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Als Unterassistent im Spital

Während seines Wahlstudienjahres wurde klar: Medizinstudent Ralph Kissling will Hausarzt werden. (Foto: Universität Basel / Alexander Preobrajenski)
Während seines Wahlstudienjahres wurde klar: Medizinstudent Ralph Kissling will Hausarzt werden. (Foto: Universität Basel / Alexander Preobrajenski)

Ob Haken halten und Wunden nähen im OP-Saal, Patienten aufnehmen oder Mittelohrentzündungen behandeln – im Wahlstudienjahr sammeln Medizinstudierende Praxiserfahrungen und lernen den klinischen Alltag kennen.

04. Juli 2017

Während seines Wahlstudienjahres wurde klar: Medizinstudent Ralph Kissling will Hausarzt werden. (Foto: Universität Basel / Alexander Preobrajenski)
Während seines Wahlstudienjahres wurde klar: Medizinstudent Ralph Kissling will Hausarzt werden. (Foto: Universität Basel / Alexander Preobrajenski)

Ralph Kissling wird nie den Patienten vergessen, dem er zum ersten Mal selbst eine Wunde genäht hat. Die Hand des Basler Medizinstudenten zitterte ein wenig, denn er wusste, dass der 15-jährige Junge – der auf eine Betäubung verzichtet hatte – jeden einzelnen Stich spürte. «Ich habe im Studium zwar Nähen am Schweinefuss geübt, aber das ist kein Vergleich zum Behandeln von Menschen», erklärt Kissling. Die ersten Chirurgie-Erfahrungen mit Patienten machte er im Regionalspital Zofingen im Rahmen seines Wahlstudienjahres.

Vorbereitung auf den Arztberuf

Im 5. Studienjahr sollen Medizinstudierende der Universität Basel die bisher erworbenen ärztlichen Kenntnisse und Fähigkeiten vertiefen und erweitern. Die Ausbildung während des Wahlstudienjahres soll sie auf die Anforderungen im Arztberuf vorbereiten und eine Gelegenheit bieten, sich für eine klinische Fachrichtung zu entscheiden. Die Studierenden arbeiten jeweils drei Monate in den Bereichen Chirurgie und Innere Medizin und können drei weitere Monate in klinischen Fachgebieten ihrer Wahl verbringen. 

Bei ihren Einsätzen in Spitälern werden sie von einem Assistenzarzt betreut. Je nach Spital, Eigeninitiative und gewonnenem Vertrauen können die Unterassistenten, liebevoll auch «UHUs» (kurz für «Unterhunde») genannt, selbständig arbeiten. Die angehenden Ärzte untersuchen Patienten oft zunächst allein und stellen eine Diagnose. Die Verantwortung trägt jedoch immer der Ober- oder Assistenzarzt. «Natürlich darf ich als Unterassistentin Fehler machen. Aber je besser ich meinen Job erledige, desto effizienter kann gearbeitet werden», erklärt Sarah Thiel, die gerade zwei Monate auf der Chirurgie im Kantonsspital Aargau arbeitet.

Haken halten und nähen

Im Bereich Chirurgie assistieren die Studierenden im Operationssaal. Ralph Kissling durfte zunächst nur Haken halten, konnte aber am Ende seines Praktikums auch Wunden nähen und kleine Operationen durchführen. Zu seinen Aufgaben gehörte auch das Vorbereiten von Eintritten auf der Station, wo er angemeldete Patienten empfing, Fragen zur Gesundheit und Unfallhergang stellte und eine Voruntersuchung sowie Notizen dazu machte. «Im Studium haben wir gelernt, wie man zum Beispiel Bauch oder Herz untersucht», sagt Kissling, «oft vergisst man trotzdem etwas und wird dann vom Assistenzarzt darauf hingewiesen». So komme ein recht schneller Lernprozess in Gang. Im Verlauf der Zeit fiel dem Arzt in Ausbildung auch der Umgang mit den Patienten immer leichter und er entwickelte Selbstvertrauen. «Man merkt zunehmend – nachdem man viele Semester lang im Hörsaal verbracht hat – dass man wirklich helfen kann», erinnert sich der 28-Jährige.

Neu: Berichte schreiben

Ist das Mitarbeiten bei der Krankenversorgung ein Sprung ins kalte Wasser? Die Studierenden sind sich einig: Die Theorie sei ein gutes Fundament für die praktische Arbeit, jedoch stellen die praktischen Kurse während des Studiums eine ebenso wichtige Grundlage dar. Sarah Thiel fühlte sich in Bezug auf ihre praktischen Fertigkeiten gut auf das Wahlstudienjahr vorbereitet. Sie nutzte aber auch die Gelegenheit, anhand spezifischer Patienten Krankheiten und Therapien nochmal genauer nachzulesen. «Ich war erstaunt, wie viel anders der klinische Alltag ist, als ich ihn mir vorgestellt hatte», gibt Fabiola Métry zu, die das Wahlstudienjahr im Januar beendet hat. Ein grosser Teil des Arztberufes mache das Schreiben von Berichten, Briefen und Verlaufseinträgen aus, worauf man im Medizinstudium nicht vorbereitet, aber worin man im Verlauf des Wahlstudienjahres immer geübter werde.

Handwerk und Wissen

Das Highlight im Wahlstudienjahr von Ralph Kissling war seine Zeit in der Hals-Nasen-Ohrenklinik des Universitätsspitals Basel. Nachdem er mit den Geräten vertraut war, konnte der Student Patienten betreuen und zum Beispiel Mittelohrentzündungen allein behandeln. Eigenständiges Arbeiten mache eine tolle Stelle als Unterassistent aus: «Es ist wichtig, dass man weiss, für was man da ist und dass man konkrete Aufgaben hat», findet der angehende Arzt. Lernte er in der Hals-Nasen-Ohren-Klinik und auf der Chirurgie viel Handwerk, so war bei seinem Einsatz im Bereich Innere Medizin im Claraspital vor allem Wissen aus dem Studium gefragt. Denn nun ging es um das Diagnostizieren von Krankheiten und um den Weg, zum richtigen Befund zu gelangen. Kissling machte viel Stationsarbeit und verbrachte Stunden mit dem Schreiben von Berichten, Recherchieren von Informationen und Verordnen von Medikamenten.

Wunschberuf Hausarzt

Als eine Abteilung im Spital unterbesetzt war, durfte der Unterassistent sogar zwei Wochen lang die Aufgaben eines Assistenzarztes übernehmen, ging mit der Oberärztin auf Visite und bekam von ihr direkt Aufträge. «Diese beiden Wochen waren für mich die definitive Bestätigung dafür, dass ich als Assistenzarzt in der Inneren Medizin und später als Hausarzt arbeiten möchte.» Im Moment bereitet sich Ralph Kissling auf sein Staatsexamen vor. Ab Januar hat er als Vorbereitung für seinen Wunschberuf eine Stelle auf der Inneren Medizin im Claraspital. Warum Hausarzt? Er mag den Kontakt zu Menschen und die Tätigkeit als Allrounder und will Zeit für seine Patienten haben. «Anstatt als Spezialist zu arbeiten, habe ich es lieber, wenn alle möglichen Patienten zu mir kommen – auch wenn ich dann gelegentlich ein Buch aufschlagen muss, um nachzulesen, wie ich einen Fall angehe», sagt der Medizinstudent.

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