Zahlreiche Gene für stabile Muskel-Nerv-Verbindung entdeckt
Damit wir uns bewegen können, müssen Nerven und Muskeln perfekt zusammenspielen. Forschende der Universität Basel haben nun in Mäusen zahlreiche Gene identifiziert, die für eine stabile Verbindung zwischen Muskel und Nerv sorgen. Die in «Nature Communications» veröffentlichte Studie liefert zudem wertvolle Hinweise für die Therapie von bislang unheilbaren Muskelkrankheiten.
06. März 2025 | Katrin Bühler
Laufen, atmen oder schreiben – all diese Bewegungen wären ohne unsere Muskeln nicht möglich. Die Anweisung dazu geben die Nerven, die über eine neuromuskuläre Kontaktstelle mit dem Muskel kommunizieren. Eine Schädigung oder der Verlust dieser Verbindungen ist oft der Grund neuromuskulärer Krankheiten, wie etwa Muskeldystrophien oder Amyotropher Lateralsklerose (ALS). Die Destabilisierung dieser Verbindung spielt aber auch eine entscheidende Rolle bei der im Alter auftretenden Muskelschwäche.
Wie aber hält der Muskel den Kontakt zur Nervenzelle aufrecht? Dieser Frage ging das Team von Prof. Markus Rüegg am Biozentrum der Universität Basel nach. In einer Studie an Mäusen konnten die Forschenden nun mithilfe modernster Technologien zahlreiche Gene identifizieren, die eine stabile und funktionstüchtige Verbindung zwischen Nervenzelle und Muskelfaser gewährleisten. Das Wissen über die molekularen Mechanismen könnte dabei helfen, wirksame Therapien zur Behandlung neuromuskulärer Krankheiten zu entwickeln.
Muskelfasern spielen wichtige Rolle
Die Skelettmuskeln bestehen aus einzelnen Muskelfasern, die mehrere Zentimeter lang sein können. Sie entstehen, indem viele Muskelzellen miteinander fusionieren. Je nach Länge kann eine Muskelfaser deshalb Hunderte bis Tausende Zellkerne besitzen. Sie befinden sich jeweils an der Peripherie der Faser und stellen sicher, dass Proteine für die Muskelkontraktion zur Verfügung stehen.
Die Muskelzellkerne in unmittelbarer Nähe einer Kontaktstelle zwischen Nerv und Muskelfaser übernehmen zudem eine andere Aufgabe. Sie sind darauf spezialisiert, die Verbindung zwischen Nerv und Muskel aufrechtzuerhalten. «Mit der single-nuclei RNA sequencing Methode konnten wir die gesamten mRNAs in jedem einzelnen Zellkern an so einer Kontaktstelle analysieren», sagt Erstautor Alexander Ham. «Daraus konnten wir schliessen, welche Gene aktiv sind und welche Proteine produziert werden.»
Zahlreiche Gene sorgen für stabile Verbindung
Die Forschenden identifizierten auf diese Weise über 450 Gene, die spezifisch in den Muskelzellkernen an den Kontaktstellen aktiv sind. Für einige dieser Gene konnten sie die Funktion aufklären und nachweisen, dass sie die Verbindung zwischen Nerv und Muskelfaser stabilisieren.
Weiterhin konnten sie zeigen, dass auch die Nervenzelle mitbestimmt, welche Gene in den Zellkernen der Muskelfaser an- und abgeschaltet werden. «Zum einen steuert die elektrische Aktivität der Nervenzelle die Expression von Genen, die zur Stabilität beitragen», erklärt Ham. «Zum anderen sind es eine Reihe von Faktoren, die bei der Bildung der neuromuskulären Kontaktstellen während der Entwicklung eine Rolle spielen.»
Interaktiver Atlas für Entwicklung von Therapien
Die umfangreichen Daten flossen in einen interaktiven Gen-Atlas ein, den Forschende weltweit für ihre Arbeit nutzen können. «Für Gentherapien könnte man künftig gezielt die Gene ins Visier nehmen, die für Stabilität dieser Nerv-Muskel Verbindung sorgen», sagt Rüegg. «Die meisten neuromuskulären Erkrankungen sind immer noch unheilbar. Wenn man die Verbindungen zwischen Muskeln und Nerven mithilfe von Gentherapien erhalten oder sogar wiederherstellen könnte, wäre das ein grosser Fortschritt. Unsere Arbeiten sind ein erster Schritt in der Identifizierung von solchen Kandidatengenen.»
Originalpublikation
Ham, A.S., Lin, S., Tse, A. et al.
Single-nuclei sequencing of skeletal muscle reveals subsynaptic-specific transcripts involved in neuromuscular junction maintenance
Nature Communications (2025), doi: 10.1038/s41467-025-57487-1