Genetische Signatur steigert Proteinherstellung während der Zellteilung
Forschende am Biozentrum der Universität Basel haben eine genetische Signatur entdeckt, die es Zellen erlaubt, die Herstellung von Proteinen ihrem jeweiligen Zustand anzupassen. Dieser neu entdeckte Mechanismus, so berichten die Forscher in «Genome Biology», trägt dazu bei, die Herstellung von Proteinen während der Zellteilung zu steuern.
27. Februar 2020
Für Zellen ist die Herstellung von Proteinen sehr energieaufwändig. Um die zellulären Ressourcen effizient zu nutzen, muss dieser Prozess besonders streng reguliert werden. Forscher um Prof. Mihaela Zavolan vom Biozentrum der Universität Basel haben nun herausgefunden, wie mithilfe des genetischen Codes die Produktion von Proteinen während des Wachstums und der Vermehrung von Zellen gesteuert wird. Dieser Mechanismus spielt möglicherweise auch bei der unkontrollierten Zellteilung eine Rolle.
Mehrere Codons für eine Aminosäure
Der genetische Code ist wie eine eigene Sprache, mit Wörtern aus nur drei Buchstaben. Jedes Wort, auch als Codon bezeichnet, steht für eine Aminosäure, die Grundbausteine der Proteine. Da 64 Codons für 20 Aminosäuren zur Verfügung stehen, gibt es für jede Aminosäure mehr als nur ein Codon.
Die verschiedenen Codons, die für ein und dieselbe Aminosäure stehen, kommen jedoch nicht gleich häufig im Genom vor. Einige findet man häufig, andere nur sehr selten. «Bisher hat man angenommen, dass seltene Codons die Proteinproduktion generell bremsen», sagt Zavolan. «Unsere Ergebnisse zeigen jedoch ein differenzierteres Bild. So kurbeln seltene Codons während der Zellteilung die Herstellung spezifischer Proteine sogar an.»
Seltene Codons regeln Proteinherstellung
Um ein Protein herzustellen, muss zunächst das Gen für dieses Protein kopiert werden. Diese Kopie, die sogenannte Boten-RNA, wird anschliessend in den Proteinfabriken der Zelle durch spezifische Moleküle in eine Abfolge von Aminosäuren übersetzt. Die Boten-RNAs, die bei der Vermehrung von Zellen eine Rolle spielen, werden in der Regel von seltenen Codons kodiert. Während der Ruhephase stellt die Zelle nur wenige dieser Proteine her. Denn die Übersetzungsmoleküle für die seltenen Codons kommen in der Zelle auch nur selten vor, daher dauert es länger sie abzulesen.
«Die Situation ändert sich, wenn die Zelle auf Vermehrung umschaltet. In diesem Fall stehen mehr Übersetzer für die raren Codons zur Verfügung», erklärt Joao Guimaraes, Erstautor der Studie. «Die zellteilungsspezifischen Boten-RNAs, die häufig solche seltenen Codons aufweisen, können nun effizienter abgelesen werden. Die Herstellung dieser Proteine erfährt dadurch einen Schub.» Mithilfe der seltene Codons lässt sich die Produktion bestimmter Proteine gezielt steuern, je nach Bedarf der Zelle.
Genetische Signatur für Zellvermehrung
«Unsere Arbeit stellt die derzeitige Vorstellung in Frage, dass seltene Codons sich nachteilig auf die Herstellung von Proteinen auswirken», sagt Guimaraes. «Wir konnten zeigen, dass seltene Codons ganz spezifisch die Produktion solcher Proteine ankurbeln, die für die Zellteilung notwendig sind.» Das Wissen über die genetischen Signatur hilft auch die fehlgesteuerte Proteinherstellung während der Krebsentstehung besser zu verstehen. Krebs ist eine Erkrankung, bei der normale Zellen entarten und sich deshalb unkontrolliert vermehren.
Originalbeitrag
Joao Guimaraes, Nitish Mittal, Alexandra Gnann, Dominik Jedlinski, Andrea Riba, Katarzyna Buczak, Alexander Schmidt and Mihaela Zavolan
A rare codon-based translational program of cell proliferation
Genome Biology (2020), doi: 10.1186/s13059-020-1943-5