Impfungen retten mehr als 154 Millionen Menschenleben
1974 lancierte die Weltgesundheitsorganisation WHO mit dem «Expanded Programme on Immunization» ein weltweites Impfprogramm für Kinder. Eine neue Studie zeigt, dass durch Impfungen seither schätzungsweise 154 Millionen Todesfälle verhindert werden konnten. Dies berichten Forschende des Schweizerischen Tropen- und Public Health-Instituts (Swiss TPH) in Zusammenarbeit mit der WHO und anderen Forschungsorganisationen in der Fachzeitschrift «The Lancet».
03. Mai 2024
Inspiriert von den Fortschritten bei der Ausrottung der Pocken durch Impfung rief die WHO 1974 das Expanded Programme on Immunization (EPI) ins Leben. Heute, ein halbes Jahrhundert später, haben Forscherinnen und Forscher die Auswirkungen des Programms auf die öffentliche Gesundheit seit seiner Einführung in einer Studie zu quantifizieren versucht.
Zu den wichtigsten Ergebnissen gehört, dass durch Impfungen seit 1974 weltweit schätzungsweise 154 Millionen Todesfälle verhindert werden konnten, davon 146 Millionen bei Kindern unter fünf Jahren und 101 Millionen bei Säuglingen unter einem Jahr.
Im Durchschnitt wurden für jeden verhinderten Todesfall 66 Jahre voller Gesundheit gewonnen, was einen erstaunlichen Gewinn von 10,2 Milliarden Jahren voller Gesundheit ergibt. Impfungen sind für 40 Prozent des beobachteten Rückgangs der weltweiten Säuglingssterblichkeit verantwortlich, wobei der Beitrag in Regionen wie Afrika mit 52 Prozent noch höher ist.
Im Jahr 2024 ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Kind unter zehn Jahren bis zu seinem nächsten Geburtstag überlebt, um 40 % höher als in einem hypothetischen Szenario ohne die historische Impfanstrengung. Der Nutzen der Impfung setzt sich bis ins hohe Erwachsenenalter fort, wobei die Überlebenswahrscheinlichkeit in allen Altersgruppen steigt.
«Diese Ergebnisse unterstreichen den enormen Einfluss von Impfungen auf die weltweite öffentliche Gesundheit in den letzten 50 Jahren. Impfen funktioniert, rettet Leben und macht unsere Welt gesünder», sagt Prof. Dr. Jürg Utzinger, Direktor des Swiss TPH und Professor für Epidemiologie an der Universität Basel. «Wir freuen uns, dass wir mit unserer Expertise in der mathematischen Modellierung zu dieser bahnbrechenden Studie beitragen konnten.» Die Forschenden des Swiss TPH leiteten die Studie in Zusammenarbeit mit zahlreichen Kolleginnen und Kollegen aus der WHO und weiteren Forschungseinrichtungen.
Die Forscherinnen und Forscher schätzten mithilfe mathematischer und statistischer Modelle, wie sich die während der vergangenen 50 Jahre im Rahmen des EPI vorgenommenen Impfungen gegen 14 Krankheitserreger (darunter Masern, Polio und Tuberkulose) regional und global auf die öffentliche Gesundheit ausgewirkt haben. Für die modellierten Krankheitserreger berücksichtigten sie die Abdeckung aller Routine- und Zusatzimpfungen und schätzten die vermiedene Mortalität und Morbidität für jede Alterskohorte.
«Diese Studie ist die bisher umfassendste Analyse der historischen Auswirkungen von Impfungen. Die Sterblichkeitsraten bei Säuglingen und Kindern sind in den letzten 50 Jahren drastisch gesunken, und unsere Ergebnisse zeigen, dass Impfungen der wichtigste Faktor für diesen Fortschritt waren», sagt Dr. Andrew Shattock, leitender wissenschaftlicher Mitarbeiter am Swiss TPH und an der Universität Basel und Erstautor der Studie.
«Wir sollten diesen Erfolg zwar feiern, aber wir müssen uns auch darüber im Klaren sein, dass Krankheiten wie Masern, Tetanus und Tuberkulose weiterhin Menschenleben fordern. Es ist daher von grösster Bedeutung, dass wir weiterhin in die wirksamsten medizinischen Fortschritte investieren, einschließlich bestehender und neuer Impfstoffe», so Shattock.
Dieser Text beruht auf einer Medienmitteilung des Swiss TPH.
Originalpublikation
Andrew J Shattock et al.
Contribution of vaccination to improved survival and health: modelling 50 years of the Expanded Programme on Immunization
The Lancet (2024), doi: 10.1016/S0140-6736(24)00850-X