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Die beigen Fettzellen mit dem Sisyphos-Mechanismus

Nahaufnahme von verschiedenen Fettzellen, dargestellt als Cluster von runden, blasenartigen Strukturen in unterschiedlichen Grössen und in Weiss- und Orangetönen.
Illustration verschiedener Typen von Fettzellen (KI-generiert). (Bild: AdobeStock)

Eine neue Klasse von Fettzellen macht Menschen gesünder. Die Zellen verbrauchen Energie und produzieren Wärme durch scheinbar sinnlose biochemische Reaktionen.

14. August 2024 | Redaktion

Nahaufnahme von verschiedenen Fettzellen, dargestellt als Cluster von runden, blasenartigen Strukturen in unterschiedlichen Grössen und in Weiss- und Orangetönen.
Illustration verschiedener Typen von Fettzellen (KI-generiert). (Bild: AdobeStock)

Weiss, braun, beige. Das sind die Farben der Fettzellen. Weisse Fettzellen speichern in unserem Körper Fett als Energiereserve. Wir brauchen diese Zellen. Zu viele davon wollen wir aber aus gesundheitlichen Gründen nicht. Die braunen Fettzellen sind vor allem bei Säuglingen aktiv. Sie produzieren Wärme und halten damit die Körpertemperatur der Babys aufrecht. Braunes Fettgewebe nimmt jedoch im Lauf des Lebens ab; Erwachsene haben nur noch sehr wenig davon. Beige Fettzellen schliesslich können ebenfalls Wärme produzieren, wenn auch etwas weniger gut als braune Fettzellen. Sie kommen auch bei Erwachsenen vor – eingestreut ins weisse Fettgewebe, vor allem im Nacken- und Schulterbereich. Sie helfen mit, überschüssige Energie zu verbrauchen.

Weisse, beige und braune Fettzellen, mit Zellkern (lila), Mitochodnrien (orange) und Fetttröpfchen (gelb).
Weisse, beige und braune Fettzellen, mit Zellkern (lila), Mitochodnrien (orange) und Fetttröpfchen (gelb). (Bild: AdobeStock)

Nun hat ein internationales Forschungsteam mit Beteiligung der Universität Basel und des Universitätsspitals Basel neue Art von beigen Fettzellen entdeckt und beschrieben. Diese unterscheiden sich von den bisher bekannten beigen Fettzellen. «Bestimmte Fettzellen können Energie mit Hilfe von ‹absichtlich› ineffizienten Stoffwechselprozessen verschwenden. Die in unserer Arbeit beschriebenen Zellen verwenden dafür andere Mechanismen als bisher angenommen», sagt PD Dr. Matthias Betz, Forschungsgruppenleiter am Departement Klinische Forschung der Universität Basel und der Klinik Endokrinologie des USB. «Diese Ineffizienz des Stoffwechsels kann nützlich für den Menschen sein und helfen, Erkrankungen wie Übergewicht und Insulinresistenz zu vermeiden.»

Durchgeführt wurde die Studie im Rahmen einer Zusammenarbeit der ETH Zürich, der Universität Basel und dem Universitätsspital Basel, dem Universitätsklinikum Leipzig und dem Dana-Farber Cancer Institute in Boston. Zahlreiche weitere Spitäler und Forschungseinrichtungen weltweit waren daran beteiligt.

Unabhängig von bekanntem Protein

Die bisher bekannten beigen Fettzellen erzeugen Wärme über ein Transporteiweiss namens Uncoupling Protein 1 (UCP1), das auch bei braunen Fettzellen vorkommt. Es sitzt in der inneren von zwei Membranen, die die Mitochondrien umgeben. Mitochondrien – auch als die Kraftwerke der Zellen bekannt – pumpen im Rahmen ihrer normalen Funktion geladene Teilchen aus dem Mitochondrien-Inneren in den Raum zwischen den beiden Membranen. Das hierdurch entstandene Ladungsgefälle wird üblicherweise dazu genutzt, Energieträgermoleküle wieder aufzuladen, nämlich das sogenannte ADP wieder in ATP umzuwandeln. ATP dient Zellen quasi als Batterie für energieintensive Stoffwechselprozesse. Das Protein UCP1 kann jedoch diesen Aufladeprozess in den Mitochondrien kurzschliessen, wodurch Wärme entsteht.

Mikroskopische Aufnahme von menschlichem Fettgewebe
Fettgewebe eines Menschen mit weissen und beigen Fettzellen. Die kleineren Zellen mit mehreren Tröpfchen im Innern sind beige Fettzellen (Mikroskopische Aufnahme: Matthias Betz, Universität Basel)

In den vergangenen Jahren bemerkten Forschende, dass es auch beige Fettzellen ohne das Protein UCP1 gibt, und dass sie ebenfalls Energie verbrauchen und damit Wärme produzieren. Das internationale Forschungsteam hat die neue Klasse von beigen Fettzellen nun genau charakterisiert und gezeigt, wie sie das tun: über einen Sisyphos-Mechanismus.

Der funktioniert so: Bei allen biochemischen Prozessen, die in den Zellen ablaufen, entsteht immer etwas Wärme. Die neue Klasse der beigen Fettzellen macht sich das zunutze und lässt einzelne Prozesse scheinbar sinnlos hin- und herlaufen. Die Zellen verwenden dafür vor allem zwei Umwandlungsprozesse: Sie wandeln auf Hochtouren Fette in ihre Bestandteile, die Fettsäuren, um und bauen daraus ebenso schnell wieder neue Fette auf. Ähnlich verfahren sie mit dem Molekül Kreatin. Mithilfe eines Enzyms wandeln sie es in das verwandte Molekül Kreatinphosphat um – nur um es postwendend wieder in Kreatin zurück zu verwandeln. Wissenschaftler nennen diese Prozesse «futile cycles», also nutzlose Stoffwechselzyklen. Im biochemischen Haushalt bringen sie in der Summe nichts, sie verbrauchen aber Energie und erzeugen Wärme.

Diabetes und Fettleibigkeit verhindern

Das Forschungsteam beschrieb den neuen Typ beiger Fettzellen zunächst bei Mäusen. Anschliessend untersuchten sie auch Fettgewebe von Menschen und konnten zeigen, dass diese Fettzellen auch dort vorkommen. Während nur weniger als die Hälfte der Menschen die bisher bekannten beigen Fettzellen besitzt, kommen die neuen Futile-Cycle-Fettzellen bei fast allen Menschen vor. Allerdings haben nicht alle Menschen gleich viele davon.

Wie die Forschenden zeigen konnten, sind Personen mit vielen beigen Fettzellen schlanker und haben tendenziell eine bessere Stoffwechselgesundheit: Sie sind weniger anfällig für Übergewicht und Stoffwechselstörungen wie Diabetes. Dies gilt sowohl für die bekannte als auch für die neue Form der beigen Fettzellen. «Indem beige Fettzellen Energie in Wärme umwandeln können, tragen sie dazu bei, überschüssiges Fett abzubauen», erklärt Tongtong Wang, Erstautorin der Studie und Doktorandin an der ETH Zürich.


Originalpublikation

Wang T, Sharma AK, Wu C et al.:
Single Nucleus Transcriptomics Identifies Separate Classes of UCP1 and Futile Cycle Beige Cells.
Cell Metabolism (2024), doi: 10.1016/j.cmet.2024.07.005

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