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Krebs. (01/2023)

Training mit Hand und Fuss.

Aufgezeichnet von: Davina Benkert

Sandro Galli hat in Basel Sport studiert. Heute bietet er mit seinem Unternehmen persönliche Trainingsbegleitung auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse.

Sandro Galli in einer Besprechung in Trainingsumgebung
Sandro Galli wollte sein Schicksal selbst in die Hand nehmen und gründete nach dem Sportstudium eine Firma. (Foto: zVg)

Viele Leute glauben, ich würde als Sportwissenschaftler und Sporttherapeut die ganze Zeit trainieren. Dabei kümmere ich mich in meiner Position als Geschäftsführer von personal-training.ch viel um administrative Aufgaben und übernehme nur noch vier bis fünf beratende Termine pro Woche mit Kundinnen und Patienten. Meine Mitarbeitenden und ich bieten personalisiertes, auf sportmedizinischen Standards basierendes Training an.

In meinem Arbeitsalltag sitze ich inzwischen vor allem. Das eigene Training muss ich mir ausserhalb der Arbeit einrichten. Ich brauche Bewegung für Körper und Geist und es ist mir wichtig, dass ich von meinen Kunden und Patientinnen nicht etwas verlange, was ich selbst nicht mache. Das wäre nicht authentisch!

Nach dem Bachelorabschluss in «Sport in Prävention und Rehabilitation» an der Universität Basel habe ich mich zum Sporttherapeuten und medizinischen Trainingstherapeuten weitergebildet und wurde nach einem Praktikum im Zentrum für Sportmedizin der Universitätsklinik Balgrist unter anderem für die Leistungsdiagnostik von Herz- und Lungenpatienten für die ambulante Rehabilitation angestellt. In diesem Nebenjob leite ich inzwischen die Herzrehabilitation und arbeite als Sporttherapeut.

Neue Wege gehen

Ich interessiere mich für die wissenschaftliche Forschung in der Sportmedizin und versuche, neueste Erkenntnisse und Trainingsmethoden in meine Arbeit mit Kundinnen und Patienten zu integrieren. Als Studien belegten, dass Intervalltraining auf dem Laufband bei Herzpatienten zu guten Resultaten führt, wollte ich das ausprobieren.

Der etablierte Standard war jahrelang das Training mit kontinuierlicher Intensität. Schliesslich hat eine geeignete Patientin, nach vollumfänglicher Aufklärung, eingewilligt, einen Teil der Einheiten mit hochintensivem Intervalltraining zu absolvieren. Die Leistungssteigerung war doppelt so hoch, als mit konventionellem Training zu erwarten war, und dies mit geringerem Zeitaufwand. Die Resultate wurden auch ärztlicher Seite gut aufgenommen und in Fachkreisen präsentiert. Heute ist es Standard, dass ein Grossteil der Herzpatienten nach entsprechendem Aufbau mit hohen Intensitäten trainiert.

Den Alltag selber gestalten

In meinem Unternehmen, das ich 2014 gegründet habe, können wir losgelöst von trägen gesundheits- und unternehmenspolitischen Strukturen arbeiten. Auch praxisfremde Geldgeber, die Einfluss nehmen könnten, existieren nicht. Diese Unabhängigkeit erlaubt es uns, nach aktuellem Wissensstand flexibel zu arbeiten und die Bedürfnisse der Kundinnen und Kunden in den Mittelpunkt zu stellen. Ich war am Anfang der einzige Mitarbeiter und habe vor allem über persönliche Kontakte Kundinnen und Kunden gewonnen. Heute umfasst das Team zehn Sporttherapeuten, Trainingswissenschaftlerinnen und Sportphysiotherapeuten und wir erhalten viele Zuweisungen von Physiotherapeuten und Fachärztinnen. Mein übergeordnetes Ziel ist es, die Qualität der Schweizer Trainingslandschaft zu verbessern und die Wahrnehmung von Personal Training zu verändern.

Der Begriff «Personal Trainer» ist nicht geschützt. Vom Fitnessinstruktor, der lediglich 40 Kursstunden absolviert hat, bis zur Trainingswissenschaftlerin mit Uniabschluss können alle persönliche Trainings anbieten. In der Fitnessbranche findet sich wenig studiertes Personal. Das Lohnniveau ist verhältnismässig tief, da die wenigsten Leute bereit sind, für ein Fitnessabo mehr als 1000 Franken zu zahlen. Für jemanden, der drei bis fünf Jahre lang Sportwissenschaften studiert hat, ist das nicht attraktiv. Somit werden wir an den Universitäten zwar auf höchstem Niveau ausgebildet, finden aber ausserhalb des Lehrerberufs kaum gut bezahlte Jobs. In der öffentlichen Wahrnehmung fehlt die Sensibilität für die unterschiedliche Dauer und Qualität der Ausbildungen im Trainingsbereich.

In der therapeutischen Praxis ergänzt und überschneidet sich die Arbeit der Sporttherapeutinnen oft mit jener der Physiotherapeuten, sie kann aber nicht über die Krankenkassen abgerechnet werden, da das Berufsbild noch jung und nicht im Gesetz verankert ist. In der Konsequenz dürfen keine Heilbehandlungen durchgeführt werden, im Unterschied zu Hebammen, Physiotherapeuten oder Chiropraktikerinnen. Ich habe realisiert, dass ich mein Schicksal in die eigenen Hände nehmen muss und dadurch die Chance habe, auch meinen Kommilitoninnen und Kommilitonen eine Berufsperspektive zu bieten. Ich war schon immer bereit, mich persönlich stark zu engagieren, um ungünstige Verhältnisse zu verbessern.

Zwischen Reha und Nationalteam

Gute Arbeitsbedingungen liegen mir am Herzen. Meine Mitarbeitenden können selbst entscheiden, wann, wie viel und mit wem sie arbeiten wollen. Ich erwarte im Gegenzug von ihnen ein Verständnis für interdisziplinäres Arbeiten und dass sie ihre Grenzen und Fachkompetenzen einschätzen können. Das ist für mich etwas fundamental Wichtiges. Jede und jeder in unserem Team kann einen Arztbericht verstehen und entsprechend den Trainingsaufbau anhand der individuellen Krankengeschichte gestalten.

Wir betreuen verschiedene Anspruchsgruppen und freuen uns ebenso, die Schweizer Karate-Nationalmannschaft zu beraten wie mit einer Brustkrebspatientin ein sanftes Rehabilitations- und Stärkungsprogramm umzusetzen. Wir wollen Wissen vermitteln, Bewegungs- und Ernährungskompetenzen steigern, damit unsere Kundinnen und Kunden effizient und differenziert trainieren, statt sich in Routinen zu verlieren. Eigenes Verständnis für das Zusammenwirken von Training und Ernährung stärkt die persönlichen Gesundheitskompetenzen und leistet einen Beitrag, die steigenden Gesundheitskosten einzudämmen.

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