Firmen in Bewegung: Produktivität in der Schweiz höher als angenommen
Für die Steigerung der wirtschaftlichen Produktivität in der Schweiz sind vor allem grosse und neue Firmen sowie die Spezialisierung in bestimmten Branchen verantwortlich. Dies schreiben Forscher der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Basel in der internationalen Fachzeitschrift «Review of International Economics». Nach ihren Schätzungen legte die Produktivität im Land zwischen 1997 und 2009 stärker zu als bisher angenommen.
28. Dezember 2017
Definiert wird Produktivität in einer Volkswirtschaft als das Verhältnis zwischen der Produktion und den dafür eingesetzten Mitteln. Die Erhöhung der Produktivität gilt als massgebend für die Steigerung des Reallohns und damit für den Lebensstandard der Bevölkerung. Die Basler Forscher um Prof. Rolf Weder entwickelten einen Ansatz zur Aufteilung der Produktivitätssteigerung in drei Komponenten: Erstens nennen sie die Spezialisierung in die relativ produktivsten Branchen, zweitens die Zuteilung der Ressourcen – wie Arbeit, Kapital, Boden und Rohstoffen – in relativ produktive Firmen innerhalb von Branchen und drittens den allgemeinen technologischen Fortschritt. Diesen Ansatz wendeten sie dann auf die Schweiz an.
«Beeindruckende Leistung»
Aufgrund von Daten des Bundesamtes für Statistik über Firmen im Industriesektor schätzen die Ökonomen, dass die Produktivität in der Schweiz zwischen 1997 und 2009 durchschnittlich um 3,5% pro Jahr gestiegen ist – angesichts der sonst oft tiefer eingeschätzten Zahlen eine «beeindruckende Leistung». Zu drei Vierteln verantwortlich dafür waren die beiden ersten Komponenten. Den grössten Anteil davon machte die Ressourcenzuteilung innerhalb von Branchen aus, wobei die Produktivitätssteigerung von grossen Firmen und der Eintritt von neuen Firmen entscheidend sind. Wichtig ist aber auch die Spezialisierung in relativ produktive Branchen sowie schliesslich der allgemeine technologische Fortschritt.
Für den Wohlstand in einem kleinen, international stark integrierten Land wie der Schweiz von Bedeutung sind also vor allem strukturelle Veränderungen zwischen und innerhalb von Branchen. Entscheidend für die Produktivitätssteigerung ist dabei auch die Dynamik auf Unternehmensebene, indem Firmen verschwinden können, neue Firmen in den Markt eintreten und produktivere Firmen expandieren, während unproduktivere schrumpfen.
Für flexiblen Arbeitsmarkt
Damit solche Wachstumsprozesse von den beteiligten Akteuren, insbesondere den Arbeitnehmern, verkraftet werden können, ist ein flexibler Arbeitsmarkt mit einem gut ausgebauten Sozialversicherungssystem wichtig, so die Forscher weiter: «Dies scheint in der Schweiz insgesamt sehr gut zu funktionieren, da gleichzeitig auch die Arbeitslosigkeit relativ tief ist.» Kontraproduktiv wären Massnahmen, welche diese Entwicklungen behindern.
Originalarbeit
Ulf Lewrick, Lukas Mohler, Rolf Weder
Productivity Growth from an International Trade Perspective
Review of International Economics,erschienen als Vorversion online, November 2017 | DOI: 10.1111/roie.12334
Weitere Auskünfte
Prof. Dr. Rolf Weder, Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät der Universität Basel, Tel. +41 61 207 33 55, E-Mail: rolf.weder@unibas.ch