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Forschung

Swiss Canopy Crane II über einem Wald
In einem Wald in Hölstein bei Basel betreibt das Departement Umweltwissenschaften der Universität Basel ein für Europa einmaliges Waldexperiment. Ein 50 Meter hoher Kran ermöglicht es, die Auswirkungen des Klimawandels in den wichtigsten und sensibelsten Teilen der Bäume – den Baumkronen – zu erforschen. (Bild: M. Schwendener, © Physical Plant Ecology Group, Universität Basel)

Welche Auswirkungen hatte der Hitzesommer 2018 auf unsere Bäume? Welchen Beitrag leistet Afrika zur globalen Gesundheit? Wie kann Suffizienz im Alltag umgesetzt werden? Die nachhaltigkeitsrelevante Forschung an der Universität Basel zeigte auch 2019 - 2020 eine enorme Bandbreite. Eine besondere Stärke ist die inter- und transdisziplinäre Forschung.

Vier Fragen an… Professor Ansgar Kahmen – zu den Auswirkungen des Klimawandels auf unsere Wälder

Foto von Ansgar Kahmen
Ansgar Kahmen ist Professor für physiologische Pflanzenökologie am Departement Umweltwissenschaften der Universität Basel. (Bild: © Universität Basel)

Der sogenannte «Hitzesommer» von 2018 - eine der schwersten und langanhaltendsten sommerlichen Dürre- und Hitzewellen, die jemals in Mitteleuropa aufgezeichnet wurden – ist uns auch in Basel als Extremereignis in Erinnerung geblieben.1 Wie haben Sie die Auswirkungen auf die heimischen Wälder untersucht?
A.K.: Wir hatten Glück, denn im Frühjahr 2018 konnten wir in unserem Forschungsgebiet in Hölstein (BL) einen neuen, 50 Meter hohen Forschungskran installieren. Mittels einer Gondel, die am Ausleger des Krans befestigt ist, können wir so direkt in den Baumkronen Beobachtungen anstellen und wissenschaftliche Experimente durchführen – in einem Gebiet mit knapp 250 Bäumen und zwölf unterschiedlichen Arten. Diese einzigartige Forschungsinfrastruktur konnten wir im Sommer 2018 dann gleich anwenden.

Was waren die wichtigsten Ergebnisse Ihrer Studie?
A.K.: Anders als noch im ebenfalls sehr heissen Sommer 2015 gab es 2018 nicht nur weniger Niederschlag, sondern auch eine deutlich niedrigere Luftfeuchtigkeit. Den Bäumen wurde dadurch die Feuchtigkeit entzogen wie einem T-Shirt, welches man zum Trocknen auf dem Balkon aufhängt. Besonders die Fichten kamen mit diesen Extrembedingungen nicht klar. Viele von ihnen kollabierten innert zwei Wochen, solch drastische Auswirkungen waren auch für uns neu.

Die Laubbäume kamen mit den extremen Bedingungen zunächst besser zurecht. Hier zeigen sich die Beeinträchtigungen erst im Laufe der Jahre. Durch die häufiger auftretenden Hitzesommer werden die Bäume – insbesondere die Buchen – sukzessive geschädigt und geschwächt, da der Wassertransport im Bauminneren nicht mehr ausreichend funktioniert. Über abgebrochene Äste oder andere Schwachstellen sind die Buchen zudem schneller anfällig für Pathogene, insbesondere Pilzbefall.

Werden sich die heimischen Wälder an die Auswirkungen des Klimawandels anpassen können?
A.K.: Die Bäume werden sicher nicht verschwinden in der Region, auch die Buche nicht, aber es wird zu Verschiebungen kommen. Man muss hier differenzieren: Wald ist nicht gleich Wald. Es kommt stark auf die lokalen Begebenheiten an, beispielsweise ob die Bäume an Süd- oder Nordhängen stehen und wie die Böden beschaffen sind. Welche Baumarten in den zukünftigen klimatischen Bedingungen gut überleben werden, ist eine hochaktuelle Frage, die wir aber noch nicht beantworten können.

Sustainable Development Goal 15
Beitrag zur Erreichung der Sustainable Development Goals (https://sdgs.un.org/)

Inwieweit sind wir Menschen auf den Wald angewiesen?
A.K.: Unsere Wälder erbringen enorme ökologische und ökonomische Dienstleistungen für uns! Global gesehen spielen sie eine ganz wichtige Rolle für das Funktionieren des Systems Erde, besonders für den Wasser- und Kohlenstoffkreislauf. Unsere Vegetation – vor allem die grossen Wälder in Sibirien und den tropischen Regenwäldern – speichert ca. 50 Mal so viel CO2 wie die gesamte Menschheit pro Jahr durch Verbrennen fossiler Energieträger emittiert. Gehen die bestehenden Wälder verloren, würde diese riesige Menge an gespeichertem CO2 freigesetzt werden, mit verheerenden Folgen für das Klima. Regional werden unsere Wälder als Erholungs- und Freizeitgebiet genutzt, gerade in Ballungsgebieten. Ausserdem sind Bäume ein wichtiger Ressourcenlieferant für den Bausektor oder die Zellstoffverarbeitung und wird auch wieder verstärkt als erneuerbarer Brennstoff eingesetzt. Für Städte wie Basel funktionieren Bäume und Wälder wie eine Klimaanlage, die das regionale Klima regulieren und die Städte aktiv kühlen. Die Ökosystem-Dienstleistungen der Wälder können also gar nicht überschätzt werden.2

Neues Forschungsnetzwerk «Sustainable Future»

Das neu gegründete Forschungsnetzwerk Sustainable Future dient der Koordination und Stärkung der interdisziplinären Forschung im Bereich Nachhaltigkeit an der Universität Basel über die Grenzen der Departemente und Fakultäten hinweg. Es verbindet Forschende aus fünf Fakultäten, im Fokus liegen die drei thematischen Schwerpunkte Energie, (Bio-)Diversität sowie Sustainable Digital World. Das Netzwerk engagiert sich für den themenspezifischen Wissenstransfer und eine gezielte Öffentlichkeitsarbeit, was die Sichtbarkeit der Nachhaltigkeitsforschung an der Universität Basel mittel- und langfristig verstärken soll.

Die Beiträge Afrikas zur globalen Gesundheit

Sustainable Development Goals 3 und 17
Beitrag zur Erreichung der Sustainable Development Goals (https://sdgs.un.org/)

Wissen und Innovation fliessen immer nur in eine Richtung – von reich nach arm. Diese geläufige Vorstellung hinterfragt die Basler Geschichtsprofessorin und Afrikaforscherin Julia Tischler. Mitte 2019 startete sie das interdisziplinäre Projekt African Contributions to Global Health. Circulating Knowledge and Innovations. Das Sinergia-Projekt wird vom Schweizerischen Nationalfonds mit 2.2 Millionen Franken über vier Jahre gefördert. Gemeinsam mit den Forschungsabteilungen von Jürg Utzinger (Swiss TPH) und Jérôme Chenal (EPFL) sucht sie mit ihrem Team nach Wissen, Praktiken und Anwendungen der Gesundheitsversorgung in Afrika, die auch für den Globalen Norden relevant sein könnten. Anhand von konkreten Fallbeispielen möchten Tischler und die beteiligten Institutionen aufzeigen, wo ein Wissenstransfer zwischen Afrika und den Industrienationen nahelag beziehungsweise naheliegt – und oft trotzdem nicht stattfindet. «Dies soll auch Denkanstösse für einen Austausch in der Zukunft geben», so Tischler.

Suffizienz: Mehr Lebensqualität mit nachhaltigen Gewohnheiten

Sustainable Development Goal 12
Beitrag zur Erreichung der Sustainable Development Goals (https://sdgs.un.org/)

Verpackungsfrei einkaufen, Fleischkonsum reduzieren, Cargo-Bikes leihen, Räume gemeinsam nutzen: Vielversprechenden Beispiele für eine CO2-arme Gesellschaft fasst der 2019 publizierte Bericht «Suffizienz im Alltag» des Fachbereichs Nachhaltigkeitsforschung von Prof. Paul Burger zusammen. Suffizienz meint dabei den Bereich der Verhaltensänderungen, bei denen es um die Änderung der individuellen Erwartungen an Lebensqualität geht. Wer sich etwa bewusst und nicht aus einer ökonomischen Not heraus entscheidet, kein Auto zu besitzen, für den bedeutet das keinen Verlust. Drei Jahre lang untersuchten die Forschenden, wie Alltagsroutinen auf individueller Ebene das Energieverbrauchs- und Mobilitätsverhalten beeinflussen und wie Barrieren für die Umsetzung überwunden werden können. Wichtig ist den Forschenden, dass dabei nicht nur das Individuum allein in den Blick genommen werden sollte, sondern «suffizientes Alltagsverhalten» durch politische Massnahmen unterstützt werden muss.

Nachhaltigkeit im Forschungsalltag – Tierethik

Die Life Sciences sind einer der wichtigsten Schwerpunkte der Universität Basel. Trotz grosser Fortschritte bei der Entwicklung von alternativen, tierfreien Methoden und innovativen Techniken ist die tierexperimentelle Forschung dabei weiterhin unverzichtbar für zahlreiche Fragestellungen in der biologischen und medizinischen Grundlagenforschung sowie der translationalen Forschung.3 Die Universität Basel legt grossen Wert auf hohe ethische und tiergesundheitliche Standards und stellt sicher, dass die entsprechenden Prozesse und Strukturen zur Durchsetzung der gesetzlichen Vorgaben und interner Weisungen vorhanden sind. Dies wird insbesondere durch die kontinuierliche Implementierung des sogenannten 3R-Ansatzes (Reduction, Refinement, Replacement) erreicht. Als Mitglied des Schweizer 3R Kompetenzzentrums (3RCC) beteiligt die Universität Basel sich aktiv an der Weiterentwicklung und schweizweiten Umsetzung von 3R-bezogenen Programmen und unterstützt deren Implementierung in Basel. Dafür hat die Universität die «Koordinationsstelle 3R» neu geschaffen. Den Forschungsgruppen der Universität steht zudem die Online Plattform Animatch zur Verfügung. Diese ermöglicht es, Organe und Gewebe von Labortieren an andere Forscher zu vermitteln, um so die Zahl der eingesetzten Versuchstiere zu reduzieren.

Ziele & Massnahmen

Ziele 2021/2022
Massnahmen
Verantwortlich
Ziele 2021/2022

Stärkung der inter- und transdisziplinären Forschung zu den Sustainable Development Development Goals

Massnahmen

Durchführung von Anlässen und Aktivitäten, um den interdisziplinären Austausch zwischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie mit externen Stakeholdern zu fördern


Intensivierung der Zusammenarbeit im neu gegründeten Forschungsnetzwerk «Sustainable Future», Entwicklung grösserer interdisziplinärer Forschungsprojekte. Fokusthemen: «Energie», «(Bio-)Diversität» und «Sustainable Digital World»

Verantwortlich

Grants Office
Fachstelle für Nachhaltigkeit

 

 

 

 


Geschäftsführerin Sustainable Future

 

Ziele 2021/2022

Erhöhung der Sichtbarkeit der Forschung für nachhaltige Entwicklung an der Universität Basel.

Massnahmen

Verstärkte Kommunikation bestehender nachhaltigkeitsrelevanter Forschung; Motivation zu gemeinsamen Anträgen und Forschungsprojekten


Identifikation («tagging») von Forschungsprojekten, die zu den Sustainable Development Goals beitragen, um Schwerpunkte und Stärken nachhaltigkeitsrelevanter Forschung der Universität Basel ausweisen zu können

Verantwortlich

Grants Office
Fachstelle für Nachhaltigkeit

 

 


Vizerektorat Forschung
Fachstelle für Nachhaltigkeit

Ziele 2021/2022

Förderung von Nachhaltigkeit im Forschungsalltag

Massnahmen

Stärkung der Transparenz bei Tierversuchen und kontinuierliche Umsetzung und Förderung der Implementierung des 3R-Ansatzes (Replacement, Reduction, Refinement)

Verantwortlich

3R Koordinationsstelle
Vizerektorat Forschung
Ressort Kommunikation & Marketing

Fussnoten
Fussnoten

[1] In der gesamten Region lag die mittlere Lufttemperatur in der Vegetationsperiode von April bis Oktober 2018 um mehr als 3,3 °C über dem langjährigen Durchschnitt und war um 1,2 °C wärmer als im Jahr 2003.

Fussnoten

[3] Während in der Grundlagenforschung bisher unbekannte Lebensvorgänge und grundlegende biologische Zusammenhänge aufgeklärt werden, widmet sich die translationale Forschung der Frage, wie diese Erkenntnisse zur Verbesserung von Diagnostik und Behandlung menschlicher Erkrankungen in die Praxis umgesetzt werden können.

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