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Wettlauf über Jahrmillionen erhält genetische Vielfalt

Wasserfloh mit und ohne Parasiten
Im gesunden Wasserfloh der Art Daphnia Magna (links) sind deutlich Eier sichtbar. Der infizierte Wasserfloh rechts der gleichen Art wurde durch den Parasiten kastriert und bildet keine Eier mehr. Die Infektion erkennt man auch daran, dass der infizierte Wasserfloh undurchsichtig wird. Man sieht zum Beispiel den Darm (grüner Schlauch) nicht mehr. (Foto: Universität Basel, Jason Andras)

Variationen im Erbgut ermöglichen dem Wasserfloh, sich gegen das Eindringen eines Parasiten zu wehren. Woraufhin sich der Parasit wiederum anpassen muss. Diese Schleife der Koevolution läuft schon seit mindestens 15 Millionen Jahren, wie Forschende der Universität Basel nachgewiesen haben.

30. Juli 2024 | Yvonne Vahlensieck

Wasserfloh mit und ohne Parasiten
Im gesunden Wasserfloh der Art Daphnia Magna (links) sind deutlich Eier sichtbar. Der infizierte Wasserfloh rechts der gleichen Art wurde durch den Parasiten kastriert und bildet keine Eier mehr. Die Infektion erkennt man auch daran, dass der infizierte Wasserfloh undurchsichtig wird. Man sieht zum Beispiel den Darm (grüner Schlauch) nicht mehr. (Foto: Universität Basel, Jason Andras)

Wirte und ihre Parasiten befinden sich in einem dauernden Wettstreit: Dank genetischer Diversität kann sich der Wirt so verändern, dass eine Infektion nicht mehr möglich ist. Allerdings passt sich der Parasit dann schnell an – und das Spiel beginnt von vorne. Nach dem Charakter der Roten Königin im Buch «Alice im Wunderland» − die ständig rennt und trotzdem auf der Stelle tritt − wird dies in der Evolutionsbiologie auch als das «Red Queen Modell» bezeichnet.

Solche Prozesse können über viele Millionen Jahre ohne Unterbruch ablaufen, wie eine Forschungsgruppe am Departement Umweltwissenschaften der Universität Basel in der Fachzeitschrift Nature Communication nun berichtet. Dies ist ein wesentlich längerer Zeitraum als bisher geglaubt. Das Team um Prof. Dr. Dieter Ebert verglich für die Studie das Erbgut von millimetergrossen Wasserflöhen, die von einem parasitären Bakterium befallen werden.

Der Parasit dringt in den Darm der Wasserflöhe ein und heftet sich dort an die Schleimschicht. Der Wasserfloh kann eine Infektion abwehren, indem er Moleküle, die diesem Schleim anhaften, verändert. Daraufhin passt der Parasit seine Oberfläche an die veränderte Schleimstruktur an und hat kurzzeitig wieder die Nase vorn. Dieser Prozess der Koevolution sorgt dafür, dass im Wasserfloh immer mehrere genetische Varianten für Oberflächenmoleküle erhalten bleiben und sich nie eine einzelne durchsetzen kann.

Noch tiefer in die Vergangenheit blicken

Bislang konnten die Forschenden diese Koevolution zwischen Wasserfloh und Parasit bis vor die letzte Eiszeit vor etwa 100‘000 Jahren zurückverfolgen. «Jetzt haben wir noch einmal einen Riesensprung gemacht und konnten zeigen, dass der Prozess mindestens 15 Millionen, vielleicht sogar 70 Millionen Jahre zurückgeht», sagt Dieter Ebert. Besonders erstaunlich: Der Prozess fand ohne Unterbruch statt, obwohl sich die Lebensbedingungen auf der Erde in diesem Zeitraum mehrmals dramatisch verändert haben. «Wir sprechen nicht von ein oder zwei Grad Temperaturunterschied, sondern von Schwankungen von mehr als zehn Grad und mehreren Eiszeiten.» Möglicherweise überstand der Prozess sogar den Meteoriteneinschlag, der für das Aussterben der Dinosaurier verantwortlich gemacht wird.

Für den Nachweis nutzte das Forschungsteam drei verschiedene Arten von Wasserflöhen, die in Europa und Asien im Freiland gesammelt wurden. Eine Verwandtschaftsanalyse zeigte, dass die Aufsplittung dieser Arten vor mindestens 15 Millionen Jahren stattfand. Trotzdem waren alle anfällig für das gleiche parasitäre Bakterium.


Originalpublikation

Luca Cornetti, Peter D. Fields, Louis Du Pasquier und Dieter Ebert
Long-term balancing selection for pathogen resistance maintains trans-species polymorphisms in a planktonic crustacean.
Nature Communications (2024), doi: 10.1038/s41467-024-49726-8

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