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campus stories
18. Oktober 2022 / Recht , Christin Kunnathuparambil

Kurzpraktikum in einer Kanzlei: ein Erfahrungsbericht

Christin konnte bei ihrem Praktikum wertvolle Erfahrungen sammeln (Bild: Christin Kunnathuparambil).

Bereits während des Jusstudiums können die Student*innen ein Kurzpraktikum als Trainee in einer Kanzlei absolvieren. Auch ich habe im vergangenen August etwas Praxisluft geschnuppert. Hier erzähle ich euch, wie es mir bei der Suche ergangen ist und was ich alles erleben konnte.

Das Jusstudium besteht grösstenteils aus Falllösungen, Literatur und schriftlichen Arbeiten. Verglichen mit anderen Fachbereichen haben wir weniger Kontakt mit der Praxis während des Studiums, da wir keine Laborarbeit oder studiengebundene Praktika haben. In den Vorlesungen sind die Momente mit der meisten Praxis diejenigen, in denen es um Bundesgerichtsentscheide oder Vorfälle aus der Zeitung geht.

KSCP

«Kaiser Simmen Cattin Partner – Rechtsanwälte und Notare» zählt zu den grössten Anwaltskanzleien in der Region Solothurn und hat ihre Standorte in Solothurn, Grenchen und Olten. Die Anwält*innen beraten und vertreten ihre Klientschaft in diversen Fachgebieten wie etwa dem Familien-, Erb- oder Sachenrecht. Aber auch das Strafrecht und das internationale Recht gehören unter anderem zu ihren Tätigkeitsfeldern.

Ich hatte die Gelegenheit, verschiedenen Anwält*innen unter die Arme zu greifen und so hautnah mitzubekommen, was es heisst, Anwält*in zu sein. Falls auch du Jus studierst und dich nun ein Praktikum interessiert, dann kannst du dich hier über sie informieren.

Abwarten oder Pendeln

Ich habe das Praktikum in Solothurn absolviert und das bedeutete für mich, täglich insgesamt vier Stunden zu pendeln. «Hat sie denn nichts in Basel finden können?» ist sicherlich nun eure Frage. Um ehrlich zu sein: Nein, in Basel gab es für mich keine Praktikumsmöglichkeit.

Entweder waren es alles nur Absagen oder eine der Voraussetzungen war, bereits den Bachelor abgeschlossen zu haben. Anfangs war ich demotiviert, aber dann bewarb ich mich für Stellen in den benachbarten Kantonen und wurde schon nach kurzer Zeit von KSCP kontaktiert.

Beim Vorstellungsgespräch nahmen sich meine Gesprächspartner*innen viel Zeit für mich und ich hatte einen sehr angenehmen Eindruck von der Kanzlei. So zögerte ich nicht lange und sagte für die Stelle zu.

Raus aus der Komfortzone

Wenn ich eines gelernt habe, dann ist es aus seiner Komfortzone hinauszutreten. Ich hatte die Wahl abzuwarten, bis ich den Abschluss in der Tasche habe und dann in Basel etwas zu suchen oder das Pendeln für eine kurze Dauer auf mich zu nehmen und dafür keine wertvolle Zeit zu vergeuden. Ich entschied mich für Letzteres und bereue es keineswegs.

Im Studium habe ich zwar gelernt mit Gesetzen, Literatur und Gerichtsentscheiden umzugehen, aber ich hatte noch überhaupt keine Erfahrung, reale Fälle zu bearbeiten. Hier wurde ich von Tag 1 an in die Fälle involviert. Unter anderem durfte ich schriftliche und telefonische Abklärungen bei Behörden machen, mich in Klientenakten einlesen und Chronologien anfertigen, Einzelfragen recherchieren, Memoranden schreiben oder bei Gerichtsverhandlungen dabei sein und Klientengespräche protokollieren.

Fächerwissen anwenden und Zeitmanagement lernen

Ich konnte sehr viel davon profitieren, dass die Kanzlei einen Schwerpunkt im Zivilrecht hat. So war es mir möglich, Fächerwissen aus dem Bachelorstudium wie Erbrecht, Familienrecht, Strafrecht und Sachenrecht erstmals anzuwenden. Wenn man bedenkt, dass ich all das nur in vier Wochen erleben durfte, so waren es durchaus sehr lehrreiche Wochen, die mein Fachwissen um einiges erweitert haben.

Ich weiss nun, wie viel Zeitmanagement und Überblick abverlangt wird, aber auch wie es sich anfühlt, etwas für die Klientschaft erreicht zu haben. Genau deswegen habe ich mich für ein Studium der Rechtswissenschaften entschieden. Auch wenn es oft lange Tage sein können, am Ende ist es umso schöner, etwas für die Klienten erreicht zu haben und in scheinbar aussichtslosen Situationen eine Hilfe gewesen zu sein.

Das Praktikum endete mit einem Abschlussgespräch, bei dem ich Feedback bekam und Tipps zur Verbesserung für meine weitere berufliche Laufbahn. Ausserdem erhielt ich eine Arbeitsbestätigung, um meine Bewerbungsunterlagen zu ergänzen.

Stellensuche und Tipps

Diejenigen unter euch, die schon Erfahrungen mit der Stellensuche haben, wissen, dass es nicht immer einfach ist, wenigstens auf ein Interview eingeladen zu werden. Oftmals fühlt man sich, als hätte man nicht beweisen können was man eigentlich kann oder wie sehr man diese Stelle möchte.

Mittlerweile habe ich realisiert, dass es völlig normal ist, häufig Absagen zu erhalten und es überhaupt nichts dazu aussagt, wer ich bin oder was ich kann. Damit aber die Suche etwas weniger stressig verläuft, kannst du dir einige Sachen im Voraus zurechtlegen. Vor allem solltest du alle nötigen Unterlagen wie den CV und die aktuellsten Zeugnisse und Diplome griffbereit halten.

Los, sucht euch ein Praktikum!

Ich kann wirklich jedem empfehlen, in den Semesterferien Praktika zu absolvieren, weil die Zeit wertvoll ist. Nicht nur Noten sind ausschlaggebend. Oft kannst du unzufriedene Leistungen mit Berufserfahrung verschönern. Egal, wie viel Bücher du verschlingst: Die Materie bekommst du am Besten in der Praxis vermittelt.

An der juristischen Fakultät kannst du dir so ein Praktikum auch mit Kredits anrechnen lassen. Um zu wissen, wie es bei deiner Fakultät organisiert ist, nimmst du am besten hier direkt Kontakt auf.

Aber nicht nur für deine Creditsammlung, auch zwischenmenschlich gesehen sind Praktika sehr empfehlenswert. So vergrösserst du nicht nur dein berufliches Netzwerk, sondern findest auch die ein oder andere Freundschaft.

Christin Kunnathuparambil

Früh war Christin klar, dass sie etwas machen will, mit dem sie anderen helfen kann. Im Jurastudium merkte sie dann, dass sie zwar sehr viel Literatur lesen muss, aber auch oft diskutiert wird – ganz zu ihrer Freude. Wenn sie nun doch einmal die Nase voll von den vielen hundert Seiten hat, dann entspannt sie sich gerne bei einem guten Film, gemütlich bei Freunden, in der Welt der Kunst oder beim Reisen in ferne Länder oder in ihre Heimat Indien.

Christin Kunnathuparambil
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