Was der Psyche im Lockdown helfen könnte
Die Covid-19-Pandemie wirkt sich auf die psychische Gesundheit aus. Doch was genau belastet die Menschen und was hilft ihnen, einen Lockdown zu überstehen? Eine neue Studie unter der Leitung von Forschenden der Universität Basel ging dieser Frage anhand von Daten aus 78 Ländern nach. Die Resultate weisen auf zentrale Faktoren hin, die die psychische Gesundheit in der Pandemie beeinflussen.
07. Januar 2021
Zu Beginn der Covid-19-Pandemie war wenig bekannt, wie sich ein staatlich angeordneter Lockdown auf die Bevölkerung auswirken würde. Was man wusste, stammte aus früheren Beobachtungen im Rahmen von Quarantänen kleiner Personengruppen. «Einerseits können sich solche drastischen Veränderungen im Tagesablauf negativ auf die psychische Gesundheit auswirken», erklärt Prof. Dr. Andrew Gloster von der Universität Basel, Co-Leiter der jetzt in «PLOS One» veröffentlichten Studie. «Da aber bei einem Lockdown die gesamte Bevölkerung mehr oder weniger gleichmässig betroffen war, blieb unklar, ob dieser Effekt hierbei genauso eintritt.»
Um diese Frage zu klären, führten Gloster und seine internationalen Kolleginnen und Kollegen eine Online-Umfrage in 18 Sprachen durch. Fast 10’000 Menschen aus 78 Ländern nahmen daran teil und gaben Auskunft über ihre psychische Gesundheit sowie ihre allgemeine Situation während des Covid-19-bedingten Lockdowns.
Einer von zehn Befragten gab einen schlechten Zustand der eigenen psychischen Gesundheit an – einschliesslich negativen Wohlbefindens, Stress, depressivem Verhalten und pessimistischer Sicht auf die Gesellschaft. Weitere 50 Prozent sahen ihre psychische Gesundheit zwar nur mässig beeinträchtigt, dies hat sich aber in anderen Studien bereits als Risiko für weitere Komplikationen erwiesen. Die erhobenen Zahlen stimmen mit anderen Untersuchungen überein, die sich mit den Auswirkungen der Pandemie auf die psychische Gesundheit befassen.
Geringstes Wohlbefinden in Hongkong und Italien
Insgesamt war die Tendenz der Antworten in den untersuchten Ländern weitgehend ähnlich. Obwohl sich kein Land über alle Ergebnisse hinweg als durchweg besser oder schlechter herausstellte, zeigten sich doch einige Unterschiede. Teilnehmende in Hongkong und der Türkei hatten mehr Stress als diejenigen aus anderen Ländern; die USA berichteten mehr depressive Symptome; und das Wohlbefinden war in Hongkong und Italien am niedrigsten. Teilnehmende in Österreich, Deutschland und der Schweiz hingegen berichteten signifikant weniger negative Emotionen (negativer Affekt) als im Durchschnitt der Länder.
Diese Unterschiede zwischen den Ländern gehen wahrscheinlich auf eine Mischung aus Zufall, länderspezifische Reaktionen auf die Pandemie, kulturelle Eigenheiten sowie die politische Situation zurück. Darüber hinaus kommen auch Faktoren zum Tragen, die die Forschenden als zentral für die psychische Gesundheit in der Pandemie identifizierten. So waren der Verlust von finanziellem Einkommen im Vergleich zu dem Niveau vor dem Lockdown sowie ein fehlender Zugang zur Grundversorgung mit einem schlechteren psychischen Zustand verbunden. Faktoren, die den psychischen Zustand durchweg verbesserten, waren soziale Unterstützung, ein höheres Bildungsniveau und die Fähigkeit, flexibel auf die Situation zu reagieren und sich anzupassen.
«Initiativen im Bereich der öffentlichen Gesundheit sollten sich vor allem an Menschen ohne soziale Unterstützung richten sowie an diejenigen, deren finanzielle Situation sich durch den Lockdown verschlechtert. Basierend auf diesen Ergebnissen sind Massnahmen wie die Akzeptanz- und Commitment-Therapie vielversprechend, die psychologische Flexibilität fördern, um die Auswirkungen der Pandemie und eines Lockdowns zu mildern», so Gloster. Angesichts der weiterhin unvorhersehbaren Entwicklung der Pandemie und ihrer wirtschaftlichen Folgen bleibe es wichtig, auf die psychische Gesundheit der Menschen zu achten.
Originalpublikation
Andrew T. Gloster et al.
Impact of COVID-19 pandemic on mental health: An international study
PLOS One (2021), doi: 10.1371/journal.pone.0244809
Weitere Auskünfte
Prof. Dr. Andrew Gloster, Universität Basel, Fakultät für Psychologie, Tel. +41 61 207 02 75, E-Mail: andrew.gloster@unibas.ch