Von der Idee zur Abgabe: Tipps zum Schreiben wissenschaftlicher Arbeiten
Das Schreiben von Proseminar- und Seminararbeiten kann am Anfang des Studiums ziemlich einschüchternd wirken. Wer nebst der Maturarbeit noch nie einen längeren wissenschaftlichen Text verfassen musste, weiss oftmals nicht, welches Vorgehen das Beste ist. Dr. Mirjam Weder, Dozentin für Deutsche Sprachwissenschaft, erklärt, worauf du dich achten solltest.
Ganz egal, ob es deine erste Proseminararbeit oder vielleicht sogar schon eine Bachelor- oder Masterarbeit ist: das Schreiben von Arbeiten wirkt anfangs oft ziemlich schwierig. Wo soll ich anfangen? Welche Themen eignen sich? Wie verläuft der eigentliche Schreibprozess? Dr. Mirjam Weder hat mir im Interview wertvolle Ratschläge und Tipps zum Verfassen von Arbeiten gegeben. Sie hat schon viele Studierende beim Schreiben betreut und weiss deshalb ganz genau, worauf es ankommt.
Aller Anfang braucht Recherche
Das Themas für die Arbeit solltest du dir gut überlegen. «Zuerst ist es einmal wichtig, dass klar wird, wo das eigene Forschungsinteresse liegt. Das ist nicht immer einfach», sagt Weder. Sie rät, zuerst einmal die Veranstaltungsnotizen durchzugehen. Diese können dir erste Ideen geben. Auch die Literatur, die du von deinen Dozierenden bekommst, ist oftmals ein guter Startpunkt. Weder sagt: «Vielleicht kann auch eine Beobachtung im Alltag interessant sein. Momente, in denen man sich gewundert oder gefragt hat, was da dahintersteckt.»
Wenn du ein Themengebiet, gefunden hast, das dich interessiert, ist ganz viel Recherche angesagt, bevor du dich ins eigentliche Schreiben stürzen kannst: «Es ist wesentlich, dass man eine Übersicht über den Forschungsstand hat, damit man die Forschungslücken identifizieren kann», so Weder. Aus der Recherche solltest du dann eine gute und klare Forschungsfrage erarbeiten. Das Wichtigste an dieser Frage ist, dass sie präzise und in einem Satz formuliert ist.
Ein gutes Konzept
Viele Dozierende erwarten von dir, dass du vor dem Anfangen mit der eigentlichen Arbeit ein Konzept abgibst. Ein gutes Konzept zu schreiben lohnt sich laut Weder: «Wenn man ein gutes Konzept hat, leitet einen das durch den Prozess wie Leitplanken.» Neben dem Konzept kann auch ein Zeitplan vieles erleichtern. Dieser soll realistisch sein: «Der Zeitplan muss angepasst werden. Man muss immer daran denken, wie viel Zeit überhaupt zur Verfügung steht neben Arbeit und Hobbies», sagt die Dozentin. Im Zeitplan solltest du Milestones vermerken, die du mit bestimmten Deadlines verbindest. Damit kannst du dich selber zur Verantwortung ziehen und motivieren.
Beim Zitieren und Nachweisen lohnt es sich, von Anfang an alle Quellen zu bibliographieren. Dafür gibt es verschiedene Programme wie Zotero und Endnote. Diese erleichtern das Wiederfinden von Informationen und das Einhalten einer gewissen Ordnung. «Beim Zitieren und Nachweisen sind viele oft zu grosszügig, gar nicht in betrügerischer Absicht», sagt Weder. Es ist also wichtig, dass du wirklich sämtliche Gedanken und Ideen, die aus anderen Texten übernommen werden, korrekt ausweist, damit nicht plötzlich der Verdacht auf Plagiat aufkommt.
Vom Schreiben zur Abgabe
Eine wissenschaftliche Arbeit an der Universität entspricht nicht einer Maturarbeit, sondern muss den wissenschaftlichen Anforderungen genügen: «Viele Studierende schreiben eine persönliche Einleitung, was dann nicht unbedingt wissenschaftlich relevant ist. Die Einleitung soll eher als Einführung in den folgenden Text oder Werbung für den eigenen Text gesehen werden», so Weder. Ebenso wichtig ist es, dass die sogenannte wissenschaftliche Nachvollziehbarkeit gewährleistet ist, das heisst, dass das Vorgehen und die eigenen Gedankengänge für andere nachvollziehbar gemacht werden.
Wenn du schon beim Schreiben angekommen bist, ist es gut, wenn du auch gewisse Produktivitätsstrategien kennst, die du anwenden kannst, um in deinem Zeitplan zu bleiben. Da musst du selber ausprobieren, was für dich funktioniert.
Einige allgemeingültige Tipps gegen Schreibstau und andere Probleme gibt es aber: «Einfach mit Schreiben beginnen. Aus der Forschung wissen wir, dass schnelles Herunterschreiben und dann mehrfaches Überarbeiten zu besseren Texten führt», sagt die Expertin. Um mit der Material- und Ideenfülle umzugehen, empfiehlt es sich, während des ganzen Arbeitsprozesses alles zu protokollieren und jede Idee zu notieren, damit nichts vergessen geht: «Und abends ist es gut, sich zu notieren, wie am nächsten Tag weiterverfahren werden soll, damit spart man Zeit und Energie, weil man dann gleich mit der Arbeit loslegen kann», so Weder.
Wenn du deine erste Fassung fertig hast, solltest du die Arbeit auch noch ein paar Mal überarbeiten und sie von anderen durchlesen lassen, um zu sehen, ob dein Text auch ausserhalb deines Kopfes Sinn ergibt. Und wenn es dann soweit ist und du deine Arbeit abgeben kannst, sollte laut Weder rückblickend vor allem eins zählen: «Das Schreiben soll schliesslich auch noch etwas Freude machen. Und ich glaube, es macht mehr Freude, wenn man auch ein wenig Kontrolle über den Prozess hat und nicht nur von der Abgabefrist getrieben wird.»
Wenn Sina nicht gerade einen der endlosen Texte fürs Studium liest, taucht sie gerne in Geschichten und Bücher aus den verschiedensten Genres ein und bleibt damit stets in der Welt der Sprachen, die sie studiert. Ist dann doch einmal eine Auszeit vom Lesen gefragt, verbringt sie ihre Zeit mit ausgiebigen Spaziergängen, gemeinsamen Strickabenden mit Freund*innen oder damit, sich beim Pilatestraining möglichst anstrengende Übungen auszudenken.