Substanz aus der Chinesischen Medizin kann Herzrhythmusstörungen auslösen
Eine in der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) häufig verwendete Arzneipflanze – Evodia rutaecarpa – enthält Substanzen, die Herzrhythmusstörungen auslösen können. Das haben Forschende an den Universitäten Basel, Wien und Utrecht herausgefunden.
02. Mai 2018
Extrakte der Pflanze Evodia rutaecarpa (Stinkeschenfrüchte) werden in der Traditionellen Chinesischen Medizin bei vielfältigen Beschwerden eingesetzt, so etwa bei Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen sowie bei menstruellen Beschwerden und Geschwüren im Mundbereich.
Forschende um Prof. Dr. Matthias Hamburger vom Departement Pharmazeutische Wissenschaften der Universität Basel untersuchten die Wirkung von Evodia-Extrakten in Zusammenarbeit mit Pharmakologen und Toxikologen der Universität Wien. Die in Basel aus der Pflanze isolierten Naturstoffe Dehydroevodiamin (DHE) und Hortiamin erwiesen sich als sehr potente Hemmstoffe von Kaliumkanälen im Herzmuskel. Werden diese Kanäle blockiert, verändern sich die Erregungsabläufe im Herzmuskel, was schwere Herzrhythmusstörungen – sogenannte Torsade de pointes (TdP) – und Kammerflimmern auslösen und zum plötzlichen Herztod führen kann.
Wirkung im Tierversuch bestätigt
Das Entstehen schwerer TdP-Arrhythmien nach Gabe von DHE konnten Forschende der Universität Utrecht bei EKG-Untersuchungen an Hunden bestätigen; ein Modell, das auch zur Prüfung von Arzneimittelsicherheit in der Industrie eingesetzt wird.
Weiterführende Untersuchungen zeigten, dass die beiden Naturstoffe bereits in sehr geringen Konzentrationen Oszillationen in den Herzmuskelzellen verursachen, die Herzrhythmusstörungen auslösen können. Beispielsweise können diese Substanzen in einen Tee aus Evodiafrüchten gelangen.
Für Arzneimittel, die potenziell Herzrhythmusstörungen auslösen können, gilt eigentlich, dass vor Verabreichung eine Herzuntersuchung mittels EKG durchgeführt werden sollte. Dies gilt besonders für Patienten mit Herzerkrankungen, um deren Risiko zu bewerten. Bis heute liegen keine klinischen Studien vor, bei denen die Häufigkeit von Herzrhythmusstörungen nach Einnahme von Evodia-Präparaten untersucht wurde.
Sicherheit neu bewerten
Untersuchungen an der Universität Basel haben zudem gezeigt, dass der DHE-Gehalt von Evodiafrüchten erheblich ist. In welchem Ausmass diese Substanzen in eine Teezubereitung gelangen, wird von Hamburger derzeit untersucht. «Sollten DHE und Hortiamin nachgewiesen werden, ist die Sicherheit von Evodia-Präparaten neu zu bewerten», so Hamburger. TCM-Arzneipflanzen und -Produkte gelangen in Europa relativ unkontrolliert auf den Markt und sie können auch im Internethandel bezogen werden.
Die Autoren der Studie mahnen daher zu erhöhter Wachsamkeit bezüglich möglicher toxischer Wirkungen von Evodia-Präparaten. «Die Popularisierung von Arzneipflanzen aus andern Kulturkreisen bringt Risiken mit sich. Diese Pflanzen können hochaktive Substanzen mit Nebenwirkungen enthalten, wie eben im Falle von Evodia. Zum Schutz der Bevölkerung ist daher eine genauere Untersuchung solcher Risiken unabdingbar», so Hamburger.
Originalbeitrag
Baburin I, Varkevisser R, Schramm A, Saxena P, Beyl S, Szkokan P, Linder T, Stary-Weinzinger A, van der Heyden MAG, Houtman M, Takanari H, Jonsson M, Beekman JHD, Hamburger M, Vos MA, Hering S.
Dehydroevodiamine and hortiamine, alkaloids from the traditional Chinese herbal drug Evodia rutaecarpa, are IKr blockers with proarrhythmic effects in vitro and in vivo.
Pharmacological Research (2018), doi: 10.1016/j.phrs.2018.02.024
Weitere Auskünfte
- Prof. Dr. Matthias Hamburger, Universität Basel, Departement Pharmazeutische Wissenschaften, Tel. +41 61 207 14 25, E-Mail: matthias.hamburger@unibas.ch
- Prof. Dr. Steffen Hering, Universität Wien, Department für Pharmakologie und Toxikologie, Tel. +43 1 4277 553 10, E-Mail: steffen.hering@univie.ac.at
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