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Schnelle Evolution bei Fischen: Erbgut ändert sich in einer Generation

Basler Forschende haben die genetischen Grundlagen schneller Anpassung am Beispiel einer einheimischen Fischart identifiziert. Dafür verglichen sie Dreichstachlige Stichlinge aus unterschiedlichen Lebensräumen der Bodenseeregion. Die Studie zeigt, dass die Auswahl von genetischen Varianten im Erbgut innerhalb einer einzigen Generation beobachtet werden kann. Die Ergebnisse wurden im Fachblatt «Nature Communications» veröffentlicht.

27. April 2020

Evolution wird gewöhnlich als ein langsamer Prozess verstanden, bei dem Änderungen von Merkmalen erst über Tausende von Generationen auftreten. In den letzten Jahren haben sich jedoch Hinweise verstärkt, dass die Anpassung von gewissen Merkmalen auch durchaus schneller gehen kann. Ausser mit Mikroorganismen gab es bislang allerdings kaum Studien, die empirisch belegen konnten, wie schnell die natürliche Selektion auf die Gesamtheit des Erbguts wirkt.

Ein Forschungsteam um Dr. Daniel Berner vom Departement Umweltwissenschaften der Universität Basel hat nun den Nachweis für die schnelle Evolution innerhalb einer Generation erbracht – am Modell des Dreistachligen Stichlings. Die fünfjährige Studie kombinierte Laborversuche, Feldexperimente, mathematische Modelle und genomische Analysen.

Unterschiedliche Lebensräume: See und Fluss

Im Bodenseegebiet ist der Stichling an ökologisch unterschiedliche Lebensräume angepasst: entweder im See oder Fluss. Um zu untersuchen, wie schnell sich die Anpassung im Erbgut niederschlägt, wurden die See- und die Flussfische zunächst über mehrere Generationen im Labor miteinander gekreuzt. Das Erbgut dieser beiden sogenannten Ökotypen wurde damit durchmischt, sodass eine genetisch diverse Versuchspopulation entstand.

In einem zweiten Schritt entliessen die Forschenden Tausende dieser Versuchsfische in einen natürlichen Flusslebensraum ohne Stichlinge. Die Fische wurden somit der natürlichen Selektion ausgesetzt. Nach einem Jahr wurden die verbleibenden Fische eingefangen und genetisch untersucht.

«Die Hypothese des Experiments war, dass im Flusslebensraum, in welchem sich die Versuchstiere durchsetzen mussten, genetische Varianten der ursprünglichen Flusspopulation häufiger werden», so Berner. «Allerdings war es noch völlig ungewiss, ob dies bereits innerhalb einer einzigen Generation messbar sein würde.»

3000 Versuchstiere wurden in einen Fluss ohne Stichlinge entlassen und so der natürlichen Auslese ausgesetzt. Nach einem Jahr wurden die verbleibenden Fische eingefangen und genetisch untersucht. (Foto: Universität Basel, Dario Moser)
3000 Versuchstiere wurden in einen Fluss ohne Stichlinge entlassen und so der natürlichen Auslese ausgesetzt. Nach einem Jahr wurden die verbleibenden Fische eingefangen und genetisch untersucht. (Foto: Universität Basel, Dario Moser)

Genom-Analyse bestätigt Hypothese

Um mögliche Änderungen im Erbgut zu erfassen, mussten die Forschenden zunächst die DNA-Regionen finden, in denen die Selektion am ehesten stattfinden würde. Dafür verglichen sie die Ursprungspopulationen aus See und Fluss mittels DNA-Sequenzdaten. Dies förderte Hunderte von Regionen im Erbgut zutage, die für die Anpassung an die jeweiligen See- und Flussbedingungen wichtig sind. Darauf wurden die DNA-Sequenzdaten der Versuchspopulation von vor und nach dem Feldexperiment in genau diesen Regionen verglichen, um Veränderungen in der Häufigkeit von genetischen Varianten zu ermitteln.

Das Resultat stützte die Hypothese: Im Durchschnitt erhöhte sich die Häufigkeit der Flussvarianten auf Kosten der Seevarianten um etwa 2,5 Prozent. «Dieser Unterschied mag im ersten Moment gering klingen, ist aber durchaus substanziell, wenn man diesen Faktor auf ein paar Dutzend Generationen hochrechnet», sagt Berner. Das Experiment dokumentiere, dass Evolution sehr zügig und vor unseren Augen ablaufen kann – und das nicht nur bei Mikroorganismen. «Eine solche schnelle Evolution könnte auch anderen Lebewesen helfen, mit den gegenwärtigen, sehr schnellen und vom Menschen versursachten Umweltveränderungen klarzukommen», so der Evolutionsbiologe.


Weitere Auskünfte

Dr. Daniel Berner, Universität Basel, Departement Umweltwissenschaften, Tel. +41 61 207 03 28, E-Mail: daniel.berner@unibas.ch

Bildmaterial

Hochaufgelöstes Bildmaterial zu dieser Medienmitteilung findet sich in der Mediendatenbank.

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