Tödliche Kombination: Medikamenten-Cocktail dreht Krebszellen den Saft ab
Zusammen mit einem Blutdrucksenker hemmt ein häufig verwendetes Diabetes-Medikament gezielt das Krebswachstum – dies haben Forschende am Biozentrum der Universität Basel vor zwei Jahren entdeckt. In einer Folgestudie, die kürzlich in «Cell Reports» veröffentlicht wurde, berichten die Wissenschaftler nun, dass dieser Medikamenten-Cocktail die Energieversorgung von Krebszellen kappt und sie dadurch abtötet.
11. Dezember 2018
Das oft verschriebene Diabetes-Medikament Metformin senkt nicht nur den Blutzuckerspiegel, sondern hat auch eine krebshemmende Wirkung. Jedoch ist die gängige Dosis zur Behandlung von Diabetes zu niedrig, um das Krebswachstum zu bremsen. Bereits in einer früheren Studie konnte die Gruppe von Prof. Michael N. Hall am Biozentrum der Universität Basel zeigen, dass das blutdrucksenkende Medikament Syrosingopin die krebshemmende Wirkung von Metformin verstärkt.
In einer Folgestudie, die am Biozentrum und bei Basilea Pharmaceutica International AG durchgeführt wurde, haben die Wissenschaftler dieses Phänomen genauer beleuchtet und herausgefunden, dass beide Medikamente zusammen einen wichtigen Schritt in der Energieproduktion blockieren. Der dadurch entstehende Energiemangel treibt die Krebszellen schliesslich in den «Selbstmord».
Medikamenten-Cocktail legt raffinierte Maschinerie still
Krebszellen haben aufgrund ihres gesteigerten Stoffwechsels und schnellen Wachstums einen besonders hohen Energiebedarf. Ein limitierender Faktor ist dabei das Molekül NAD+, welches eine zentrale Rolle bei der Umwandlung von Nährstoffen in Energie spielt. «Um die energieproduzierende Maschinerie ständig am Laufen zu halten, muss NAD+ fortlaufend aus NADH hergestellt werden», erklärt Don Benjamin, Erstautor der Studie. «Interessanterweise verhindern sowohl Metformin als auch Syrosingopin die Regeneration von NAD+, aber auf zwei ganz unterschiedlichen Wegen.»
Wirkungsweise unter die Lupe genommen
Viele Tumorzellen verlagern ihren Stoffwechsel in Richtung Zuckerverbrennung, das heisst, sie gewinnen ihre Energie hauptsächlich durch den Abbau von Glukose zu Laktat. Wenn sich Laktat in der Zelle ansammelt, wird dieser Abbauweg jedoch lahmgelegt. Deshalb schleusen es die Krebszellen mit spezifischen Laktat-Transportern wieder aus der Zelle hinaus. «Wir haben nun herausgefunden, dass Syrosingopin die beiden wichtigsten Transporter ausschaltet und so den Export von Laktat aus der Zelle verhindert», so Benjamin. «Eine hohe Laktatkonzentration in der Zelle wiederum stoppt das Recycling von NAD+.»
Tödliche Kombination
Das Antidiabetikum Metformin blockiert den zweiten Weg der Regeneration von NAD+. Die kombinierte Behandlung mit Syrosingopin führt deshalb zu einem kompletten Verlust der NAD+-Recycling-Kapazität. Der NAD+-Mangel bringt die Zelle letztendlich um, da sie nicht mehr genügend Energie produzieren kann. Die Hemmung von Laktat-Transportern durch Syrosingopin oder andere, ähnlich wirkende Medikamente verbessert die Anti-Krebs-Wirkung von Metformin und scheint damit ein vielversprechender Ansatz zur Krebsbekämpfung zu sein.
Das ehemalige Basler Unternehmen Ciba entwickelte Syrosingopin im Jahr 1958 zur Behandlung von Bluthochdruck. Dass Syrosingopin die beiden wichtigsten Laktat-Transporter blockiert, ist deshalb eine so wichtige Entdeckung, da es für den einen der beiden Transporter (MCT4) derzeit noch keinen geeigneten Hemmstoff gibt. Die Verwendung von Syrosingopin in der Krebstherapie könnte eine zweite Karriere für dieses alte Medikament bedeuten.
Originalbeitrag
Don Benjamin, Dimitry Robay, Sravanth K. Hindupur, Jens Pohlmann, Marco Colombi, Mahmoud Y. El-Shemerly, Sauveur-Michel Maira, Christoph Moroni, Heidi A. Lane, and Michael N. Hall
Dual inhibition of the lactate transporters MCT1 and MCT4 is synthetic lethal with metformin due to NAD+ depletion in cancer cells
Cell Reports (2018), doi: 10.1016/j.celrep.2018.11.043
Weitere Auskünfte
- Prof. Dr. Michael N. Hall, Universität Basel, Biozentrum, Tel. +41 61 207 21 50, E-Mail: m.hall@unibas.ch
- Dr. Don Gary Benjamin, Universität Basel, Biozentrum, Tel. +41 61 207 21 70, E-Mail: don.benjamin@unibas.ch
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