Eintauchen in die Nachhaltigkeitsforschung mit Videos und Quiz
Ein interdisziplinärer Onlinekurs ist bestens geeignet, um sich wissenschaftlich fundiertes Basiswissen zum Thema Nachhaltigkeit zu erarbeiten. Er ist auf der Plattform «Tales» der Universität Basel öffentlich zugänglich.
18. Oktober 2023 | Samuel Schlaefli
Spätestens seit der Coronapandemie ist klar: Onlinekurse für die Vermittlung von Lerninhalten, sogenannte «Massive Open Online Courses» (MOOCs), sind ein Angebot, das aus der Lehre nicht mehr wegzudenken ist. Über Plattformen wie FutureLearn schauen sich heute Millionen Studierende aus aller Welt Vorlesungen von weltweiten Top-Universitäten an. Alles, was es dafür braucht, ist ein Computer, ein Tablet oder ein Smartphone und eine stabile Internetverbindung.
Die Universität Basel hat mit Tales seit 2017 ihre eigene Plattform für MOOCs. «Bis heute haben wir etwa zwei Millionen Zugriffe auf unsere Lerninhalte registriert», sagt Dr. Thomas Lehmann, Leiter des New Media Center der Universität Basel, das für Tales verantwortlich ist. «Mit der Pandemie sind die Zugriffe ab 2020 geradezu explodiert.» Aktuell sind über die Plattform 32 Kurse für Studierende der Universität und Interessierte aus aller Welt zugänglich, wobei die meisten Zugriffe aus der Schweiz und Deutschland kommen.
Aha-Erlebnisse für eine breite Öffentlichkeit
Der neuste Zugang auf Tales kommt aus den Nachhaltigkeitswissenschaften, genauer aus dem Masterstudiengang Sustainable Development. Dieser ist interdisziplinär aufgebaut und integriert Wissen aus Sozialwissenschaften, Ökonomie, Ökologie und Psychologie. Deshalb sind gleich vier Professuren am Einführungskurs für den Studiengang beteiligt.
Zu ihnen gehört Patricia Holm, Professorin für Ökologie. «Wir hatten beim Unterrichten dieses Kurses immer wieder Aha-Erlebnisse und dachten schon länger, diese wären auch für ein breiteres Publikum von Interesse», erzählt sie und macht ein Beispiel. «Wir haben erst in den Diskussionen gemerkt, dass es keine Nachhaltigkeitsdefinition gibt, die für alle Bereiche gilt und die wir für den gesamten Kurs verwenden können. Je nach Kontext stehen andere Aspekte im Vordergrund.»
Entstanden ist ein Onlinekurs in fünf Kapiteln mit jeweils vier bis sechs Unterkapiteln. Den Definitionen und unterschiedlichen Nachhaltigkeitskonzepten ist ein eigenes Kapitel mit zahlreichen Texten, Erklärvideos und Referenzen zu wissenschaftlichen Grundlagentexten gewidmet. Weitere Kapitel befassen sich mit Energiesystemen und deren Transformation, dem Energiesystem der Schweiz und der Herausforderung des Biodiversitätsverlusts.
Fragen aus der Praxis
Der Fokus liege auf konkreten Fragestellungen aus der Praxis, sagt Holm. So sollen Lernende sozio-ökologische Faktoren kennenlernen, mit deren Hilfe sie die Nachhaltigkeit eines bestimmten Systems besser beurteilen können. Jedes Kapitel schliesst mit einem Quiz ab, mit dem Studierende und weitere Interessierte ihren Lernerfolg überprüfen können. Die Ergebnisse werden weder an die Dozierenden übermittelt noch gewertet, sind aber fester Bestandteil des Unterrichts.
«Der grosse Vorteil von Tales liegt darin, dass wir eine Geschichte entlang eines roten Fadens über verschiedene Medien erzählen können», sagt Holm. «Dadurch werden die Verbindungen zwischen den verschiedenen Themengebieten und Inhalten besser sichtbar.»
Drehbücher für den roten Faden
Für die Erarbeitung des neuen MOOC haben Holm und ihre Kolleginnen und Kollegen mehr als ein Jahr lang eng mit Thomas Lehmann und seinem Team zusammengearbeitet. Neun Mitarbeitende kümmern sich dort um Video, Grafik, Informatik und Administration und helfen Dozierenden an der Universität, ihre Inhalte in einem MOOC-Format aufzuarbeiten.
«Das Team hat viel Erfahrung darin, welche Medien und Formate sich für welche Inhalte eignen», sagt Holm. «Das war für uns sehr hilfreich.» Lehmann und sein Team haben auf der Basis von Texten der Dozierenden zum Beispiel Drehbücher für Videos geschrieben oder Texte so umformuliert und gekürzt, dass sie für ein breites Publikum besser verständlich sind.
«Tales ist nicht nur eine Plattform, sondern auch ein Service, den wir den Dozierenden an der Universität anbieten, um ihre Inhalte zu popularisieren», erklärt Lehmann. Das Interesse sei gross: «Wir sehen, dass Dozierende ihren Unterricht zunehmend hybrid gestalten und Inhalte von Tales bewusst in den Unterricht einbinden.»
Für Patricia Holm ist Tales auch mit der Hoffnung verbunden, Jugendlichen, die sich für Nachhaltigkeit interessieren, eine alternative Informationsquelle zu YouTube oder Social Media zu bieten. «Wenn es darum geht, Fakten gegen Fake News und einseitige Interpretationen ins Feld zu führen, haben wir einiges zu bieten», so Holm. «Bei uns finden Interessierte eine wissenschaftlich fundierte Einführung, bei der alle wichtigen Dimensionen der Nachhaltigkeit berücksichtigt sind.»
Klar sei aber auch, dass es sich lediglich um einen Appetizer mit Einführungscharakter für das riesige Forschungsgebiet der Nachhaltigkeitswissenschaften handle. Wer zur Expertin oder zum Experten auf dem Gebiet werden will, kommt deshalb trotz MOOC und Tales nicht darum herum, sich für das Studium in Sustainable Development» einzuschreiben.