Globalisierung ohne Einfluss auf Arbeitslosigkeit in der Schweiz
Die Befürchtung, dass Globalisierung und internationaler Handel zu höheren Arbeitslosenzahlen führen, lässt sich widerlegen – zumindest für die Schweiz. Wirtschaftswissenschaftler der Universität Basel fanden bei 33'000 Beschäftigten im schweizerischen Industriesektor keinen Zusammenhang zwischen vermehrten Importen und dem Risiko, arbeitslos zu werden. Ihre Resultate haben sie in der Zeitschrift «Swiss Journal of Economics and Statistics» veröffentlicht.
12. Juni 2018
Der internationale Handel trägt über die Spezialisierung auf allen Stufen viel zum hohen Einkommen bei, besonders in kleinen Volkswirtschaften wie der Schweiz. Er verlangt aber auch eine hohe Anpassungsfähigkeit von Unternehmen und Beschäftigten, da sich Veränderungen auf den Weltmärkten und in den Technologien rasch auf die einzelnen Volkswirtschaften auswirken können. In den USA etwa sanken seit den 1990er-Jahren die Löhne der niedrig im Vergleich zu den hoch qualifizierten Arbeitskräften. Eine solche «Lohnschere» war in der Schweiz bisher nicht zu beobachten.
Risiko nicht tangiert
Anders sehen dagegen die Zahlen zur Arbeitslosigkeit aus: Wie Dr. Lukas Mohler, Prof. Dr. Rolf Weder und Dr. Simone Wyss von der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Basel zeigen, nahm in der Schweiz von 1990 bis 2015 die Arbeitslosigkeit von niedrig im Vergleich zu hoch Qualifizierten zu – und zwar stärker als in allen anderen OECD-Ländern. Sie fragten sich, ob diese Entwicklung etwas mit der höheren Globalisierung zu tun haben könnte. Nein, lautete das Resultat: Die ökonometrische Analyse von 33‘000 Individuen in verschiedenen Branchen des schweizerischen Industriesektors von 1991 bis 2008 wies keine Beziehung zwischen zunehmender Importkonkurrenz und dem individuellen Arbeitslosigkeitsrisiko auf.
Die Forschenden hatten sich auf das Risiko eines Individuums konzentriert, arbeitslos zu werden – und dabei speziell auf die Frage, ob dieses Risiko erhöht wird, wenn jemand in einer Branche beschäftigt ist, die mit einer zunehmenden Importkonkurrenz konfrontiert wird. Sie fanden keinen statistisch signifikanten Zusammenhang zwischen dem internationalen Handel und dem individuellen Arbeitsrisiko. Dies galt auch dann, wenn verschiedene Spezifikationen, Handel mit dem Norden und dem Süden, Handel von Fertig- und Zwischenprodukten und unterschiedliche Schätzmethoden berücksichtigt wurden.
«Arbeitsmarkt funktioniert gut»
Die Analyse der Forschenden der Universität Basel bestätigt aber, dass niedrig qualifizierte Arbeitskräfte generell ein höheres Arbeitslosigkeitsrisiko haben – dies sind Beschäftigte mit lediglich einem obligatorischen Schulabschluss und einer Ausbildung «on the job» sowie wer in Teilzeit oder auf der Basis eines befristeten Vertrags arbeitet. Der internationale Handel beeinflusste dieses Risiko aber nicht.
«Der schweizerische Arbeitsmarkt scheint also gut zu funktionieren und die Veränderungen im Weltmarkt bisher gut zu verdauen», kommentiert Weder die Ergebnisse. Die beobachtete Zunahme der Arbeitslosigkeit bei den niedrig Qualifizierten im Vergleich zu den hoch Qualifizierten muss durch andere Faktoren erklärt werden. Eine wichtige Rolle dürften dabei die beiden Faktoren Immigration und Technologie spielen.
Originalarbeit
Lukas Mohler, Rolf Weder, Simone Wyss
International Trade and Unemployment: Towards an Investigation of the Swiss Case
Swiss Journal of Economics and Statistics (2018), doi: 10.1186/s41937-017-0006-7
Weitere Auskünfte
Prof. Dr. Rolf Weder, Universität Basel, Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät, Tel. +41 61 207 33 55, E-Mail: rolf.weder@unibas.ch