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Forschen im Dienste der Nachhaltigkeit (01/2015)

Europa und die Welt im Blick

Julia Konstantinidis

Ralph Weber überschreitet gerne Grenzen. Als Assistenzprofessor für European Global Studies am Europainstitut schaut er über die Schweiz und Europa hinaus.

Ralph Weber, Assistenzprofessor für European Global Studies am Europainstitut Basel.
Ralph Weber, Assistenzprofessor für European Global Studies am Europainstitut Basel. © Universität Basel, Basile Bornand

An sein Büro am Basler Europainstitut (EIB) musste sich Ralph Weber, seit vergangenem Dezember Assistenzprofessor für European Global Studies, zuerst gewöhnen. Untergebracht ist es im ersten Stock einer Villa mit Umschwung im Basler Gellert-Quartier. Mit antiken Möbeln, Wänden in zartem Hellblau und Blick in den herrschaftlichen Garten geht diesem Arbeitsplatz die typisch funktionale universitäre Atmosphäre ab. Doch die unerwartete Arbeitsumgebung passt zu ihm. Denn Weber geht auch in seiner Arbeit eigene Wege: Der promovierte Politikwissenschaftler hat seine Habilitation über eine Philosophie des Vergleichs an der philosophischen Fakultät in Zürich eingereicht und erforscht unter anderem die chinesische Politik.

Blick über Europa hinaus

Schon während seines Studiums in St. Gallen beschäftigte sich der Ostschweizer mit der politischen Philosophie, einem Teilgebiet der Politikwissenschaften. Seit Weber im Austauschjahr am Institut des Hautes Études Internationales et du Dévelopement in Genf einen Kurs zur chinesischen Geschichte belegte, hat ihn der Ferne Osten nicht mehr losgelassen. «Ich lernte Chinesisch und machte mich mit sinologischer Forschung vertraut, sodass ich heute verantwortungsvoll über China schreiben kann, jedoch ohne den Anspruch zu erheben, damit Sinologie zu betreiben.» Der Blick über den europäischen Tellerrand hinaus wurde dem 40-Jährigen quasi in die Wiege gelegt. «Ich bin als Kind von Schweizern in Südafrika geboren. Später, zurück in der Schweiz, wurde ich oft auf das Apartheitregime in meinem Geburtsland angesprochen. Deshalb habe ich mich schon früh mit nicht europäischen politischen Sachverhalten auseinandergesetzt.»

Webers Schwerpunkte liegen unter anderem bei der Erforschung politischer Philosophie in China, deren intellektuelle Diskurse oft im Spannungsfeld mit der Kommunistischen Partei (KP) des Landes stattfinden. So interessiere es ihn etwa, in welchem Kontext die heutigen, von der KP gelenkten Forschungen stattfänden: «Bei gewissen Deutungen der Philosophie, etwa des Konfuzianismus, stellt sich die Frage, welche Ziele die Partei damit verfolgt. Oft sind es instrumentelle, politische.» Die Probleme in China seien mitunter ähnlich wie in Europa – der Schutz der Umwelt, die friedliche Koexistenz verschiedener Religionen beispielsweise. Auch die chinesische Philosophie unterscheide sich nicht zwingend so grundlegend von der europäischen, wie das oft angenommen werde.

Professur mit viel Freiheit

Mit seiner interdisziplinären und kulturübergreifenden Arbeitsweise ist Ralph Weber für eine Tätigkeit am Europainstitut wie geschaffen. Zumal das EIB mit der Fokussierung auf die European Global Studies eine Neuorientierung verfolgt. «Gerade wenn man sich für Europa interessiert, muss man auch auf den Rest der Welt schauen», ist Weber überzeugt. Sein Lehrangebot widerspiegelt die internationale Ausrichtung: «Einführung in die interkulturelle Philosophie», «Probleme der Eurozentrismuskritik» oder «Lokale Experimente in der Volksrepublik China im Spiegel der politischen Theorie» heissen Kurse und Seminare, die Weber anbietet. «Der Bereich der European Global Studies befindet sich noch im Aufbau und dass ich daran beteiligt sein kann, macht meine Arbeit umso spannender», freut sich der Wissenschaftler. Ralph Weber sprüht vor Begeisterung, wenn er über seine Forschung spricht: «Diese Professur gibt mir viele Freiheiten.»

Allerdings sei es manchmal schwierig, diesen 24-Stunden- Job mit dem Privatleben zu vereinbaren, so der Vater von zwei Kindern. Doch den Austausch mit den Institutskolleginnen und -kollegen aus Fächern wie der Rechtswissenschaft oder der Geschichte möchte er nicht missen – auch im Sinne einer Quelle für korrigierende und letztlich die Arbeit fördernde Selbstzweifel. «Dies ist sehr bereichernd für mich.»

Ralph Weber

wurde 1974 in Johannesburg (Südafrika) geboren und studierte Staatswissenschaften an der Universität St. Gallen sowie am Institut de Hautes Études Internationales et du Développement in Genf. Darauf folgten Studienaufenthalte an der Universität Hawai’i in Manoa und an der Peking-Universität. In der Folge war Weber Assistent am Lehrstuhl für Politikwissenschaft (Prof. Roland Kley) an der Universität St. Gallen, wo er 2007 promovierte. Von 2008 bis 2014 arbeitete er am Universitären Forschungsschwerpunkt Asien und Europa an der Universität Zürich, unter anderem an seiner Habilitation über eine Philosophie des Vergleichs. Seit Dezember 2014 ist Weber Assistenzprofessor für European Global Studies am Europainstitut der Universität Basel.

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