Warum die Grundel die Gewässer der Welt erobern kann
Einer der weltweit am häufigsten eingeschleppten Süsswasserfische, die Schwarzmund-Grundel, weist ein besonders schlagkräftiges Immunsystem auf. Dieses könnte ein Grund für ihre hohe Anpassungsfähigkeit sein. Zu diesem Ergebnis kommen Genomforschungen eines internationalen Biologenteams, die an der Universität Basel koordiniert und in der Zeitschrift «BMC Biology» publiziert wurden.
11. Februar 2020
Gedrungener, gepunkteter Körper, Glubschaugen und ein grosses Maul: Die Schwarzmund-Grundel (Neogobius melanostomus) gehört nicht zu den bildschönsten, aber zu den erfolgreichsten invasiven Fischarten überhaupt. Innert weniger Jahre hat sie sich weltweit rasant verbreitet. In verschiedenen Süss- und Salzgewässern wurde dieser Fisch, eingeschleppt meist über Ballastwasser von Schiffen, inzwischen zur zahlenmässig dominanten Art. Seine ausgeprägten Anpassungsfähigkeiten an neue Umgebungen hängen offenbar mit seinem Immunsystem zusammen, schreiben die Forschenden aufgrund einer Genomanalyse.
Bis 30-mal mehr Entzündungsgene
Dazu wurden von einer aus Basel stammenden Schwarzmund-Grundel besonders lange Genomstücke ausgelesen und zusammengesetzt, die wegen ihrer Länge ein besonders vollständiges Genom ergaben. Analysiert wurden darauf Genfamilien, von denen angenommen wurde, dass sie sich auf die Fähigkeit der Fische beziehen, mit neuen Umgebungen umzugehen. Dabei konnten die Forschenden Erweiterungen in spezifischen Enzymen namens Cytochrom-P450 beschreiben.
Ausserdem fanden die Zoologen, dass bei dem Fisch alle Gene, die bei entzündlichen Abwehrreaktionen zum Einsatz kommen, mehrfach vorhanden sind – und das teilweise um bis zu 30-mal mehr als bei vergleichbaren Arten. Dies könnte der Schwarzmund-Gundel helfen, mit krankheitserregenden Stoffen umzugehen, und damit ihre erfolgreiche Besiedlung der weltweiten Gewässer begünstigen. Was die Spezialisten allerdings noch rätseln lässt: Obwohl die Schwarzmund-Gundeln auch in stark verschmutztem Wasser vorkommen, etwa in Häfen, unterscheiden sie sich in der Entgiftung nicht von anderen Arten.
Kälteres Wasser als in der Heimat
Weiter stiessen die Forschenden bei Schwarzmund-Grundeln auf die genetischen Grundlagen, dass diese Fischart sogenannte Osmolyte – Substanzen, die den osmotischen Zustand beeinflussen – sowohl produzieren als auch anreichern kann. Die Osmolyte helfen den Fischen einerseits dabei, mit Schwankungen im Salzgehalt umzugehen, anderseits aber auch, mit Trockenheit oder Kälte fertig zu werden. Das könnte auch erklären, warum die Schwarzmund-Grundeln auch in der nördlichen Nordsee vorkommen, also in Wassertemperaturen weit unter jenen ihrer angestammten Heimat.
Erstautorin der internationalen Studie mit gegen 20 Forschenden aus Europa und Nordamerika ist Dr. Irene Adrian-Kalchhauser vom Programm Mensch-Gesellschaft-Umwelt MGU der Universität Basel. Neben der Schweiz beteiligt waren auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Schweden, Deutschland, Tschechien, Norwegen, Österreich und Kanada.
Originalbeitrag
Irene Adrian-Kalchhauser, Anders Blomberg, Tomas Larsson, Zuzana Musilova, Claire R. Peart, Martin Pippel, Monica Hongroe Solbakken, Jaanus Suurväli, Jean-Claude Walser, Joanna Yvonne Wilson, Magnus Alm Rosenblad, Demian Burguera, Silvia Gutnik, Nico Michiels, Mats Töpel, Kirill Pankov, Siegfried Schloissnig & Sylke Winkler
The round goby genome provides insights into mechanisms that may facilitate biological invasions
BMC Biology (2020), doi: 10.1186/s12915-019-0731-8
Weitere Auskünfte
Dr. Irene Adrian-Kalchhauser, Universität Basel, Programm Mensch-Gesellschaft-Umwelt, Tel. +41 31 631 24 41, E-Mail: irene.adrian-kalchhauser@vetsuisse.unibe.ch
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