und 90er Jahre brachten einen Paradigmenwechsel. Mit innovativen Ansätzen wie der Methadon-Therapie und der kontrollierten Abgabe von Heroin wurden erstmals Alternativen zur reinen Repression geschaffen. Doch die Fortschritte blieben unvollständig, da weiterhin auf repressive Massnahmen gesetzt wurde. Laut Bänziger wären Legalisierung und Regulation von Drogen ein wichtiger Schritt, um die Schwarzmärkte auszutrocknen und die Probleme nachhaltig anzugehen.
Gesellschaftliche Verantwortung und Ausblick
Heute ist die Situation anders: Offene Drogenszenen gibt es kaum noch, doch das Problem der Drogenabhängigkeit bleibt bestehen. Kontakt- und Anlaufstellen, die einst zentral waren, verschwinden zunehmend aus den Städten. Bänziger betont die Notwendigkeit eines humanen und pragmatischen Umgangs mit Drogen, der nicht auf moralische oder rein ökonomische Prinzipien basiert. Legalisierung und Regulation seien der Schlüssel, um den Schaden für Betroffene und die Gesellschaft zu minimieren.