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Hell und Dunkel. (02/2024)

Der richtige Bakterienmix für eine bessere Ernte.

Text: Santina Russo

Um optimal zu gedeihen, beeinflussen Pflanzen die Bakteriengemeinschaft an ihren Wurzeln. Herauszufinden, wie ihnen das gelingt, ist wichtig für die Entwicklung neuer Biodünger für eine nachhaltigere Landwirtschaft.

Lisa Thönen sammelt Bodenproben
Umweltwissenschaftlerin Lisa Thönen sammelt nach der Maisernte Bodenproben von einem Versuchsfeld der Forschungsanstalt Agroscope in Changins (VD). (Foto: Valentin Gfeller)

Mittlerweile weiss jedes Kind: Pflanzenschutzmittel und zu viel Dünger auf den Feldern sind schlecht. Sie führen zur Übersäuerung der Böden und Gewässer und bedrohen die Biodiversität. Doch sie sind auch praktisch, weil sehr leistungsfähig: Pflanzenschutzmittel bewahren unsere Nutzpflanzen vor allerlei Schädlingen, und Dünger lässt alle Pflanzen besser gedeihen. So garantieren die Mittel hohe Erträge. «Ideal wäre eine biologische Alternative, die weiterhin für hohe Erträge sorgt, ohne Schäden in der Umwelt zu verursachen», sagt Klaus Schläppi, Professor am Departement Umweltwissenschaften der Universität Basel.

Heute gibt es bereits sogenannte Biologicals aus Mikroorganismen zu kaufen: Bakterien, Pilze oder Mischungen davon, die Nutzpflanzen schützen und nähren sollen. «Das Problem ist, dass diese nur manchmal wirken, vielfach leider nicht», sagt Schläppi. Nun haben die jüngsten Untersuchungen seines Forschungsteams gezeigt, warum das so ist und in welche Richtung eine bessere biologische Lösung gehen könnte.

Chemie-Cocktail aus den Wurzeln.

Konkret haben die Forschenden am Beispiel von Mais herausgefunden, dass die Bakterienpopulation, die sich aus dem Ackerboden an den Wurzeln anreichert, spezifisch an die jeweilige Nutzpflanze angepasst ist. Und gezeigt, dass die Pflanzen diese Anpassung selbst steuern.

Wurzelextrakt mitsamt Bakterien auf einer Kulturplatte
Ein Wurzelextrakt mitsamt Bakterien, ausplattiert auf einer Kulturplatte mit einem bestimmten Benzoxazinoid. diejenigen Bakterien, die diesen Stoff verarbeiten können, sind rot. (Bild: Lisa Thönen)

Denn Pflanzen bereiten sich den Boden, auf dem sie wachsen, zum Teil selbst: Über ihre Wurzeln scheiden sie einen Cocktail verschiedener chemischer Substanzen aus, die den Boden und die Organismen darin beeinflussen. Darunter einfache Moleküle wie Zucker, aber auch komplexere Substanzen, die sich je nach Pflanze unterscheiden. Zu diesen sekundären Pflanzenstoffen gehören bei Getreide wie Mais und Weizen die Benzoxazinoide. «Diese werden gerade von Maispflanzen in grossen Mengen in den Boden abgegeben», sagt Schläppi.

Schon bekannt war, dass diese Stoffe den Pflanzen helfen, über die Wurzeln Eisen aufzunehmen, und als Abwehrstoffe gegen Schädlinge wie Schmetterlingsraupen und Blattläuse wirken. Neu hat Schläppis Team herausgefunden, dass die Substanzen die Bakterienzusammensetzung im Boden steuern.

Pflanzen züchten ihre Lieblingsbakterien.

Die Forschenden sammelten und charakterisierten Bakterien von Maiswurzeln und untersuchten, wie diese mit den Benzoxazinoiden umgingen. So fanden sie heraus, dass die Pflanzenabwehrstoffe einige der Bakterienstämme schlicht eingehen lassen. Andere Bakterien dagegen tolerierten diese Stoffe nicht nur, sondern konnten sie auch verstoffwechseln.

Praktischerweise zeigte sich dies direkt an der Farbe der jeweiligen Bakterienkolonien, denn eines der Stoffwechselprodukte der Benzoxazinoide hat eine dunkelrote Farbe. So lassen sich Bakterienstämme, die die Abwehrstoffe umwandeln können, direkt von Auge erkennen und gezielt weiter analysieren. Mehr noch: Diese Bakterien – das haben die nachfolgenden Untersuchungen gezeigt – können sogar mit Benzoxazinoiden als einziger Kohlenstoffquelle überleben. Was also für andere Gift ist, lässt diese Bakterien prächtig gedeihen.

«Auf diese Weise beeinflusst die Maispflanze direkt das Mikrobiom an ihren Wurzeln», erklärt Schläppi. Sie züchtet sich quasi ihre Lieblingsbakterien heran. Umgekehrt heisst das: «Wo Mais wächst, müssen die Bodenbakterien mit den Benzoxazinoiden umgehen können, sonst verschwinden sie.» Und dies wiederum müsste künftig bei der Entwicklung und beim Einsatz von Biologicals miteinbezogen werden.

Personalisierte biologische Dünger.

Das gelte nicht nur für Mais, sondern auch für weitere Nutzpflanzen, vermutet Schläppi. Beispielsweise geben die Wurzeln von Tomatenpflanzen einen Sekundärstoff namens alpha-Tomatin ab, von dem man weiss, dass er ebenfalls gewisse Bakterienspezies selektioniert. Nötig wäre also ein für die jeweilige Nutzpflanze personalisierter biologischer Dünger: Für Mais braucht es Biofertilizer-Organismen mit Toleranz gegenüber Benzoxazinoiden, für Tomaten gegenüber alpha-Tomatin.

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