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Krebs. (01/2023)

Auf bestem Wege in die Praxis.

Text: Angelika Jacobs

Was als Idee im Labor beginnt, kann eines Tages die Behandlung von Krebs-Betroffenen verbessern. Fünf Spin-offs der Universität Basel mit dem Ziel, ihre Entwicklungen zu Patientinnen und Patienten zu bringen.

Schnellere Diagnostik und Therapiewahl.

Belegschaft von Artidis
Belegschaft von Artidis, mit CEO Marija Plodinec vorne in der Mitte. (Foto: Artidis)

Ein Knoten in der Brust, eine auffällige Mammografie: Der nächste Schritt für betroffene Frauen ist eine Biopsie und die Analyse des veränderten Gewebes: Wurde der Tumor früh genug entdeckt oder hat er schon gestreut? Durchschnittlich braucht es von der Entnahme einer Biopsie bis zum Resultat eine Woche. Für die Patientinnen und ihre Angehörigen sind das angsterfüllte Tage des Wartens.

Nur wenige Stunden dauert es hingegen mit einem Ansatz, den Marko Loparic, Marija Plodinec Tobias Appenzeller und Philipp Oertle vom Biozentrum seit 2014 im Rahmen eines Spin-offs weiterentwickeln: Ein Instrument tastet die Gewebeprobe mit einem winzigen Sensor ab, erfasst ihre Beschaffenheit und kann daraus den Status des Tumors ermitteln. Wenn ein Karzinom beginnt zu streuen, wandern Krebszellen durch den Körper. Sie müssen dabei besonders weich und flexibel sein. Tumore in einem späteren Stadium und das direkt angrenzende Gewebe haben daher andere mechanische Eigenschaften als in einem frühen Stadium. Dies kann das Instrument messen und abbilden. Die Daten erlauben Medizinerinnen und Medizinern mithilfe einer neu entwickelten Plattform auch Vorhersagen über den möglichen Erfolg einer Krebstherapie.

2018 ging aus dem Spin-off das Start-up Artidis (für «Automated and Reliable Tissue Diagnostics») hervor. Derzeit sammelt das Unternehmen Daten für die Marktzulassung der Technologie. Seit 2018 hat Artidis rund 40 Millionen Franken an Investitionen erhalten und beschäftigt derzeit über 60 Mitarbeitende.

Schonendere Zelltherapien.

Rosalba Lepore, Lukas Jeker und Romina Matter-Marone
Die Forschenden hinter Cimeio Therapeutics: Dr. Romina Matter-Marone, Prof. Dr. Lukas Jeker und Dr. Rosalba Lepore (v.l.n.r.). (Foto: Universität Basel, Florian Moritz)

Auf Zelltherapien ruhen grosse Hoffnungen, einige schwer zu behandelnde Erkrankungen bekämpfen zu können. Darunter auch bestimmte Arten von Blutkrebs. Das heutige Grundprinzip der Therapie: Blutstammzellen und entartete Blutkrebszellen werden durch Bestrahlung oder Chemotherapie entfernt und durch neue Stammzellen eines Spenders oder einer Spenderin ersetzt.

Das klingt einfach, ist es aber nicht; die Behandlung ist sehr belastend. Und sind beispielsweise entartete Zellen der Behandlung entkommen, droht ein Rückfall. Die Bestrahlung oder Chemo fortsetzen kann man jedoch nicht, ohne die neuen, gesunden Zellen ebenfalls zu schädigen.

Forschende des Departements Biomedizin wollen mit ihrem 2020 gegründeten Spin-off Cimeio Therapeutics ein System schaffen, durch das alte und neue Blutstammzellen unterscheidbar und gezielt manipulierbar werden. Im Klartext bedeutet das eine schonendere Behandlung: Die entarteten Blutstammzellen liessen sich mit diesem Ansatz nach und nach entfernen, während die neuen Zellen bereits die Aufgaben übernehmen und von der Behandlung unberührt bleiben.

Die Investmentgruppe Versant Ventures unterstützt das Unternehmen mit einer Anschubfinanzierung von 50 Millionen US-Dollar. Seit der Gründung konnte Cimeio auf rund 30 Mitarbeitende wachsen und arbeitet gezielt auf erste klinische Versuche hin.

Spezialeinheit gegen alle Tumorzellen.

Lucia Mori
Lucia Mori ist Mitgründerin von Matterhorn Biosciences. (Foto: Universität Basel, Oliver Hochstrasser))

Forschende um Gennaro De Libero und Lucia Mori am Departement Biomedizin haben eine Entdeckung gemacht, die der Schlüssel zu einer neuen Generation effizienter Immuntherapien sein könnte: eine bestimmte Art von Immunzellen, die entartete Zellen anhand des «MR1»-Moleküls erkennen und angreifen. Diese Immunzellen haben sie «MR1 T-Zellen» getauft. Mit ihrem Spin-off Matterhorn Biosciences, das sie 2019 mithilfe der Venture-Capital-Firma Versant Ventures gegründet haben, wollen die Forschenden diese T-Zellen zum Werkzeug gegen eine breite Palette von Krebsarten weiterentwickeln.

Bisherige Ansätze zellbasierter Immuntherapien kosten nämlich wertvolle Zeit: Man muss der Patientin oder dem Patienten Immunzellen entnehmen, sie so umprogrammieren, dass sie den Tumor erkennen, die Zellen testen, vermehren, für die Infusion vorbereiten und der Person wieder injizieren. MR1 T-Zellen könnten eines Tages einsatzbereit im Gefrierschrank warten, egal für welchen Krebs und egal für welche Person. Das Unternehmen hat bereits 40 Millionen US-Dollar Anschubfinanzierung erhalten und dürfte bis Ende 2023 auf etwa 50 Mitarbeitende anwachsen.

Weniger Nebenwirkungen.

Dritan Liko und Stefan Imseng
Dritan Liko (links) und Stefan Imseng, Gründer von Aukera Therapeutics. (Foto: zvg)

Fehler in der Regulation des Zellwachstums spielen eine grosse Rolle im Zusammenhang mit Krebs. Bei manchen Krebsarten ist ein Wachstums-Signalweg fälschlicherweise daueraktiv. Zwar gibt es bereits Wirkstoffe, die diesen sogenannten mTOR-Signalweg hemmen, aber diese sind nicht sehr spezifisch: Der Signalweg hat nämlich zwei Zweige, welche je nach Krebsart unterschiedlich stark überaktiviert sein können. Konventionelle Wirkstoffe können diese beiden Zweige nicht unterscheiden und sind deshalb mit teilweise starken Nebenwirkungen verbunden. 2021 haben Stefan Imseng und Dritan Liko vom Biozentrum das Spin-off Aukera Therapeutics gegründet, um neue, spezifischere Wirkstoffe zu entwickeln und Patientinnen und Patienten damit bessere Therapieoptionen zu eröffnen.

Bakterien gegen Krebs.

Simon Ittig, Gabriela Galli und Christoph Kasper
Simon Ittig, Gabriela Galli und Christoph Kasper (v.l.n.r.) von T3 Pharma bei der Verleihung des Swiss Economic Award 2021. (Foto: Remo Neuhaus)

Wirkstoffe gezielt in den Tumor bringen und den Rest des Körpers schonen – diese Vision verfolgen Forschungsgruppen weltweit. Einen vielversprechenden Ansatz wollen Forschende des Biozentrums mit ihrem Spin-off T3-Pharmaceuticals umsetzen: Gewisse Bakterien besitzen so etwas wie eingebaute Injektionsnadeln, mit denen sie Proteine direkt in menschliche Zellen einschleusen können. Dieses sogenannte Typ-3-Sekretionssystem ist das Kernstück der neuen Krebstherapie. Das Forschungs- und Entwicklungsteam von T3 Pharma hat Bakterien gezielt verändert, sodass sie sich in festen Tumoren ansammeln, sich dort vermehren und bestimmte Proteine produzieren, die das Krebswachstum direkt hemmen oder indirekt über eine Aktivierung des Immunsystems eindämmen. Diese therapeutischen Proteine schleusen die Bakterien mit ihrem Typ-3-Sekretionssystem direkt in die Tumorzellen ein. Eine klinische Studie ist erfolgreich angelaufen.

T3 Pharma wurde 2015 als Spin-off des Biozentrums gegründet und gewann seither zahlreiche Preise. Insgesamt konnte das Unternehmen 40 Millionen Franken für die Entwicklung der bakteriellen Krebstherapie einwerben.


Unternehmertum ist Neuland für die meisten Forschenden. Auf den ersten Schritten erhalten sie Unterstützung vom Innovation Office der Universität Basel, damit aus einem vielversprechenden Ansatz ein erfolgreiches Jungunternehmen werden kann.


Weitere Artikel in dieser Ausgabe von UNI NOVA (Mai 2023).

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