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Sexuelle Minderheiten erleben im Alltag mehr Ausgrenzung

Holzfiguren stehen in einer Gruppe zusammen, einzelne Figur in Regenbogenfarben bleibt abseits.
Lesbische, schwule und bisexuelle Menschen werden häufiger ausgegrenzt als heterosexuelle Personen. (Bild: KI-generiert)

Lesbische, schwule und bisexuelle Menschen erfahren häufiger Ausgrenzung als heterosexuelle Personen. Das zeigt eine aktuelle Studie von Forschenden der Universität Basel und der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität Kaiserslautern-Landau. Betroffen sind auch heterosexuelle Menschen, wenn sie von klassischen Geschlechterrollen abweichen.

05. Juni 2024

Holzfiguren stehen in einer Gruppe zusammen, einzelne Figur in Regenbogenfarben bleibt abseits.
Lesbische, schwule und bisexuelle Menschen werden häufiger ausgegrenzt als heterosexuelle Personen. (Bild: KI-generiert)

LGB-Menschen erleben Ausgrenzung in verschiedenen Bereichen des Alltags: Sie werden beispielsweise am Arbeitsplatz von sozialen Aktivitäten ausgeschlossen oder in der Schule oder an Universitäten durch Mitschülerinnen, Mitschüler oder Lehrpersonal ignoriert und marginalisiert. Zu Veranstaltungen werden sie mitunter nicht eingeladen, ihre Beiträge werden in Gesprächen übergangen. So skizzieren die Forschenden der Universität Basel und der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität Kaiserslautern-Landau (RPTU) ihre Ergebnisse.

In drei Studien mit insgesamt über 3200 Teilnehmenden in Deutschland und den USA untersuchte das Forschungsteam die Ausgrenzungserfahrungen von sexuellen Minderheiten. «Diese Gruppen erfahren viele Formen von Gewalt und Diskriminierung», erklärt Christiane Büttner, Sozialpsychologin an der Universität Basel. «Anders allerdings als bei offener Diskriminierung, die sichtbar und auch anfechtbar ist, kann Ausgrenzung subtil und damit schwer zu erkennen und zu beweisen sein.» Genau das mache es für die Betroffenen schwierig, die Situation anzusprechen oder gar Unterstützung einzufordern.

Subtile Form der Diskriminierung bislang wenig untersucht

Ausgrenzung könne schmerzhafter sein als andere Formen der Diskriminierung, weil sie die grundlegenden Bedürfnisse nach Zugehörigkeit, Anerkennung und Selbstwertgefühl angreift. Denn Menschen seien soziale Wesen und strebten nach Zugehörigkeit – in sozialen Gruppen finden sie Sicherheit und Bestätigung. Als Folge sozialer Ausgrenzung können die Betroffenen schwerwiegende psychische Probleme wie Angststörungen oder Depressionen entwickeln oder auch Suizidalität. «Insbesondere wenn den Ausgegrenzten bewusst ist, dass sie aufgrund einer nicht veränderlichen Eigenschaft ausgegrenzt werden, wie etwa ihrer sexuellen Orientierung, können die Folgen verheerend sein», unterstreicht Selma Rudert, Sozialpsychologin an der RPTU.

Frühere Studien haben sich vorwiegend auf offensichtlichere Diskriminierungsformen gegen sexuelle Minderheiten konzentriert. Dazu zählen beispielsweise direkte Beschimpfungen. «Subtilere Formen wurden bislang weniger untersucht. Hier wollten wir eine Lücke schliessen», so Büttner.

Das Ergebnis: Lesbische, schwule und bisexuelle Menschen erfahren häufiger Ausgrenzung als heterosexuelle Personen. Laut den Forschenden erlebt jeder Mensch durchschnittlich zwei bis drei Ausgrenzungserfahrungen innerhalb von 14 Tagen, Angehörige sexueller Minderheiten im Schnitt eine Ausgrenzungssituation mehr.

Ein Abweichen von der Geschlechterrolle macht ausgrenzbar

Eine der Studien zeigt, dass die häufigere Ausgrenzung mit der Nichtkonformität von Geschlechtsrollen zusammenhängt. «Personen, die so wahrgenommen werden, als wichen sie von Geschlechternormen ab – unabhängig davon, ob sie es tatsächlich tun oder was ihre tatsächliche sexuelle Orientierung ist – werden häufiger ausgegrenzt», schildert Sven Kachel, Psychologe an der RPTU. «Selbst wenn die Befragten die sexuelle Orientierung der zu beurteilenden Personen nicht kennen, schätzten sie jene Personen als ausgrenzbarer ein, die sie als weniger geschlechtskonform erlebten.» Das heisst: Auch beispielsweise ein heterosexueller Mann, der als weniger maskulin wahrgenommen wird, läuft Gefahr, Ausgrenzung als subtile Form der Diskriminierung zu erfahren.

Die Ergebnisse legen insgesamt nahe, dass mehr proaktive Massnahmen erforderlich sind, um die Gesellschaft gegen Ausgrenzung als subtile Art von Diskriminierung in allen Bereichen zu sensibilisieren, so die Forschenden. Ein Ansatz: Im Rahmen des sogenannten Pride Month wird mithilfe verschiedener Aktionen auf die Anliegen der LGBTQ+-Gemeinschaft aufmerksam gemacht. 

«Organisationen und Bildungseinrichtungen sollten darüber hinaus spezifische Programme und Trainings etablieren, um Bewusstsein zu schaffen und ein inklusives Umfeld zu fördern», empfehlen die Autorinnen und Autoren der Studie. Auf gesellschaftlicher Ebene könnten Kampagnen zur Förderung von Vielfalt und Inklusion helfen, Stereotype und Vorurteile abzubauen.


Originalpublikation

Christiane M. Büttner, Selma C. Rudert, and Sven Kachel
Ostracism experiences of sexual minorities: Investigating targets' experiences and perceptions by others.
Personality and Social Psychology Bulletin (2024), doi: 10.1177/01461672241240675

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