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Ein Auge für das Tier

Mäuse
Haltung von Labornagetieren an der Universität Basel: Einstreu und Nistmaterial sorgen für die artgerechte Haltung von Mäusen. (Foto: Universität Basel, Philippe Wiget)

An der Universität Basel kümmert sich ein grosses Team von Fachkräften um das Wohl der Tiere, die bei Versuchen zum Einsatz kommen. Ziel ist es, die Belastung möglichst gering zu halten. Dies geschieht unter anderem durch eine artgerechte Haltung, sorgfältige Planung der Experimente und die engmaschige Überwachung jedes einzelnen Tiers.

17. Januar 2022

Mäuse
Haltung von Labornagetieren an der Universität Basel: Einstreu und Nistmaterial sorgen für die artgerechte Haltung von Mäusen. (Foto: Universität Basel, Philippe Wiget)

Die Universität Basel gehört zu den weltweit führenden Institutionen in der biologischen und biomedizinischen Forschung. Auf diesem Gebiet sind − trotz aller Fortschritte − Versuche mit Tieren immer noch unverzichtbar, beispielsweise für die Erforschung von komplexen Krankheiten wie Krebs und die Entwicklung neuer Therapien. Etwa zwanzig Prozent aller Forschenden der Universität Basel führen Experimente mit Wirbeltieren durch. Dabei handelt es sich zu 97 Prozent um Mäuse, der Rest sind Ratten und Fische.

Jede einzelne Maus zählt

Für das Wohl der Tiere ist ein grosses Team zuständig, das diese in fünf modern eingerichteten Tierstationen unter Leitung der Veterinärmedizinerin Dr. Kerstin Broich versorgt. Eine wichtige Rolle übernehmen dabei die rund sechzig Tierpflegenden und Mitarbeitenden, die sich an sieben Tagen pro Woche um die Mäuse kümmern. Sie geben den Tieren nicht nur Futter, Wasser und frische Einstreu, sondern schauen sich jede einzelne Maus genau an: Ist sie aktiv, sind die Ohren aufgestellt, ist das Fell glatt? «Ein geübtes Auge, wie es unsere Tierpflegenden haben, erkennt sofort, ob es einer Maus gut geht oder nicht», sagt die Veterinärmedizinerin Dr. Anne Zintzsch, eine der drei Tierschutzbeauftragten der Universität Basel.

Falls etwas nicht stimmt, vermerken die Tierpflegenden dies in einer Datenbank, die unter anderem den Zustand jeder einzelnen Maus dokumentiert. Die Forschenden oder die Mitarbeitenden in der Tierhaltung ergreifen dann die nötigen Massnahmen wie etwa die Verabreichung von Schmerzmitteln. In der Tierstation tragen alle Schutzkleidung, um keine Keime einzuschleppen. Denn Hygiene hat auf den Tierstationen die höchste Priorität. Deshalb hat auch jeder Käfig eine eigene Lüftung. Eine solche Hygiene und eine standardisierte Haltung sind wichtig, damit die Forschenden bei ihren Versuchen vergleichbare Ergebnisse bekommen.

Abwechslung trotz Standardisierung

Auch wenn es dadurch gewisse Einschränkungen gibt, können die Tiere ihren wichtigsten natürlichen Verhaltensweisen nachgehen: So leben sie artgerecht in sozialen Gruppen von drei bis fünf Mäusen zusammen. Sie bekommen geeignetes Material wie Papiertücher für den Bau eines Nests, harte Futterpellets zum Nagen und manchmal ein «Mouse House» als Versteck. «Wir überlegen immer, wie wir den Tieren den Alltag abwechslungsreich gestalten können», sagt Zintzsch. Deshalb sind die Tierstationen derzeit an einem Projekt beteiligt, das verschiedenartige Materialien zur Beschäftigung von Mäusen testet.

Insbesondere für die Erforschung von schweren Krankheiten wie Krebs oder Muskelschwund setzen die Forschenden auch genetisch veränderte Mäuse ein. Sind die Tiere durch solche genetischen Veränderungen oder auch die Art und Dauer der Experimente belastet, so bekommen sie je nach Bedarf beispielsweise Schmerzmittel, öfter frische Einstreu oder besonders weiches Futter.

Mit wenig Belastung zum besten Resultat

Doch nicht nur bei der Haltung, auch bei der Durchführung der Versuche wird das Tierwohl berücksichtigt. Alle an Tierversuchen beteiligten Forschenden und Mitarbeitenden müssen Kurse besuchen, in denen sie den richtigen Umgang mit den Tieren lernen. Dort üben sie beispielsweise auch, wie sie die Mäuse richtig betäuben und schonend fixieren.

Über das Tierwohl machen sich die Forschenden übrigens lange vor Beginn der Experimente Gedanken. Für die Bewilligung eines Tierversuchs müssen sie unter anderem begründen, warum sich die Forschungsfrage nicht ohne den Einsatz von Tieren beantworten lässt. Und ob das dem Tier zugefügte Leid durch den Erkenntnisgewinn aufgewogen wird. Dr. Anke Rohlfs, die 3R-Koordinatorin der Universität Basel, fördert zusätzlich die Umsetzung der 3R-Prinzipien – Replace, Reduce, Refine – und berät dazu die Forschungsgruppen.

Im Bewilligungsgesuch müssen die Forschenden zudem genau darlegen, was sie tun, um die Belastung für die Tiere zu minimieren. Dazu gehört auch die richtige Wahl von Schmerzmitteln und Narkosemethoden. Hierbei beraten sie die drei Tierschutzbeauftragten der Universität– neben Anne Zintzsch sind dies die Veterinärmedizinerinnen Dr. Bettina Oswald und Dr. Susi Heiden. Denn es gilt die Belastung des Tieres möglichst klein zu halten, ohne das Experiment negativ zu beeinflussen. «Wir müssen bei unserer Arbeit also immer eine Balance finden», sagt Zintzsch. «Auf der einen Seite unterstützen wir die Forschenden, auf der anderen Seite steht das Wohlbefinden der Tiere in unserem Fokus.»

Die Basis für einen solchen verantwortungsvollen Umgang mit den Tieren ist für Zintzsch die sogenannte Culture of Care: «Es genügt nicht, immer nur die Regeln und Vorschriften zu befolgen.» Stattdessen sollten alle Beteiligten ständig und proaktiv das Wohlbefinden der Tiere im Sinn haben − ob dies die Forschenden sind, die Versuche umsichtig planen und Daten sorgfältig auswerten, oder Mitarbeitende der Tierstationen, die neue Ideen für die Tierhaltung entwickeln. Diese gemeinsame Grundeinstellung kommt letztendlich der Forschungsqualität zugute.

Initiative für ein Verbot von Tier- und Menschenversuchen

Am 13. Februar stimmt die Schweiz über Volksinitiative «Ja zum Tier- und Menschenversuchsverbot – Ja zu Forschungswegen mit Impulsen für Sicherheit und Fortschritt» ab. Sie will jegliche Versuche an Tieren und Menschen sowie Handel, Ein- und Ausfuhr von Produkten wie beispielsweise Arzneimitteln verbieten, für die Tierversuche oder klinische Studien durchgeführt wurden.

Swissuniversities, die Dachorganisation der Schweizer Hochschulen, sowie weitere akademischen Organisationen und Verbände warnen vor einem Medizin- und Forschungsverbot. Eine Annahme der Initiative würde insbesondere die biomedizinische Forschung und neue medizinische Behandlungsmethoden verhindern. Auf dem Spiel stehen die hohe Qualität der Gesundheitsversorgung und die verantwortungsvolle Forschung in der Schweiz im Dienste der Bevölkerung und der Umwelt.

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