Genetische Vasektomie statt Operation
Mit einem am Centre for Transgenic Models (CTM) der Universität Basel entwickelten gentechnischen Ansatz lassen sich unfruchtbare männliche Mäuse züchten. So sind keine operativen Eingriffe unter Narkose mehr nötig, um die Tiere zu sterilisieren.
Sterile Mäuse werden in der Forschung vor allem für die Erzeugung von transgenen Mäusen benötigt – also Mäusen, bei denen die Forschenden gezielt ein zusätzliches (meist menschliches) Gen einbauen, beispielsweise um dessen Funktion zu erforschen oder einen Krankheitsmechanismus besser zu verstehen.
Hierfür ziehen die Forschenden zunächst in der Petrischale einen gentechnisch veränderten Embryo heran, der dann von einem Weibchen, das als eine Art Leihmutter dient, ausgetragen wird. Hierfür wird das Weibchen zuvor mit einem sterilen Männchen zusammengesetzt, das es begattet und so eine Scheinschwangerschaft auslöst. Die Bildung eines vaginalen Sekretpfropfens zeigt den Forschenden dabei an, dass die Begattung erfolgreich war und das Weibchen bereit für die Aufnahme eines Embryos ist.
Für gewöhnlich erfolgt die Sterilisation der Männchen durch eine chirurgische Vasektomie, die eine Vollnarkose erfordert und mit mittelgradigen Schmerzen verbunden ist, gegen die Schmerzmittel gegeben werden müssen. Bei der am Zentrum für Transgene Modelle der Universität Basel entwickelten Alternative haben die Forschenden die Mäuse genetisch so verändert, dass sie ein bestimmtes Protein, das essentiell für die Sperma-Entwicklung ist, überproduzieren. Dies führt bei den Mäusen zu vollständiger Sterilität – was jedoch weder den Begattungsvorgang noch die Bildung des Sekretpfropfens beim Weibchen beeinträchtigt.
Da die Überproduktion des Proteins erblich ist, lassen sich weitere sterile Männchen jederzeit aus Weibchen, die das Gen in sich tragen, nachzüchten. Zudem koppelten die Forschenden das Gen an einen genetischen Marker, der dafür sorgt, dass die Träger des Gens unter Fluoreszenz grün leuchten. So können sie auf einen Blick bestimmen, welche Mäuse das Gen für die Sterilität in sich tragen.
Das CTM setzt diese genetisch «vasektomierten» Mausmännchen nun standardmässig bei der Erzeugung von transgenen Mäusen ein – und kann somit auf eine invasive und belastende chirurgische Vasektomie verzichten. Darüber hinaus setzt ihre Arbeit der stressigen Einzelunterbringung von vasektomierten männlichen Zuchtmäusen ein Ende, indem sie zeigen, dass die dauerhafte gemeinsame Unterbringung mit weiblichen Mäusen die Leistung der vasektomierten Zuchtmäuse nicht beeinträchtigt.
Pawel Pelczar, Leiter des CTM, hat zudem 2019 den 3R-Preis der International Society for Transgenic Technologies (ISTT) erhalten, da er eine Gruppenhaltung von ansonsten einzeln gehaltenen vasektomierten Männchen untersucht und am CTM erfolgreich umgesetzt hat.