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Keine gesunden Menschen ohne gesunden Planeten

Ärztin hält Globus in der Hand
«Planetary Health» stellt die Beziehungen zwischen Mensch, Tier und Umwelt in den Mittelpunkt einer Medizin, die zu einer nachhaltigen Entwicklung beiträgt. (Symolbild: Aslan Alphan/iStock)

Globale Umweltveränderungen haben weitreichende Folgen für die menschliche Gesundheit. Deshalb wird das Thema «Planetary Health» an der Universität Basel neu im gesamten Verlauf des Medizinstudiums thematisiert.

13. Dezember 2022 | Samuel Schlaefli

Ärztin hält Globus in der Hand
«Planetary Health» stellt die Beziehungen zwischen Mensch, Tier und Umwelt in den Mittelpunkt einer Medizin, die zu einer nachhaltigen Entwicklung beiträgt. (Symolbild: Aslan Alphan/iStock)

Überschwemmungen, Hitzewellen und Pandemien, die durch Virensprünge von Tieren auf den Menschen verursacht werden – solche Ereignisse nehmen zu und gefährden die menschliche Gesundheit. Die Weltgesundheitsorganisation WHO warnt seit längerem, dass die Klimakrise die grösste Gefahr überhaupt für unsere Gesundheit darstellt.

Im November 2021 wandten sich deshalb erstmals 300 Organisationen, die weltweit 45 Millionen Ärztinnen, Ärzte und medizinische Fachpersonen vertreten, in einem offenen Brief an Politikerinnen und Politiker. Sie riefen dazu auf, mehr gegen die globale Erhitzung zu tun, um diese auf 1,5 °C zu beschränken. Nur so könne eine «Gesundheitskatastrophe» verhindert werden.

«Planetary Health» als Grundlage für nachhaltige Medizin

Umwelt und Klima werden auch im Gesundheitswesen und in der medizinischen Ausbildung zunehmend zu einem zentralen Thema. «Die Umweltkrisen des 21. Jahrhunderts sind auch Gesundheitskrisen», sagt Dr. Christian Abshagen, Arzt und Fachverantwortlicher für dieses Thema im Curriculum des Basler Medizinstudiums. «Darauf muss die Medizin reagieren.» Das Konzept der «Planetary Health» biete dafür gute Grundlagen. Dieses anerkennt die Wechselwirkungen zwischen Menschen, Tieren und der Umwelt und stellt sie ins Zentrum einer transformativen Medizin, die zu einer nachhaltigen Entwicklung beiträgt.

Engagierte Gesundheitsfachleute und Medizinstudierende von «Health for Future», einem Ableger von «Fridays for Future», setzen sich seit 2019 dafür ein, dass dem Thema auch im Studium mehr Gewicht geschenkt wird. So auch an der Universität Basel. «Das Dekanat stand diesem Anliegen von Anfang an offen gegenüber und ist die Thematik proaktiv angegangen», sagt Francine Müller, Projektkoordinatorin Nachhaltigkeit an der Medizinischen Fakultät.

Im Oktober 2021 veröffentlichte der Schweizer Ärztedachverband FMH eine Planetary Health-Strategie zu den Handlungsmöglichkeiten von Ärztinnen und Ärzten im Rahmen des Klimawandels. Sie zeigt auf, wie eng die Klimakrise und die medizinische Tätigkeit verbunden sind und hält fest, dass Planetary Health in die ärztliche Aus- und Weiterbildung integriert werden soll. «Das bestätigte uns zusätzlich, dem Thema im Medizinstudium mehr Raum zu geben», sagt Müller.

Wie ein roter Faden durchs Studium

Müller und Abshagen haben in den vergangenen Monaten gemeinsam mit den Verantwortlichen des Studiendekanats und im Austausch mit Studierenden ein Curriculum für Planetary Health und Nachhaltigkeit im Gesundheitswesen erarbeitet. Seit dem Herbstsemester 2022 werden verschiedene Lerninhalte verteilt über das gesamte Medizinstudium eingewoben, zum Beispiel zu den Einflüssen von Luftverschmutzung, Hitzewellen oder Biodiversitätsverlust auf Krankheitsbilder wie Diabetes, Asthma und Covid-19.

Weitere Themen sind nachhaltige und gesundheitsfördernde Ernährung und Mobilität, soziale Gerechtigkeit und das professionelle Rollenverständnis. «Bei der Planetary Health gibt es viele Bezugspunkte zu bereits bestehenden Studieninhalten», sagt Abshagen. Zum Beispiel sei die Thematisierung von Umwelteinflüssen auf das Herz-Kreislauf-System in der Kardiologie nicht neu. Deshalb werden zwar punktuell neue Lerneinheiten geschaffen, wie Einführungsvorlesungen zu den Grundlagen von Planetary Health und dem Konzept der planetaren Grenzen. Mehrheitlich werden die neuen Inhalte aber entlang definierter Lernziele in bestehende Veranstaltungen integriert und thematisch verknüpft. Dafür unterstützen Müller und Abshagen die Dozierenden bei Bedarf.

«Für uns ist wichtig, dass sich das Thema wie ein roter Faden durchs Studium zieht», sagt Müller. Zur Vertiefung gebe es im Wahlpflichtprogramm zudem drei Projekte zu Planetary Health, die von Studierenden selbst initiiert worden sind. Eines widmet sich dem Thema «Grüne Spitäler» und geht der Frage nach, wie Emissionen und der Ressourcenverbrauch im Spitalbetrieb reduziert werden können. Ein zweites befasst sich mit diversen Auswirkungen der Klimakrise auf die Gesundheit und das dritte mit den Abhängigkeiten zwischen Ernährung, Gesundheit und Nachhaltigkeit. Die Plätze für die kommenden Veranstaltungen, zwei einwöchige Winterschools, wurden sehr schnell vergeben und die Warteliste sei lang, erzählt Müller. «Das Interesse am Thema ist gross.»

Vertrauen in der Bevölkerung

Müller und Abshagen hoffen, dass die Sensibilisierung für Planetary Health dazu beitragen wird, dass sich zukünftige Ärztinnen und Ärzte ihrer Rolle und Verantwortung im Rahmen der Klimakrise bewusster werden. «Beim Klima und der Gesundheit gibt es auch viele positive Synergien», sagt Abshagen. Zum Beispiel seien erneuerbare Energie, aktive Mobilität und pflanzenbasierte Ernährung nicht nur gut für den Planeten, sondern vor allem auch für unsere Gesundheit.

«Ärztinnen und Ärzte geniessen ein sehr hohes Vertrauen in der Bevölkerung», ergänzt Müller. «Indem sie in Gesprächen mit Patienten und Patientinnen oder im politischen Diskurs die Abhängigkeiten zwischen Umweltzerstörung und Gesundheitsproblemen thematisieren, können sie einen Wandel mitgestalten.»

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