Schweizer Stiftungen: Weniger Gründungen, mehr Liquidationen
Das Wachstum im Schweizer Stiftungssektor hat sich im vergangenen Jahr deutlich abgeschwächt. Die Anzahl der neu gegründeten Stiftungen liegt mit 301 auf dem tiefsten Stand seit 20 Jahren. Gleichzeitig wurden 2018 so viele Stiftungen liquidiert wie noch nie. Dies zeigt der Schweizer Stiftungsreport 2019 des Centers for Philanthropy Studies der Universität Basel, SwissFoundations und des Zentrums für Stiftungsrecht der Universität Zürich.
25. April 2019
Stiftungen sind in der Schweizer Gesellschaft fest verankert: Mit über 13'000 gemeinnützigen Stiftungen hält die Schweiz eine internationale Spitzenposition und weist pro Kopf sechsmal mehr Stiftungen auf als die USA oder Deutschland.
«Stiftungen sind Teil einer lebendigen und intakten Zivilgesellschaft. Wir können feststellen, dass sie in der Schweiz nicht nur in den Städten einen wichtigen Bestandteil der Gesellschaft darstellen, sondern dass sie auch in vielen kleineren Ortschaften und Dörfern sozialpolitisch und ökonomisch tief verwurzelt sind», führt Prof. Dr. Georg von Schnurbein, Leiter des Center for Philanthropy Studies der Universität Basel, aus.
Weniger Neugründungen
Im vergangenen Jahr war indes ein deutlicher Rückgang bei den Neugründungen zu verzeichnen, wobei sich in den einzelnen Kantonen ein sehr unterschiedliches Bild zeigt. Gleichzeitig haben viele, insbesondere kleinere Stiftungen mit geringen Finanzerträgen, Schwierigkeiten bei der Nachfolge im Stiftungsrat oder der Zweckerfüllung zu kämpfen. So hat die Anzahl Stiftungsliquidationen mit 195 im letzten Jahr einen neuen Rekordstand erreicht.
Der Schweizer Stiftungssektor sieht sich mit einer zunehmenden Regulierung konfrontiert. Massnahmen gegen Geldwäscherei, Terrorismusfinanzierung und Steuerhinterziehung – etwa die geplante Abschaffung der Ausnahmen für gemeinnützige Stiftungen im automatischen Informationsaustausch – führen zu einer immer stärkeren Bürokratisierung und höheren Kosten.
Ungenügender Frauenanteil in Stiftungsräten
Ein Stiftungsratsmandat ist nach wie vor im besten Sinn des Wortes ein Ehrenamt. Wenig überraschend ist denn auch mehr als die Hälfte der nationalen Parlamentsmitglieder in mindestens einem Stiftungsrat engagiert.
In den 13'169 gemeinnützigen Schweizer Stiftungen waren Ende 2018 insgesamt 62'102 Stiftungsrätinnen oder -räte aktiv. 2,1% dieser Personen sind in drei oder vier Stiftungsräten engagiert, was auf eine wenig verbreitete Ämterkumulation im Schweizer Stiftungswesen hindeutet.
Weniger vorteilhaft zeigt sich die Diversität im Stiftungswesen. Fast ein Drittel aller Stiftungsratsgremien ist rein männlich besetzt, wogegen nur gerade 2,1% ausschliessliche Frauengremien sind. Wenn der Frauenanteil im Schweizer Stiftungssektor mit 28% auch über demjenigen von Verwaltungsräten in der Wirtschaft (19%) liegt, zeigt sich hier ein deutlicher Nachholbedarf.
Schweiz an vierter Stelle
Der 2018 erstmals veröffentlichte Global Philanthropy Environment Index, der nicht das philanthropische Engagement selbst misst, sondern das politische, regulatorische und gesellschaftliche Umfeld für Philanthropie, stellt der Schweiz ein gutes Zeugnis aus. Sie liegt hinter Finnland, den Niederlanden und den USA auf dem vierten Platz. Vergleicht man den Global Philanthropy Environment Index zudem mit weiteren soziologischen und wirtschaftlichen Indizes, so zeigt sich, wie eng verflochten eine freiheitlich-demokratische Grundordnung mit einem starken philanthropischen Engagement ist.
Schweizer Stiftungsreport 2019
Der Schweizer Stiftungsreport erscheint 2019 in seiner zehnten Ausgabe und wird jährlich vom Center for Philanthropy Studies der Universität Basel (CEPS), von SwissFoundations, dem Verband der Schweizer Förderstiftungen, und dem Zentrum für Stiftungsrecht an der Universität Zürich publiziert. Er enthält aktuelle Zahlen, Fakten und Trends aus dem In- und Ausland und soll zu einer besseren Wissensgrundlage im Stiftungswesen beitragen.