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Hell und Dunkel. (02/2024)

Das Sonnenvitamin.

Text: Ori Schipper

In der Schweiz leiden die meisten an einem saisonalen Vitamin-D-Mangel. Lässt er sich besser mit Tröpfchen, mit Tabletten oder mit Kapseln beheben?

weisses Bild von Vitamin-D-Präparaten
(Bild: SUAN Conception Design GmbH)

In unseren Breitengraden sind praktisch alle von diesem Problem betroffen: Weil die Sonne im Winter tief steht und ihre Strahlen die Atmosphäre deshalb schräg durchqueren, wird ihr Licht stark gefiltert. Dadurch reicht die einfallende UV-B-Strahlung nicht aus, um in unserer Haut die Reaktion anzustossen, bei der Vitamin D entsteht.

Wenn die Knochen weich werden.

«In der Schweiz weist deshalb ein Grossteil der Bevölkerung gegen Februar und März einen ausgeprägen Vitamin-DMangel auf», sagt der Pharmazeut Jean-Pierre Rothen. Er erklärt, dass Vitamin D aus historischen Gründen so heisst, aber streng genommen gar kein Vitamin ist, weil es vom Körper hergestellt werden kann.

Ohne UV-B-Strahlung entwickelt sich allerdings ein Defizit, das unter anderem den Kalzium-Stoffwechsel im Körper beeinflusst. «Mit der Zeit werden die Knochen weich wie Gummi», sagt Rothen.

Darüber hinaus könnte Vitamin-D-Mangel auch eine Rolle bei Diabetes, Krebs und verschiedenen Autoimmunerkrankungen spielen. Daher empfehlen Fachleute, den Vitamin-D-Spiegel im Winter mit entsprechenden Präparaten aufzubessern.

Wie fördert man Therapietreue?

Rothen geht als Mitglied der Forschungsgruppe «Pharmaceutical Care» an der Universität Basel der Frage nach, wie sich Patientinnen und Patienten motivieren lassen, Medikamente so wie verschrieben einzunehmen. «Wie mehrere Untersuchungen zeigen, ist das nur bei der Hälfte aller Medikamente der Fall», sagt Rothen.

Bis vor wenigen Jahren fassten Fachleute dieses Problem unter dem Begriff «compliance» zusammen, etwa im Sinne von «Einhaltung». Doch der Begriff verweise auf ein «paternalistisches Weltbild, wo die Patientin oder der Patient die Anweisungen der Ärzteschaft zu befolgen hat», meint Rothen. Er spricht daher lieber von «adherence», also «Therapietreue», da medizinische Entscheide heute oft von Fachpersonen und Betroffenen gemeinsam gefällt würden.

Im Kern geht es den Forschenden also um die Frage, welche Faktoren die Therapietreue beeinflussen. Vitamin D ist für diese Fragestellung gut geeignet, weil es mehrere Präparate gibt, die in der Schweiz zugelassen sind: in Form von unterschiedlich dosierten Kapseln oder Tabletten oder in Tröpfchen einer öligen oder alkoholischen Lösung. «Allerdings sind das schmierende Öl und der hochprozentige Alkohol nicht sehr beliebt», sagt Rothen.

Lieber einmal pro Monat.

Weil Vitamin D eine Halbwertszeit von mehreren Wochen hat, ist der Vitamin-D-Blutspiegel bei Personen, die die Substanz täglich, wöchentlich oder gar nur monatlich zu sich nehmen, vergleichbar. Doch wie Rothen und sein Team herausgefunden haben, bevorzugen es die meisten der untersuchten Erwachsenen, Vitamin D nur einmal pro Monat zu sich zu nehmen.

Rothen hat diese Erkenntnis in die Praxis übertragen: Er hat neben seiner Teilzeitanstellung an der Universität Basel ein Unternehmen gegründet, das Kapseln mit Monatsdosierungen entwickelt.

Kürzlich hat Rothen in Zusammenarbeit mit Fachpersonen am universitären Bauchzentrum Clarunis zudem eine weitere Studie lanciert. Sie prüft, ob die Einnahme von Vitamin-D-Kapseln während des Winterhalbjahrs die Entzündung im Darm von Personen mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen lindern kann. «Die Studie ist noch am Laufen», sagt Rothen. Mit Ergebnissen rechnet er im kommenden Jahr. Die Geschichte vom Vitamin, das eigentlich keines ist, wird also fortgesetzt.


Weitere Artikel in dieser Ausgabe von UNI NOVA (November 2024).

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