Mehr Frauen in die Wissenschaft: Die Universität fördert talentierte Forscherinnen
Das Ressort Chancengleichheit der Universität Basel hat in den letzten Jahren verschiedene Programme und Entlastungsangebote entwickelt, um dem Verlust von gut ausgebildeten Wissenschaftlerinnen entgegenzuwirken. Damit soll vor allem verhindert werden, dass Forscherinnen auf Postdoktoratsebene ihre wissenschaftliche Karriere beenden.
30. November 2017
Von den 2757 Personen, die zurzeit an der Universität Basel doktorieren, sind 51% Frauen. Bei den Professuren liegt der Frauenanteil bei bloss 21%. Das Postdoktorat, die Zeit nach der Doktorarbeit und vor der Berufung zur Professorin, bedeutet für viele Frauen Endstation ihrer akademischen Karriere. Nicole Kälin, Leiterin des Ressort Chancengleichheit an der Universität Basel, bezeichnet diese Phase als «Rush Hour of Life» und sieht darin einen der Gründe für den Rückgang: «Alles fällt in dieser Zeit zusammen. Beruflich und familiär müssen viele Entscheidungen getroffen werden und die Anstellungsbedingungen sind meist unsicher.» Die Doppelbelastung von Familie und Karriere in Kombination mit der fehlenden Planbarkeit im Job führt dazu, dass viele Frauen an diesem Punkt ihre wissenschaftliche Karriere aufgeben.
Sprung nach vorne
Um dem Verlust von gut ausgebildeten Wissenschaftlerinnen entgegenzuwirken, läuft an der Universität Basel seit 2014 das Förderangebot «Antelope». Die Antilope symbolisiert den Sprung nach vorne, der den Frauen durch die Teilnahme am einjährigen Programm gelingen soll. Angeboten werden Coachings in verschiedenen Bereichen wie Karriereplanung oder Forschungsfinanzierung. «Ich bin dankbar, Antelope am Anfang meines Doktorats absolviert zu haben. Die verschiedenen Kurse vermittelten mir wichtige Tipps, die den Start ins Doktorat erleichterten. Zudem ergaben sich wertvolle Kontakte aus dem Netzwerk der Programmteilnehmerinnen», so Katrina Evers, die zurzeit am Universitäts-Kinderspital beider Basel zur Kinderärztin ausgebildet wird.
Da die Zahlen auf Doktoratsebene inzwischen ausgeglichen sind, fokussierte sich das Ressort Chancengleichheit in den letzten beiden Jahren auf die Postdoktorierenden und entwickelte dort zwei weitere Antelope-Programme. In diesen werden die Akademikerinnen spezifisch für die Berufung auf eine Professur vorbereitet. Neben den Coachings werden in einem dreitägigen Career Camp Bewerbungsunterlagen vorbereitet und geprüft sowie Berufungsgespräche simuliert. Die Biologin Irene Adrian-Kalchhauser nahm 2016 am Programm teil: «Antelope vermittelt essenzielle Skills und stärkt das Bewusstsein für die eigenen Fähigkeiten. Ich traue mir jetzt zu, diesen Weg zu gehen».
Fokus auf Forschung
Neben Antelope stehen den Forscherinnen zusätzlich zwei Entlastungsangebote zur Verfügung. Auch diese sollen dazu beitragen, exzellent ausgebildete Wissenschaftlerinnen an der Universität zu halten. «Stay on Track» wurde explizit für Postdoktorandinnen entwickelt. Nach dem Mutterschaftsurlaub erhalten sie ein Semester lang Entlastung von Routinearbeiten oder einem Lehrauftrag, um sich trotz Mehrbelastung auf ihre Forschung fokussieren zu können. So auch bei Irene Adrian-Kalchhauser: «Das Angebot war wichtig für meine wissenschaftliche Karriere. Nach der Geburt meines Babys übernahm jemand die Routinearbeit im Labor und ich konnte mich auf die Veröffentlichung meiner Arbeit konzentrieren.» Adrian-Kalchhauser setzt sich in ihrer aktuellen Forschung mit invasiven Grundeln auseinander. Diese Fische sind vor ein paar Jahren in den Rhein eingewandert und verdrängen die einheimischen Arten.
Das zweite Angebot, «Get on Track», wurde 2017 zum ersten Mal durchgeführt und richtet sich an Doktorierende mit Familie – Männer und Frauen. Auch hier sollen Freiräume geschaffen werden, damit die Dissertation trotz Familienverpflichtungen in der geplanten Zeit abgeschlossen werden kann. Die Medizinerin Katrina Evers wird das Angebot im kommenden Jahr nutzen: «Ab Februar erhalte ich einen Nachmittag pro Woche Hilfe bei der Kinderbetreuung.» Sie plant, ihre Doktorarbeit bis Ende 2018 abzugeben. Evers forscht im Bereich der Perinatologie. Dabei geht es um die Früherkennung von Krankheiten bei Schwangeren und Neugeborenen.
Zwei neue Professorinnen
Bereits sind Resultate der Förderangebote sichtbar. Zwei der Wissenschaftlerinnen, die bei Antelope dabei waren, sind zu Professorinnen berufen worden. «Selbstverständlich können wir diese Erfolge nicht ausschliesslich für uns in Anspruch nehmen», wie Patricia Zweifel, Koordinatorin von Antelope sagt. «Das Programm stärkt die Frauen in ihrem Selbstverständnis als erfolgreiche Wissenschaftlerinnen und gibt ihnen Instrumente auf den Weg. Den Sprung auf die Professur müssen sie selber schaffen, genau wie ihre männlichen Kollegen.» Kälin und Zweifel betonen, dass die Laufbahnförderung von Nachwuchswissenschaftlerinnen nur ein Element der Gleichstellungsarbeit ist. «Weiter ist es wichtig, die Rahmenbedingungen für eine akademische Karriere zu verbessern und auch für Frauen attraktiver zu gestalten, beispielsweise durch die Steigerung der Familienfreundlichkeit», meint Kälin.
Katrina Evers und Irene Adrian-Kalchhauser schätzen die unkomplizierte Unterstützung, die ihnen vonseiten der Universität geboten wurde. Beide loben die Nachhaltigkeit des Netzwerkes, das sich aus Antelope ergeben hat. Sie betonen aber auch, dass neben dem Angebot der Universität vor allem auch Verständnis und aktive Unterstützung durch ihre Forschungsgruppenleiterin bzw. -leiter wichtig war, um ihr Potenzial trotz der Mehrbelastung durch die Familie zu entfalten.
Schweizweites Anliegen
Die Universität Basel ist nicht die einzige Schweizer Universität, die sich bemüht, den Anteil von Frauen in ihren akademischen Positionen zu steigern. Die Zahlen sehen landesweit ähnlich aus. Der Bund fördert deshalb mit dem Programm «Chancengleichheit und Hochschulentwicklung 2017-2020» Hochschulen mit dem Ziel, ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis herzustellen und Diversität in allen Dimensionen zu fördern.