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Live dabei im Bundeshaus

Carla Cordin, Doktorandin im Fachbereich Geschichte, arbeitet ein Jahr als wissenschaftliche Politikstipendiatin bei den Parlamentsdiensten. (Bild: Manu Friederich)
Carla Cordin, Doktorandin im Fachbereich Geschichte, arbeitet ein Jahr als wissenschaftliche Politikstipendiatin bei den Parlamentsdiensten. (Bild: Manu Friederich)

Die Basler Doktorandin Carla Cordin erhält während einem Jahr exklusive Einblicke in die Abläufe im Bundeshaus. Im Rahmen eines wissenschaftlichen Politikstipendiums unterstützt sie das Schweizer Parlament und lernt dessen Arbeitsweise kennen. Dabei sammelt die Historikerin Erfahrungen für die Vermittlung zwischen Politik und Wissenschaft.

30. Mai 2017

Carla Cordin, Doktorandin im Fachbereich Geschichte, arbeitet ein Jahr als wissenschaftliche Politikstipendiatin bei den Parlamentsdiensten. (Bild: Manu Friederich)
Carla Cordin, Doktorandin im Fachbereich Geschichte, arbeitet ein Jahr als wissenschaftliche Politikstipendiatin bei den Parlamentsdiensten. (Bild: Manu Friederich)

Frau Cordin, während der letzten Phase Ihrer Dissertation in Osteuropäischer Geschichte haben Sie sich um ein wissenschaftliches Politikstipendium beworben. Warum will eine Historikerin ins Bundeshaus?

Die wissenschaftlichen Politikstipendien richten sich an alle Hochschulabsolventen, die sich im Anschluss an ihr Masterstudium weiter mit Wissenschaft auseinandergesetzt haben. Die Stiftung möchte Personen aus der akademischen Welt einen Einblick in die Prozesse der Schweizer Politik ermöglichen. Es hat mich fasziniert, dass das Stipendium eine Brücke zwischen Wissenschaft und Politik bauen soll. Das finde ich wichtig, denn auf der einen Seite schafft Politik die Rahmenbedingungen, sodass Wissenschaft funktionieren kann, und auf der anderen Seite ist es wichtig, dass wissenschaftliche Erkenntnisse Eingang in die Politik finden. Natürlich interessiere ich mich auch grundsätzlich sehr für Schweizerische und internationale Politik sowie für Politik in Osteuropa.

Inwiefern soll das Stipendium die Verbindung von Wissenschaft und Politik stärken?

Die kombinierten Erfahrungen aus der Wissenschaft und den Parlamentsdiensten prädestinieren die Politikstipendiaten für Arbeitsbereiche, in denen es wichtig ist, beide Welten zu kennen und zu verstehen. Viele der ehemaligen Stipendiaten arbeiten heute an der Schnittstelle von Wissenschaft und Politik, zum Beispiel im Wissenschaftsmanagement, in der Wissensvermittlung oder in der Bundesverwaltung.

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Auf dem Weg zu einer Kommissionssitzung: Die Historikerin Carla Cordin unterstützt das Kommissionssekretariat der national- bzw. ständerätlichen Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie. (Bild: Manu Friederich)

Was sind Ihre Aufgaben als Stipendiatin bei den Parlamentsdiensten?

Die Parlamentsdienste erbringen politisch neutrale Dienstleistungen für das Parlament. Ich arbeite hauptsächlich für das Kommissionssekretariat der national- bzw. ständerätlichen Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie. Alle wesentlichen Geschäfte des Parlaments gehen nämlich zuerst durch Kommissionen, die aus einer begrenzte Anzahl von Ratsmitgliedern bestehen. Diese beraten die ihnen zugewiesenen Geschäfte vor und geben dem National- bzw. Ständerat eine Empfehlung ab.

Und wie sieht die konkrete Arbeit des Kommissionssekretariats aus?
Das Kommissionssekretariat unterstützt die Kommissionen bei ihrer Arbeit, indem es die Sitzungen vor- und nachbereitet. Das heisst, wir erstellen die Sitzungseinladung mit der Traktandenliste, schreiben das Drehbuch für den Kommissionspräsidenten und nehmen die Vorschläge und Änderungsanträge der Kommissionsmitglieder zu den verschiedenen Gesetzen und Vorstössen auf. Zudem überprüfen wir das Protokoll und befassen uns mit rechtlichen Fragen. Mitarbeitende des Sekretariats erstellen auch inhaltliche Dokumentationen mit Hintergrundinformationen zu den verschiedenen Geschäften, die den Kommissionsmitgliedern zur Vorbereitung zugestellt werden und verfassen die Berichte und Medienmitteilungen zu den Beschlüssen der Kommission. Bei vielen dieser Aufgaben wirke ich mit und verstehe dabei immer mehr, wie die parlamentarische Arbeit funktioniert.

Welchen Herausforderungen begegnen Sie bei Ihrer Arbeit?

Es gibt viele neue Themen und Bereiche, in die ich mich hineindenken muss. Wir arbeiten zum Beispiel häufig mit dem Parlamentsgesetz, das alle Fristen und Reglemente zum Ablauf im Parlament enthält. Mit Rechtsfragen habe ich mich aber zuvor nie beschäftigt. Und auch mit den Umwelt- und Energiethemen, die in der Kommission behandelt werden, muss ich mich zunächst ausreichend auseinandersetzen, um das Wichtigste zu verstehen und die Kommissionsarbeit sinnvoll begleiten zu können.

Gibt es Kenntnisse aus Ihrem Studium, die Sie in die Arbeit einbringen können?

Das Vorgehen beim wissenschaftlichen Arbeiten in den Geisteswissenschaften hilft mir auf jeden Fall. Ich bin es gewohnt, viel und in verschiedenen Stilen zu schreiben, zu recherchieren und mich schnell in neue Themen einzuarbeiten. Weil ich im Studium oft historische Quellen verglichen habe, bin ich auch sensibilisiert dafür, wenn Texte aus einem bestimmten Interesse heraus geschrieben wurden und kann sie entsprechend einordnen.

Was sind die Highlights Ihres Stipendiums?

Das absolute Highlight sind die Kommissionssitzungen. Es ist ein Privileg für mich, bei diesen vertraulichen Sitzungen dabei zu sein und mitverfolgen zu können, wie die politische Diskussion verläuft. Zunächst beraten die Mitglieder die Themen und stimmen dann über alle Anträge ab, die im Vorfeld von Politikern eingereicht wurden. Alle Anwesenden stehen bei dieser ganz besonderen Arbeitsatmosphäre unter Hochspannung.

Sind Sie auch bei den Sessionen des Parlaments dabei?

Meine Arbeit widmet sich ja vor allem den Kommissionen und ihren Sitzungen und weniger dem Ratsgeschehen. Ich konnte  aber während der Frühjahrssession bei den Geschäften, die ich vorher in den Sitzungen der Kommission mitbetreut habe, im National- und Ständeratssaal zuhören. Es war spannend zu sehen, wie der Kommissionsberichterstatter die Ergebnisse der Beratungen für den Rat zusammengefasst hat und wie dann eine Entscheidung gefällt wurde. Manche Geschäfte, in die einiges an Arbeitszeit investiert wurde, lösen sich auf einen Schlag in Luft auf, weil sie endgültig abgelehnt werden.

                                             Wissenschaftliche Politikstipendien

Die Stiftung Wissenschaftliche Politikstipendien ermöglicht es jeweils zwei Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern, ein Jahr im Bundeshaus zu arbeiten. Die Stipendiatinnen und Stipendiaten arbeiten direkt in den Kommissionen mit und unterstützen diese bei den politischen Geschäften. Dabei lernen sie die Arbeitsweise der Schweizer Politik kennen und können Erfahrung für eine spätere Berufstätigkeit im Bereich der Vermittlung zwischen Politik und Wissenschaft gewinnen.
Die Voraussetzungen für eine Bewerbung sind u.a. ein Masterstudium an einer Schweizer Hochschule sowie weiterführende Studien oder eine Dissertation.
Bewerbungen für die Stipendien im Jahr 2018 werden bis 21. Juni 2017 entgegengenommen.

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