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Älter werden (02/2018)

Goethes «Faust»: Gefährlicher Teufelspakt.

Text: Anne Spang

Mein Buch: Die Biologin Anne Spang empfiehlt «Faust» von Johann Wolfgang von Goethe.

Anne Spang, Professorin für Biochemie und Zellbiologie am Biozentrum der Universität Basel. (Bild: Universität Basel, Andreas Zimmermann)
Anne Spang, Professorin für Biochemie und Zellbiologie am Biozentrum der Universität Basel. (Bild: Universität Basel, Andreas Zimmermann)

Goethes «Faust» begleitet mich seit dem Gymnasium, wo er Pflichtlektüre war. So stammt denn auch mein Exemplar aus der Schulzeit, ein kleines, gelbes Reclamheftchen, abgegriffen und mit Gebrauchsspuren und Kommentaren – nicht nur auf den Text bezogen –, von meinen beiden älteren Brüdern. Aber es kommt auf den Inhalt an und nicht auf das Aussehen. Mir geht es bei «meinem ‹Faust›» nicht so sehr um bestimmte Textstellen, sondern um die Emotionen.

Mein Antrieb und meine Energie sind gut zusammengefasst in «Dass ich erkenne, was die Welt / Im Innersten zusammenhält». Ich will verstehen und kann mich mit Faust und seinem Streben identifizieren. Auf dem Weg der Erkenntnis gibt es Seitenschauplätze, Glück und Hindernisse, die nicht unbedingt mit Fähigkeiten zu tun haben.

Um in der Wissenschaft seine eigenen Ideen umzusetzen, gilt es erfolgreich zu sein: erst sehr gute Noten, um bei den Besten lernen zu dürfen, dann exzellente Publikationen. Diese verhelfen zu Geldern und Reputation, was für viele Forschende Lebensglück bedeutet. In einem solchen Dilemma ist auch Faust: «Habe nun, ach! Philosophie, / Juristerei und Medizin, / Und leider auch Theologie! / Durchaus studiert, mit heissem Bemühn. / Da steh ich nun, ich armer Tor! / Und bin so klug als wie zuvor.» Er will viel und kommt doch nicht voran, möchte Lebensglück und schliesst deswegen einen Pakt mit dem Teufel. Der Pakt mit dem Teufel, den zum Glück nur sehr wenige Forschende schliessen, heisst, die Wissenschaft zu verraten und etwa Daten zu fälschen, um besser und schneller publizieren zu können.

Der Zaubertrank, der zur Verjüngung führt, das sind in diesem Fall Publikationen in angesehenen Zeitschriften. Damit erhöht sich auch der Reiz für junge, strebende Forscher, sich verführen zu lassen und unsauber zu arbeiten. Aber irgendwann kommt es immer ans Licht!

Der «Faust» ist für mich eine stete Mahnung, die wissenschaftliche Integrität hochzuhalten und mich nie auf Abwege zu begeben. Vor allem in Zeiten, in denen meine Experimente nicht immer funktioniert haben, aber auch heute. Ich versuche, den wissenschaftlichen Nachwuchs zu sauberem Arbeiten anzuhalten und Integrität vorzuleben. Das ist auch ein Teil meines Lebensglücks – ganz ohne Pakt mit dem Teufel.

Anne Spang ist seit 2005 Professorin für Biochemie und Zellbiologie am Biozentrum der Universität Basel. In ihren Arbeiten in der Grundlagenforschung untersucht sie Prinzipien der Organisation im Innern von Zellen und dabei unter anderem molekulare Transportprozesse von Proteinen und Boten-RNA.

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