Germanistik-Studium – und dann?
Egal ob Kurzgeschichte oder Roman, Carina Basig schreibt gerne. Da lag ein Studium der Deutschen Philologie nahe. Doch welche Zukunftsperspektiven ergeben sich daraus? In ihrem Gastbeitrag erkundet Carina verschiedene Berufsfelder für Germanistik-Studierende:
Was man denn bitte mit einem abgeschlossenen Germanistik-Studium macht, diese Frage wird mir immer wieder gestellt, und vermutlich bin ich da nicht die Einzige. Wenn ich ehrlich bin, dann stelle ich sie mir manchmal sogar selbst. Die Standardantwort darauf ist Lehrerin, niemand stellt diesen Werdegang in Frage, meist ernte ich dafür ein verständnisvolles Kopfnicken und die Frage ist vom Tisch. Aber auch wenn ich mir selbst durchaus vorstellen kann, in die Pädagogik zu gehen, bietet die Deutsche Philologie noch weit mehr Möglichkeiten. Das Seminar Linguistik in verschiedenen Berufsfeldern bei Dr. Ina Pick und Dr. Mirjam Weder versprach Abhilfe bei dem ewigen Dilemma der Zukunftsperspektiven.
Und dieses Versprechen wurde auch eingehalten, wenn auch vielleicht nicht ganz so, wie wir Studierende das erwartet hatten. Dem ursprünglichen Programm, nämlich dem zweiwöchentlichen Treffen mit Berufstätigen, die ein Germanistikstudium absolviert hatten, kam, wie so vielem anderem auch, Corona in die Quere. Das Seminar musste in digitale Räume verlegt werden, aus persönlichen Treffen wurden zahlreiche Telefonate, Zoom-Sitzungen und Emails. Die Möglichkeiten, sich zu vernetzten und Kontakte zu knüpfen, waren dadurch viel begrenzter, als es der ursprüngliche Plan vorgesehen hatte. Und dennoch bot das Seminar viel Inspiration, direkten Austausch und auch die eine oder andere Überraschung.
So war das allgemeine Interesse an Berufen in der Medienwelt und im Marketing recht gross, bei den beiden angekündigten Berufsschuldozentinnen jedoch etwas geringer. Völlig zu Unrecht, wie sich schnell herausstellen sollte. Ebenso erhielten wir einen direkten Einblick in die Arbeitsräume einiger unserer Gäste, andere liessen uns an ihrem Familienleben teilhaben und beantworteten Fragen nach Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben und natürlich waren auch die Auswirkungen von Lockdown und Homeoffice ein häufiges Thema. Wir bekamen also nicht nur einen Einblick in den Alltag, sondern gewissermassen auch in die Bewältigung einer Krise, den ganz besonderen Herausforderungen jeder Branche und damit auch gleich ein paar Tipps für unsere eigenen Karriere, die gewiss auch nicht immer ganz unproblematisch verlaufen wird.
Detaillierte Einblicke in verschiedene Berufsleben
Gleichzeitig blieb selbstverständlich auch Zeit, dem eigentlichen Ziel des Seminars nachzugehen. Mitarbeitern von Radio SRF, einer grossen Marketingagentur oder einer Sprachlehrerin ehrliche Fragen nach Einstiegshürden, Aufstiegsmöglichkeiten, Arbeitszeiten, den liebsten und mühseligsten Aufgaben in ihrem Beruf und so weiter fragen zu können, bot einen Zugang zum Berufsleben, wie ihn ein Interessenstest oder auch ein Gespräch beim Berufsberater niemals könnten.
Wir durften sehen, wie viele Entwürfe in ein fertiges Datendiagramm fliessen, bis es allen Anforderungen entspricht, was für ein faszinierendes Puzzle ein Radiobeitrag mit Einspielern und Interviewausschnitten ist und was man im Kulturbereich macht, wenn Corona das gesamte Programm über den Haufen wirft. Wie man auch seriös Firmen vertreten kann, hinter deren Machenschaften man vielleicht nicht immer hundert Prozent steht, wie gross die Unterschiede zwischen zwei Newsletter sein können, mit welchen Herausforderungen Sprachlehrende kämpfen, die meist zu Randzeiten arbeiten und dass Unterrichten an einer Berufsschule keineswegs gleich Unterrichten an einer Oberstufe ist. Neben den vielen spezifischen Einblicken und den Tipps, die wir bekommen haben, beeindruckte am Ende sicherlich die Vielzahl an Berufsvarianten, welche die Abgänger des Germanistikstudiums, die meisten von ihnen mit dem Schwerpunkt Sprache und Kommunikation, eingeschlagen haben. Von Langeweile kann da wirklich keine Rede sein!
Erschöpfungsbedingte Durststrecken
Einige von uns hatten sich vermutlich erhofft, dass insbesondere die digitale Version des Seminars wenig Aufwand in Kombination mit einer Art Mini-Schulreise von Beruf zu Beruf sein würde. Dem war aber nicht so, neben den Besuchen der Gäste wurden ihre Berufsfelder und die dafür benötigten Kenntnisse immer wieder in den linguistischen Kontext eingebunden. Damit vermittelte das Seminar nicht nur Einblicke ins Berufsleben, sondern auch konkrete Inhalte. Das Einordnen in die Themen und Bereiche, mit denen wir uns im Studium direkt beschäftigen, zeigte nach den Besuchen der Gäste auch auf, dass so manche Übung, die wir machten und deren Sinn wir manchmal in Frage stellten, keineswegs völlig für die Katz war.
Das Seminar fand jeweils am frühen Abend statt und zusammen mit der ungewohnten Gesprächssituation durch die digitale Durchführung, ergaben sich manchmal auch erschöpfungsbedingte Durststrecken und manchmal gingen uns die Fragen aus. Doch der Einblick in die vielfältigen Möglichkeiten, die ein Studium der Deutschen Philologie bietet, war dennoch überraschend vielseitig und inspirierend. Zukunftsängste ganz zu beseitigen mochte das Seminar zwar nicht, aber zumindest mir verlieh es die Zuversicht, die Frage nach dem späteren Beruf mit einem gelassenen Schulterzucken zu beantworten und darauf zu verweisen, dass die Statistiken für uns Geisteswissenschaftler allgemein nicht so schlecht aussehen. Ob dieser Optimismus gerechtfertigt ist, wird sich aber natürlich erst in ein paar Jahren zeigen.
Du interessierst dich auch für ein Germanistik-Studium? Erfahre mehr über den Bachelor in Deutscher Philologie. Solltest du deinen Bachelor schon in der Tasche haben, könnten folgende Master-Studiengänge spannend für dich sein: Deutsche Philologie, der bereits im Text erwähnte Sprache und Kommunikation oder Deutsche Literaturwissenschaft.
Dieser Artikel erschien 2020 auf dem Beast-Blog der Universität Basel. Er wurde für Campus Stories aktualisiert. Carina schrieb als Gastautorin für den Beast-Blog.