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Der junge Philosoph: Vor 150 Jahren hielt Nietzsche seine erste Vorlesung in Basel

Morgen Dienstag (28. Mai) jährt sich Friedrich Nietzsches Antrittsvorlesung an der Universität Basel zum 150. Mal. Mit erst 24 Jahren war der spätere Philosoph zum ausserordentlichen Professor für klassische Philologie berufen worden. Nietzsche lebte und lehrte mit Unterbrechungen zehn Jahre lang in Basel.

27. Mai 2019

Frühwerk entstand in Basel: Nietzsche um 1875. (Bild: Wikimedia Commons, Public Domain)
Sein Frühwerk entstand in Basel: Nietzsche um 1875. (Bild: Wikimedia Commons, Public Domain)

Es war der 28. Mai 1869, als Nietzsche seine erste Vorlesung in der Aula der Universität Basel hielt. «In Basel steh ich unverzagt / Doch einsam da – Gott sei's geklagt. / Und schrei ich laut: Homer! Homer! / So macht das Jedermann Beschwer»: Mit diesen Zeilen leitete der frischgebackene Professor die Antrittsrede «Über die Persönlichkeit Homers» ein. Der junge Mann war ohne Doktorarbeit und Habilitation hierher berufen worden – die fehlenden Bescheinigungen wurden aus Leipzig eiligst nachgeliefert.

«Mit Philosophie inficiren»

Dass dieser hochbegabte deutsche Student, der spätere berühmte Philosoph, überhaupt nach Basel kam, war kaum dem Weitblick seiner hiesigen Förderer zu verdanken. Vor allem praktische Ursachen spielten mit: Wegen der schlechten finanziellen Lage der Universität – ihr Ansehen war tief, ebenso die Studentenzahlen – wurden viele junge Wissenschaftler berufen. Sie waren günstig zu haben und oft bereit, eine Anstellung kurzfristig anzutreten. Nietzsche legte zudem seine preussische Staatsbürgerschaft ab.

Seine Studenten wollte er «mit Philosophie inficiren», ihnen neben der gebundenen Sprache das freie Denken vermitteln. Zu Nietzsches Aufgaben gehörte neben den Lehrveranstaltungen an der Universität am Rheinsprung auch der Unterricht am Pädagogium, dem heutigen Gymnasium am Münsterplatz. Den ersten Vorlesungen folgten Einladungen von Familien des städtischen Bürgertums. Kontakte unterhielt der junge Gelehrte auch mit den Professorenkollegen Jacob Burckhardt und Johann Jakob Bachofen.

Rekord bei elf Hörern

Seine philosophischen Interessen neben der philologischen Arbeit machte Nietzsche schon früh deutlich. In Basel entstanden die ersten selbstständige Publikationen: 1872 kam «Die Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik» heraus, noch im Fach Altphilologie, dann folgten die ersten Veröffentlichungen in Philosophie: ab 1873 die vier «Unzeitgemässen Betrachtungen», dann 1878 «Menschliches, Allzumenschliches».

Eine Bewerbung auf einen Lehrstuhl in Philosophie, der 1871 frei wurde, scheiterte – Nietzsche wurde übergangen. Seine Vorlesungen und Seminare haben nicht viele Interessenten angezogen. Oft waren es nur zwei oder drei, und der Rekord soll bei elf Hörern gelegen haben.

Entlassung und Wanderleben

In Basel wechselte Nietzsche oft die Wohnung. Die Stadt war für ihn die «unselige Brutstätte» seiner vielfachen Leiden, etwa der «schrecklichen Kopfschmerzen». Oft verbrachte er seine Zeit am Vierwaldstättersee bei seinem Freund Richard Wagner. Nach zahlreichen Unterbrechungen musste Nietzsche seinen Lehrstuhl nach zehnjähriger Amtszeit 1879 krankheitsbedingt ganz aufgeben. Sein Entlassungsgesuch an die Universität wurde bewilligt, und er erhielt ein stattliches Ruhegehalt von 3000 Franken jährlich.

Nietzsches unstetes Wanderleben begann – es führte ihn vor seinem Zusammenbruch und Tod 1900 für kurze Zeit wieder nach Basel, in die «Irrenanstalt Friedmatt». «Zuletzt wäre ich sehr viel lieber Basler Professor als Gott», schrieb Nietzsche 1889 in einem Brief an Jacob Burckhardt. Obwohl er hier länger lebte und unterrichtete als anderswo, tat sich die Stadt schwer mit der Erinnerung an den bekannten Philosophen: Erst 2015 wurde ein Brunnen in der Nähe seiner ersten Unterkunft am Spalentorweg nach ihm benannt.

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