Molekulare Fabriken: Die Kombination zwischen Natur und Chemie funktioniert
Forschenden der Universität Basel ist es gelungen, sogenannte molekulare Fabriken zu entwickeln, die die Natur nachahmen. Dafür haben sie künstliche Organellen in mikrometergrosse, natürliche Bläschen (Vesikel) verpackt, die von Zellen produziert werden. Solche molekularen Fabriken sind auch nach der Injektion in ein Tiermodell intakt, erfüllen ihre Funktion und weisen keine Toxizität auf, berichtet das Team in der Fachzeitschrift «Advanced Science».
09. Januar 2020
In den Zellen, den eigentlichen Fabriken der Biologie, sind die Moleküle des Lebens versammelt. Die Produktionsstätten in den Zellen sind kleine Kammern namens Organellen, in und zwischen denen eine grosse Vielfalt chemischer Reaktionen stattfindet. Für medizinische Anwendungen wäre es ideal, wenn molekulare Fabriken eingesetzt werden könnten, die sich wie künstliche Zellen verhalten – dies etwa um fehlende oder benötigte Moleküle und Medikamente zu produzieren.
Biosynthetische Vesikel
Eine Zusammenarbeit des Departements Chemie der Universität Basel, des Swiss Nanoscience Institute und des NFS Molecular Systems Engineering machte es möglich, dass solche molekularen Fabriken erfolgreich entwickelt werden konnten. Zuerst entwarfen die Forschenden unter Leitung von Prof. Dr. Cornelia Palivan und Prof. Dr. Wolfgang Meier künstliche Organellen, also abgegrenzte Teile von Zellen. Sie beluden diese weichen, biosynthetischen Kapseln mit Enzymen und fügten Membranproteine in die Wände ein, die wie Tore fungieren. Diese Tore ermöglichen das Eindringen und Austreten der Moleküle, die für die Enzymreaktion notwendig sind.
Danach wurden natürliche Zellen mit den künstlichen Organellen gefüttert. Nach einer Stimulation produzierten die Zellen natürliche Vesikel in Mikrometergrösse. Diese besitzen neben dem Zellplasmaeine natürliche Zellmembran, schliessen zudem die künstlichen Organellen in ihrem Inneren ein und können somit als molekulare Fabrik funktionieren.
Farbreaktion belegt Funktionsfähigkeit von molekularen Fabriken
Zebrafischembryonen als Tiermodell
Die molekularen Fabriken wurden von Forschenden der Gruppe von Prof. Dr. Jörg Huwyler vom Departement Pharmazeutische Wissenschaften in Embryonen von Zebrafischen injiziert. In diesem Tiermodell produzierten sie die gewünschten Komponenten, die durch das Enzym in der künstlichen Organelle katalysiert wurden. Die Vitalität des Embryos wurde durch die Injektion nicht beeinträchtigt.
«Diese Kombination aus natürlichen Vesikeln und den kleinen synthetischen Organellen macht die molekulare Fabrik aus: Reaktionen in ihrem Inneren liefern das Endprodukt, ähnlich wie es in Zellen der Fall ist», so die beiden Erstautoren der Studie, Dr. Tomaz Einfalt und Dr. Martina Garni.
Im Inneren der molekularen Fabriken können mehrere Komponenten hergestellt und zum Endprodukt zusammengefügt werden. Die biosynthetischen Vesikel können auch Komponenten von einer Zelle zu anderen übertragen. Unterschiedliche molekulare Fabriken lassen sich kombinieren, sodass komplexere Strukturen mit hoher Funktionalität geschaffen werden können – ein erster Schritt, um künstliche Zellen im Labor oder in lebenden Organismen herzustellen.
Originalbeitrag
Tomaž Einfalt, Martina Garni, Dominik Witzigmann, Sandro Sieber, Niklaus Baltisberger, Jörg Huwyler, Wolfgang Meier, Cornelia G. Palivan
Bioinspired molecular factories with architecture and in vivo functionalities as cell mimics
Advanced Science (2019), doi: 10.1002/advs.201901923
Weitere Auskünfte
- Prof. Dr. Cornelia G. Palivan, Universität Basel, Departement Chemie, Tel. +41 61 207 38 39, E-Mail: cornelia.palivan@unibas.ch
- Prof. Dr. Wolfgang P. Meier, Universität Basel, Departement Chemie, Tel. +41 61 207 38 02, E-Mail: wolfgang.meier@unibas.ch