Wie sieht die Zukunft des Geldes aus, Aleksander Berentsen?
Text: Aleksander Berentsen
Im Zeichen der Digitalisierung verändert sich die Geldwirtschaft derzeit rasant. Bargeld, wie wir es kennen, wird verschwinden. Doch was sind die Folgen davon?
Es lässt sich bereits heute mit Sicherheit sagen, dass zukünftiges Geld virtuelles Geld sein wird. Für den Menschen bedeutet dies, dass physisches Geld – also Bargeld – verschwinden wird. Bezahlt wird in Zukunft nur noch mit Handy, Smart Watch oder anderen Gadgets. Eigentlich ist dies schade, denn Bargeld hat viele wünschenswerte Eigenschaften, die nicht durch virtuelles Geld imitiert werden können. Bargeld wird durch ein physisches Objekt repräsentiert, meist durch eine Münze oder einen Schein. Der Besitzer einer Bargeldeinheit ist automatisch der Eigentümer der Werteinheit. Dadurch sind die Eigentumsrechte an den Bargeldeinheiten, die frei in der Ökonomie zirkulieren, immer eindeutig bestimmt, ohne dass jemand Buch führen muss. Zudem können die beteiligten Personen anonym bleiben und benötigen keine Erlaubnis, um Bargeld zu verwenden.
Im Gegensatz dazu hat virtuelles Geld keine physische Repräsentation. Es existiert nur als Aufzeichnung in einer Buchhaltung. Bei einer Bezahlung wird die Buchhaltung angepasst, indem dem Käufer der Zahlungsbetrag abgezogen und dem Verkäufer gutgeschrieben wird. Damit eine virtuelle Währung funktioniert, muss zu jedem Zeitpunkt eindeutig festgelegt sein, wie viele Geldeinheiten es gibt und wie neue Einheiten entstehen. Zudem braucht es einen Konsensmechanismus, der sicherstellt, dass sich die Teilnehmer zu jedem Zeitpunkt über die Besitzstände der virtuellen Geldeinheiten einig sind.
Es gibt im Wesentlichen zwei Technologien, wie ein Konsens über diese Eigentumsrechte erzielt werden kann: entweder zentral oder dezentral. In einem klassischen elektronischen Zahlungssystem führt eine zentrale Instanz – in der Regel eine Bank – Konten für Käufer und Verkäufer. Zentralisierte Zahlungssysteme haben aber zahlreiche Nachteile: Es werden viele Daten über die Benutzer gesammelt, und ein Nutzer kann jederzeit ausgeschlossen werden. Ebenso kann jederzeit auf das Konto der Benutzer zugegriffen werden – was in Ländern mit zweifelhaften Rechtssystemen nur allzu oft vorkommt.
Bitcoin ist das erste funktionierende virtuelle Geld, bei dem die Eigentumsrechte an den verschiedenen Geldeinheiten dezentral verwaltet werden. Es gibt keine zentrale Instanz, keinen Chef und auch keine Leitung – und trotzdem funktioniert es. Die Bitcoin-Blockchain ist die dezentral bewirtschaftete Buchhaltung in diesem Zahlungssystem. Es würde hier zu weit führen, diesen Mechanismus im Detail zu erklären. Es sollte aber klar sein, dass die dezentrale Verwaltung von digitalem Eigentum eine fundamentale Innovation darstellt. Die Anwendungsmöglichkeiten sind bereits heute zahlreich, und zukünftige Verwendungen sind nicht abschätzbar.
Wie werden neue Bitcoins geschaffen? Sie entstehen durch einen Prozess, der in Analogie zum Schürfen von Gold «Mining» genannt wird. Wie der Urknall quasi aus dem Nichts Gold geschaffen hat, entstehen auch Bitcoins aus dem Nichts. Damit nicht zu viele Bitcoins erschaffen werden, haben die Entwickler vorgesehen, dass die «Miner» komplexe mathematische Probleme zu lösen haben. Das System ist ausserdem derart kalibriert, dass zurzeit im Schnitt alle zehn Minuten 12,5 neue Geldeinheiten entstehen. Falls es jemanden stört, dass Bitcoins aus dem Nichts erschaffen werden, möchte ich nur kurz erwähnen, dass dies beim heutigen Franken auch nicht anders ist: Auch die Schweizerische Nationalbank schafft neues Geld aus dem Nichts – und bis anhin sind wir gut damit gefahren.
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