Löchrige Stickstoff-Graphenbänder für neue Elektronik
Ein Team von Physikern und Chemikern hat erstmals löchrige Graphenbänder hergestellt, bei denen ausserdem bestimmte Kohlenstoffatome des Kristallgitters durch Stickstoffatome ersetzt sind. Diese Bänder besitzen halbleitende Eigenschaften, die sie für Anwendungen in der Elektronik und im Quantencomputing interessant machen, wie Forschende der Universitäten Basel, Bern, Lancaster und Warwick im Fachmagazins «Journal of the American Chemical Society» berichten.
08. Juli 2020
Graphen besteht aus einer einzigen Schicht von Kohlenstoffatomen in wabenartiger Anordnung. Es ist sowohl in der Grundlagenforschung wie auch für verschiedene Anwendungen interessant, da es über besondere Eigenschaften verfügt. So ist Graphen ein hervorragender elektrischer Leiter und besitzt eine erstaunlich grosse Festigkeit und Steifheit. Forschungsteams weltweit sind dabei, die Palette seiner besonderen Merkmale noch zu erweitern, indem sie Kohlenstoffatome des Gitters durch andere Atome ersetzen. Auch durch die Bildung von Löchern im Kristallgitter können sie die elektrischen und magnetischen Eigenschaften modifizieren.
Leiter-ähnliche Struktur
Einem Team von Forschenden um den Physiker Prof. Dr. Ernst Meyer von der Universität Basel und um die Chemikerin Dr. Shi-Xia Liu von der Universität Bern ist es nun erstmal gelungen, Graphenbänder herzustellen, die sowohl periodisch mit Löchern versehen sind wie auch regelmässig Stickstoffatome im Kristallgitter besitzen. Die Struktur des neuen Materials sieht dabei aus wie eine Leiter, wobei jede Sprosse zwei Stickstoffatome enthält.
Die Forschenden synthetisieren diese stickstoffhaltigen, löchrigen Graphenbänder auf einer Silberoberfläche. Sie erhitzen schrittweise die einzelnen Bausteine auf der Oberfläche im Vakuum. Bei Temperaturen von 220°Celsius bilden sich die erwünschten Bänder. Die Wissenschaftler konnten mittels Rasterkraftmikroskopie die einzelnen Syntheseschritte verfolgen und die perfekte Leiterstruktur des Moleküls sowie seine Beständigkeit bestätigen.
Aussergewöhnliche Eigenschaften
Durch tunnelspektroskopische Analysen zeigten die Basler Wissenschaftler vom Departement Physik und Swiss Nanoscience Institute zudem, dass diese neuen Graphenbänder keine elektrischen Leiter mehr sind wie reines Graphen, sondern sich wie Halbleiter verhalten. Theoretische Berechnungen der elektronischen Eigenschaften durch Kollegen der Universitäten Bern und Warwick bestätigten diese Ergebnisse. «Für elektronische Anwendungen sind die halbleitenden Eigenschaften sehr wichtig, da sich ihre Leitfähigkeit spezifisch einstellen lässt», betont Dr. Rémy Pawlak, Erstautor der Studie.
Wie aus der Literatur bekannt, bewirkt eine hohe Konzentration an Stickstoffatomen im Kristallgitter, dass sich die Graphenbänder in einem Magnetfeld magnetisieren. «Wir erwarten aussergewöhnliche magnetische Eigenschaften dieser löchrigen, mit Stickstoff dotierten Graphenbänder», kommentiert Ernst Meyer. «Daher könnten die Bänder in Zukunft für Quantencomputing-Anwendungen von Interesse sein.»
Originalarbeit
Rémy Pawlak, Xunshan Liu, Silviya Ninova, Philipp D’Astolfo, Carl Drechsel, Sara Sang-tarash, Robert Häner, Silvio Decurtins, Hatef Sadeghi, Colin J. Lambert, Ulrich Aschauer, Shi-Xia Liu, and Ernst Meyer
Bottom-up Synthesis of Nitrogen-doped Porous Graphene Nanoribbons
Journal of the American Chemical Society (2020), doi: 10.1021/jacs.0c03946
Weitere Auskünfte
Prof. Dr. Ernst Meyer, Universität Basel, Departement Physik, Tel. +41 61 207 37 24, E-Mail: ernst.meyer@unibas.ch