Psychiatrische Pflege ist wenig erforscht.
Text: Micheal Ketzer, Pflegewissenschaftler*
Michael Ketzer wünschte sich einen Beruf, der mit Menschen zu tun hat. Nach mehreren Jahren im Pflegeberuf erforscht er nun, was Qualität in der Pflege ausmacht und fördert.
Erstmals in der Pflege tätig war ich im Rahmen meines Zivildiensts. Ich finde diese Arbeit sehr sinnstiftend und unmittelbar. Dennoch habe ich mich für ein VWL-Studium entschieden, doch mir fehlte der Kontakt mit den Menschen. Nach dem Bachelorabschluss absolvierte ich daher ein Praktikum in einem Krankenhaus und machte anschliessend die Ausbildung zum Pflegefachmann. Nach mehreren Jahren im Pflegeberuf machte ich an der Universität Basel einen Master in Pflegewissenschaften.
Seit 2023 arbeite ich an meiner Dissertation im Bereich der Versorgungsforschung mit dem Fokus aufs Personal. Die Personalausstattung in der Pflege ist oft prekär, das abzubilden ist allerdings schwierig.
Aus eigener Erfahrung weiss ich, wie fordernd der Pflegeberuf ist. Die Arbeit im Schichtdienst macht es schwer, Arbeit und Privatleben unter einen Hut zu bringen. Wenn Schichten unterbesetzt sind, verschärft das die Situation für das Personal zusätzlich, weil die Arbeitsbelastung weiter zunimmt. In der Folge sind die Patientinnen und Patienten weniger gut betreut.
In meiner Doktorarbeit möchte ich die Pflegequalität sichtbar machen und aufzeigen, wo diese infolge Personalknappheit leidet – und welche Konsequenzen das hat. Meine Analysen sollen Grundlagen liefern, auf denen Politikerinnen und Betriebsleiter von Gesundheitseinrichtungen die Arbeitsbedingungen von Pflegenden verbessern können. Das dient auch den Patientinnen und Patienten und schliesslich dem ganzen System. Das mag zunächst abstrakt klingen, doch früher oder später wird es für alle von uns konkret, wenn wir direkt oder indirekt davon betroffen sind, dass nicht genügend Pflegepersonal da ist. Menschen kommen durch unterbesetzte Schichten zu Schaden und das verursacht menschliche und gesellschaftliche Kosten.
Obwohl ich selber nicht aus der psychiatrischen Pflege komme, analysiere ich für die Diss Daten aus diesem Bereich. Das bietet sich an, weil dieses Feld noch zu wenig erforscht ist, was auch mit der Stigmatisierung psychischer Erkrankungen zusammenhängt.
Es macht mir grossen Spass, mit den Daten zu arbeiten. Da steckt so vieles drin, sie liegen aber oft brach. Das macht mich neugierig. Derzeit arbeite ich vor allem in der Forschung und nicht direkt mit Patientinnen und Patienten. Das kann sich aber wieder ändern, abhängig davon, welche Möglichkeiten sich bieten.
*Aufgezeichnet von Noëmi Kern
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