«Wir müssen im gesamten Teich fischen»
Die Zahl der Professorinnen an der Universität Basel steigt kontinuierlich, wie das Gleichstellungsmonitoring zeigt. Noch lehren in Basel aber zu wenig Frauen. Die Verantwortlichen beschreiten neue Wege.
04. Februar 2020
Professor Jens Gaab, Delegierter des Rektorats für Diversity und Nachhaltigkeit, lässt keinen Zweifel: «Wir wollen die Besten.» Künftig sollen sich unter den Besten deutlich mehr Frauen befinden. Derzeit steigt der Frauenanteil bei den Professorinnen kontinuierlich um ein Prozent jährlich. «Dieses eine Prozent müssen wir wertschätzen, ob es ausreicht, ist eine andere Frage», sagt Gaab. Mit 24 Prozent sind aktuell knapp ein Viertel der Professuren mit Frauen besetzt. Der Bund fordert einen Anteil von mindestens einem Viertel. Für Dr. Sabine Büchler, verantwortlich für das Gleichstellungsmonitoring an der Fachstelle Diversity, steht fest: «Wir müssen, wollen und können neue Wege gehen.»
Unter der Leitung von Nicole Kälin setzt sich das Team der Fachstelle Diversity durch Beratung und Unterstützung innerhalb der Universität für mehr Frauen auf höheren Karrierestufen ein. Mit Erfolg: Bei den Assistenzprofessuren und den wissenschaftlichen Mitarbeitenden ist das Geschlechterverhältnis fast ausgeglichen. Nur bei den Professuren hapert es noch, wie dem Gleichstellungsmonitoring 2017/2018 zu entnehmen ist. Im landesweiten Vergleich befindet sich die Universität Basel im Mittelfeld. Das reicht dem Diversity-Team nicht. Es möchte Diversität und damit akademische Exzellenz als Alleinstellungsmerkmal erreichen.
«Wenn wir uns als Universität profilieren wollen, müssen wir dies auch in diesem Bereich tun», sagt Jens Gaab. Er rechnet: «Würden wir nur noch Frauen berufen, wäre das Verhältnis in vier Jahren ausgeglichen.» Das Ziel sei aber nicht, Frauen zu berufen, weil sie Frauen seien, sondern weil sie die Besten sind – und der Beste könne natürlich auch ein Mann sein.
Die Berufungsverfahren müssten offener werden, sodass unbewusste Bias erkannt und bewusst angegangen werden. Je breiter die Kriterien, desto grösser die Diversität. Statt weiterhin vor allem im eigenen Umfeld nach geeigneten Personen zu suchen, sollen Bewerberinnen und Bewerber auch aktiv kontaktiert werden. Sabine Büchler sagt es so: «Wir müssen im gesamten Teich fischen.»
Ein Prozent: gut, aber zu wenig
Ein Kriterium ist noch immer: Je mehr Publikationen, desto höher die Chancen. Frauen, die nach der Promotion ihre Kinder betreuen, können oft nicht mithalten. Deswegen müssen sie nicht schlechter qualifiziert sein als männliche Mitbewerber. In einem konkreten Fall hat die Berufungskommission diesen Aspekt kürzlich berücksichtigt, indem sie jedes akademische Jahr der betreffenden Bewerberin um ein Jahr pro Kind reduziert hat. Dies mit dem Ziel, die Publikationstätigkeit der Frau besser einschätzen zu können. Das Resultat: Sie hat die Stelle bekommen.
Das Diversity-Team erarbeitet zurzeit Tools zur praktischen Anwendung und stellt sie Berufungskommissionen zur freien Verfügung. Bisher haben sich bei den mehrheitlich männlichen Verantwortlichen keine Widerstände gezeigt: «Es ist unbestritten, dass Diversität bessere Forschung ermöglicht», sagt Nicole Kälin.
Die 40-Prozent-Marke ist eine mögliche und erreichbare Zielgrösse in den nächsten zehn Jahren. «Frauen sollen keine Exotinnen mehr sein», so Kälin. Ein Prozent Steigerung jährlich reicht knapp nicht, um dieses Ziel zu erreichen. Das Team ist zuversichtlich, den natürlichen Verlauf mit nötigen Massnahmen und zusätzlichem Engagement beschleunigen zu können.