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Risikobereitschaft aus psychologischer Sicht

Lässt sich vorhersagen, welche Entscheidungen ein Mensch treffen wird? Und welches finanzielle Risiko er dabei in Kauf nimmt? Dank innovativer Methoden gelingt dies dem Psychologieprofessor Rui Mata immer besser.

Rui Mata
Rui Mata untersucht mit einer Vielzahl von Methoden, wie Menschen Entscheidungen treffen und wie sich die Risikobereitschaft im Laufe des Lebens verändert. (Bild: © Christian Flierl, Universität Basel)

Jede Entscheidung hat Konsequenzen für unser Leben − manchmal mehr, manchmal weniger. Für Rui Mata führte die Entscheidung, für die Doktorarbeit ans Max-Planck-Institut für Bildungsforschung nach Berlin zu gehen, letztendlich zu einer Professur in kognitiver Entscheidungspsychologie an der Universität Basel. Als Leiter des Center for Cognitive and Decision Sciences befasst er sich nun von Berufs wegen damit, wie Menschen ihre Entscheidungen fällen.

Aufgewachsen ist Rui Mata in der Nähe von Lissabon, an der Universität Lissabon absolvierte er auch sein Psychologiestudium. «In der Schule mochte ich Philosophie und Biologie, die Psychologie schien mir eine gute Mischung von beidem», sagt Mata – eine Erwartung, die sich seiner Ansicht nach voll erfüllt hat. «Die Psychologie ist wie ein Verkehrsknoten mit vielen anderen Wissenschaften verbunden. So kann man alles aus vielen verschiedenen Perspektiven betrachten und neue Zusammenhänge herstellen, das finde ich äusserst spannend.»

Psychologische Faktoren bestimmen Portfolio

Ein Beispiel für eine solche Schnittstelle ist das vom Schweizerischen Nationalfonds finanzierte Sinergia-Projekt «Die Grundlagen von erfolgreichen finanziellen Entscheidungen», eine Kollaboration von psychologischen und wirtschaftswissenschaftlichen Forschungsgruppen der Universitäten Basel und Zürich. Das Team untersucht, wie Menschen in Bezug auf ihre privaten Finanzen Entscheidungen treffen. «Diese Frage ist besonders in der Schweiz von grosser Bedeutung, weil es hier in finanziellen Dingen viel Wahlfreiheit gibt, etwa beim Ansparen von Geld für den Ruhestand», so Mata.

Für das Projekt analysierten die Forschenden unter anderem echte Finanzportfolios und führten mit den Inhabern dieser Geldanlagen eine Reihe von psychologischen Tests durch. Es stellte sich heraus, dass Persönlichkeitsmerkmale eine wichtige Rolle für die Risikobereitschaft spielen. «Solche Erkenntnisse können etwa dazu beitragen, die Kundeninformationen über Finanzprodukte besser zu formulieren. Dies hilft dann dabei, günstigere finanzielle Entscheidungen zu treffen», so Mata. Ihn interessiert besonders, ob Risikobereitschaft ein Leben lang konstant bleibt oder sich im Alter verändert. Bislang sind die wissenschaftlichen Ergebnisse dazu noch widersprüchlich.

Künstliche Intelligenz analysiert Sprache

Auch deshalb ist Mata ständig auf der Suche nach neuen Methoden, die sich für die Entscheidungsforschung einsetzen lassen. In einem innovativen Ansatz macht er sich nun Fortschritte in der Informatik zunutze. «Bislang wurde die Risikobereitschaft hauptsächlich durch Spielchen am Computer gemessen, bei denen die Versuchspersonen beispielsweise entscheiden müssen, wieviel Geld sie setzen.» Jetzt möchte Mata mit seinem Team Daten sammeln und Verhalten in der realen Welt vorhersagen. Zu diesem Zweck setzen sie auf Algorithmen des maschinellen Lernens, um verschiedene Arten von Texten zu durchforsten und bestimmte Merkmale herauszufiltern, um die Risikowahrnehmung und das Risikoverhalten von Personen vorherzusagen, z. B. die Reaktionen der Menschen auf Naturkatastrophen oder Ereignisse an der Börse.

«Dies könnte für uns Forschende in der Psychologie eine Schatztruhe von neuen Daten zum Risikoverhalten darstellen», sagt Mata. Die daraus errechneten Modelle will er dann mit Modellen aus anderen methodischen Ansätzen abgleichen. Vielleicht klärt sich dabei auch die Frage, ob Menschen mit zunehmenden Alter und Erfahrung gerne mehr riskieren oder nicht. Geplant ist auch, die in diesem Projekt entwickelten Programme anderen Forschungsgruppen frei zur Verfügung zu stellen. «So können wir Datensätze aus der ganzen Welt sammeln und miteinander vergleichen.»

Rui Mata
Rui Mata setzt Methoden des maschinellen Lernens ein, um die Risikowahrnehmung und das Risikoverhalten von Menschen zu verstehen und vorherzusagen, z. B. die Reaktionen auf Naturkatastrophen oder Ereignisse an der Börse. (Bild: © Christian Flierl, Universität Basel)

Inspiration aus vielen Ländern und Disziplinen

Seine Aufgeschlossenheit gegenüber interdisziplinären Projekten führt Mata auf seine Zeit als Doktorand an der «International Max Planck Research School on the Life Course» zurück − Studierende arbeiten dort mit Arbeitsgruppen in verschiedenen Institutionen zusammen. Diese Erfahrungen vertiefte Mata in seiner Zeit als Postdoktorand an den Universitäten Lissabon, Michigan oder Stanford. Im Jahr 2014 erfolgte dann der Ruf nach Basel.

Ein internationales Flair pflegt Mata aber nicht nur beruflich, sondern auch privat. Seine Frau, Professorin für Gesundheitspsychologie an der Universität Mannheim, stammt aus Deutschland. Die beiden Töchter im Primarschulalter fühlen sich hier in Basel zuhause und sprechen besser Schweizerdeutsch als Portugiesisch. «Auch meine Hobbies werden immer schweizerischer. Am liebsten gehe ich in den Bergen wandern und laufen», so Mata.

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