Auf der Pirsch nach dem perfekten Bild
Der Accounting-Experte Prof. Ulf Schiller von der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät hat sich auch als Sportfotograf einen Namen gemacht.
04. April 2018
«Die mathematischen Modelle der Ökonomen sind ziemlich abstrakt und nicht-visuell», weiss Ulf Schiller von der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Basel. In seinem Büro gleich neben den Geleisen des Bahnhofs SBB brütet der Spezialist für Accounting (Rechnungslegung) über mathematischen Modellen der geeigneten Bilanzierung von Banken oder über die Zukunft des Wirtschaftsprüfungsmarktes. Damit bewegt er sich in einem Feld, das im Ruf steht, tendenziell etwas blutleer, wenn nicht gar langweilig zu sein.
Radrennbahn und Leichtathletikstadion
Ein Langweiler ist Schiller mitnichten. Zwar ackert er sich unter der Woche mit Akribie durch analytische Herleitungen seiner Modelle oder durch mehrhundertseitige Geschäftsberichte, hält Vorlesungen und betreut Doktoranden an der hiesigen Wirtschaftsfakultät. Am Wochenende aber, da wechselt der Accounting-Professor sein Ich: Mit einer Profikamera samt Riesenteleobjektiv «bewaffnet» begibt sich Schiller auf die Pirsch nach dem perfekten Bild. Seine bevorzugten Jagdreviere sind Sportarenen aller Art: Radrennbahnen, Volleyballfelder, Leichtathletikanlagen oder Fussballstadien.
Publish or perish
Die Devise «Publish or perish» gelte nicht nur in der akademischen Welt, deklariert der erfolgreiche Freizeit-Lichtbildner: «Die meisten Leute haben ja irgendein Hobby. Ich hatte den Anspruch, dass auch mein Hobby professionellen Standards genügen sollte.» Gesagt, getan! Als Sportfotograf hat sich Ulf Schiller in den letzten Jahren einen glänzenden Namen gemacht; seine Bilder erscheinen heute europaweit in den renommiertesten Sportmagazinen.
Auf die Fotografie sei er «eher aus Zufall» gestossen, gibt sich Schiller bescheiden: «Es könnte genauso gut etwas Anderes sein. Allerdings würde ich in jedem Fall versuchen, ein professionelles Niveau zu erreichen.» Schillers Affinität zum Spitzensport rührt daher, dass er in jungen Jahren selbst Leistungssport betrieb und eine Zeit lang in der deutschen Spitze über 400m mithalten konnte.«Ich bin definitiv kein Schneckenfotograf, oder einer, der die Pollen einer Blume ins Bild rückt», betont der athletisch gebaute Professor. Im Gegenteil: Ihn reizt die Action, die Bewegung und die Geschwindigkeit im Sport.
Wie in der Wissenschaft sieht Schiller Stillstand als Rückschritt an und versucht sich weiterzuentwickeln. In jüngerer Zeit nutzt er verstärkt seine aufgebauten Kontakte in der Szene, um abseits der Arenen anspruchsvolle Sportportraits zu schiessen, wie zuletzt vom Therwiler Junioreneuropameister Jason Joseph, geschossen ausgerechnet in der Einstellhalle der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät.
Refinanzierung der Ausrüstung
Den Zeitaufwand für seine erstaunliche Parallelkarriere schätzt er auf insgesamt rund 15 Stunden pro Woche – inklusive Bildverwaltung am Computer, Backup der Fotos, Rechnungen schreiben und ähnliches. In Anbetracht der hohen Ausrüstungskosten – allein ein grosses Teleobjektiv verschlinge rasch einmal 10'000 Franken – bleibe bei seinem Hobby rein finanziell kaum etwas hängen, versichert der 56-jährige: «Ich schreibe als Fotograf eine sogenannte schwarze Null, das heisst, ich schaffe es immerhin, mit den Bildhonoraren meine teure Ausrüstung zu refinanzieren.»
Gesunde Work-Life-Balance
Das Gewinnmotiv spielt für Schiller bei der Ausübung seines Nebenberufs keine zentrale Rolle. Vielmehr interessiert ihn Streben nach einer gesunden Work-Life-Balance: «Ich war schon immer der Meinung, man sollte zwei Dinge können», sagt der habilitierte Ökonom. «Ich schätze die Abwechslung und will beides haben. Nach dem Einsatz als Sportfotograf sehne ich mich jeweils wieder nach intellektuellen Herausforderungen in meinem Büro.»