Versteinertes Wasser.
Text: Angelika Jacobs
Tausende Jahre, kompakt in wenigen Zentimetern Stein: In Tropfsteinen steckt ein wertvolles Klimaarchiv, das weiter zurückreicht als Baumringe und Eisbohrkerne.
Mit seinem Team sammelt Prof. Dr. Dominik Fleitmann Proben aus Tropfsteinhöhlen in verschiedenen Weltregionen – etwa im Mittleren Osten, in Nordafrika, aber auch in der Schweiz. In der Grotte de Milandre im Kanton Jura messen die Forschenden seit einigen Jahren die Tropfrate und die Temperatur, um diese Messdaten in ihre Analysen einfliessen zu lassen.
Der Fokus liegt aber auf dem Inneren der Stalagmiten: Aus den geschichteten Ablagerungen können die Forschenden rekonstruieren, wie die Niederschlagsmengen und die Temperaturen über die Jahrtausende schwankten. Ähnlich wie Baumringe spiegeln die Schichten des «versteinerten Wassers», wie Fleitmann es nennt, die Klima- und Wetterbedingungen wieder. Künftig möchte er in den Ablagerungen auch nach Spuren von Erbgut suchen, das Rückschlüsse auf die Gemeinschaft von Bodenorganismen im Erdreich über der Höhle zulässt. So liessen sich zusätzliche Einblicke in damalige Umweltbedingungen gewinnen.
Fasziniert ist Fleitmann auch vom Einfluss der Klimaschwankungen auf gesellschaftliche und politische Irrungen und Wirrungen der Vergangenheit. Seine Daten verknüpft er dafür mit archäologischen Funden und historischen Aufzeichnungen. Welchen Einfluss hatten Klimaschwankungen auf die Entstehung der Seidenstrasse oder des Islams? Und gab es ein historisches Vorbild für die biblische Sintflut?
Dominik Fleitmann ist seit 2019 Professor für Quartärgeologie am Departement Umweltwissenschaften der Universität Basel. Hier möchte er ein Zentrum für die Erforschung von Speläothemen aufbauen, so der Fachbegriff für alle Tropfsteine.
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