Unisonar S4|EP3: Kleider machen Leute
Mode ist kulturelles Abbild. Wie wir uns kleiden und wie wir in Erscheinung treten, ist geprägt von der Gesellschaft, von medialen Trends und vom Kontext, in dem wir uns bewegen. Sich kleiden heisst, sich ständig selbst zu optimieren. Ein Gespräch mit der Kulturanthropologin Ulrike Langbein über Unterwäsche, weshalb die Mathematik für männliche und weibliche Kleidung sorgte und wieso eine Armee Uniformen benötigt.
Mode ist mehr als Kleidung – sie ist eine Form des Ausdrucks und ein Spiegel gesellschaftlicher Strukturen. Die Kulturanthropologin Ulrike Langbein erklärt, dass Kleidung nicht nur schützt, sondern Botschaften über Identität und soziale Zugehörigkeit vermittelt. Sie unterscheidet dabei zwischen Modellierung, die den Körper formt, und Optimierung, die ihn an gesellschaftliche Normen anpasst. Dieses Konzept ist historisch tief verwurzelt und prägt unsere Selbstwahrnehmung bis heute.
Die Bedeutung von Unterwäsche in der Modegeschichte
Langbein beleuchtet in ihrer Forschung die kulturelle Rolle der Unterwäsche, die oft übersehen wird. Ursprünglich zum Schutz wertvoller Oberbekleidung gedacht, entwickelte sie sich zu einem Mittel der Körperformung und Intimität. Unterwäsche spiegelt gesellschaftliche Tabus wider, indem sie körperliche Vorgänge wie Ausscheidung und Sexualität verbirgt. Sie dient somit als unsichtbare Grenze zwischen der natürlichen Körperlichkeit und den Anforderungen der Kultur.
Mit der Entwicklung von Konfektionsgrössen und Massenproduktion wurde Mode immer stärker standardisiert. Diese Vereinheitlichung erleichtert die Herstellung, führt jedoch zu einer Abstraktion vom individuellen Körper. Solche Standards können Körperideale fördern, die gesellschaftlichen Normen entsprechen, während Abweichungen weniger berücksichtigt werden. Dies zeigt sich besonders in der Unterwäscheindustrie, die bestimmte Grössen bevorzugt und andere vernachlässigt.
Gender und Mode: Ein historischer Wandel
Historisch hatten Männer und Frauen gleichermassen die Möglichkeit, sich modisch auszudrücken. Mit dem Aufkommen des bürgerlichen Zeitalters wurde Mode zunehmend weiblich kodiert, während Männer auf schlichtere Kleidung beschränkt wurden. Dennoch blieben auch Männer in bestimmten Kontexten, wie dem Militär, strengen Modevorschriften unterworfen. Heute öffnet sich die Mode wieder für mehr Diversität, wobei kulturelle und historische Einflüsse eine zentrale Rolle spielen.
Abschliessend betont Langbein, dass Mode sowohl eine Möglichkeit zur Selbstoptimierung als auch zur Identitätsfindung bietet. Kleidung formt nicht nur den Körper, sondern transportiert kulturelle Werte und individuelle Statements. Der bewusste Umgang mit Mode erfordert eine Balance zwischen gesellschaftlichen Erwartungen und persönlichem Ausdruck. Mode ist somit nicht nur Oberfläche, sondern ein komplexes Geflecht aus Kultur, Geschichte und Identität.