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Bernoulli Lecture: Wie Ausdauer und Leidenschaft unseren Erfolg bestimmen

Warum sind manche Menschen erfolgreicher als andere? Gemäss der amerikanischen Psychologin Angela Duckworth braucht es die richtige Mischung aus Ausdauer und Leidenschaft, hingegen stehen Talent und Intelligenz an zweiter Stelle. Am 24. Oktober hält Angela Duckworth die diesjährige Bernoulli Lecture for the Behavioral Sciences. Uni News hat im Vorfeld mit ihr gesprochen.

14. Oktober 2019

Die Psychologin Angela Duckworth erforscht aus Sicht der Motivationspsychologie, was Menschen langfristig erfolgreich macht und wie das Lernen und die Bildung im Hinblick darauf refomiert werden können. Mit ihrem New York Times-Bestseller Grit: The Power of Passion and Perseverance hat sie Millionen von Menschen inspiriert und weltweit für Aufsehen gesorgt.

Frau Duckworth, im Zentrum ihres Buches steht die These, dass Erfolg nicht primär auf Talent oder IQ beruht, sondern auf «Grit». Was genau ist «Grit»?

Grit ist eine besondere Mischung aus Begeisterungsfähigkeit und langfristigem Durchhaltevermögen. Menschen mit Grit haben ein übergeordnetes Ziel oder Anliegen, das ihr tägliches Tun strukturiert und mit Sinn erfüllt. Sie arbeiten unermüdlich daran, ihre Fähigkeiten zu entwickeln und sich zu verbessern, selbst wenn sie wiederholt scheitern oder wenn der Weg zum Ziel langwierig ist. Natürlich sind auch Talent und Glück entscheidend für den Erfolg. Aber Talent ist keine Garantie für Exzellenz und daher aus meiner Sicht überbewertet. Was wir langfristig erreichen, hängt im hohem Mass von unserer Ausdauer und Leidenschaft bzw. unserm Grit ab. Das belegt auch die Forschung.

Im Deutschen würden wir Grit wohl mit Beharrlichkeit und Begeisterung übersetzen, aber keines dieser Worte kann die Bedeutung genau fassen.

Ja, Grit ist eine Mischung aus verschiedenen Charaktermerkmalen und nicht jede Sprache hat dafür ein Entsprechung. Es gibt ein japanisches Sprichwort, dass Grit sehr gut umschreibt: «Siebenmal fallen, achtmal aufstehen». 

Menschen mit Grit geben also nie auf. Und doch schreiben Sie in Ihrem Buch, dass es Kindern erlaubt sein sollte, Dinge aufzugeben. Ist das nicht ein Widerspruch?

Nicht unbedingt. Es braucht Zeit, um zu verstehen, was einen antreibt. Nehmen Sie mich als Beispiel: Ich habe 32 Jahre gebraucht, um zu realisieren, dass ich als Psychologin arbeiten will – als eine Psychologin, die das Leben von Kindern verbessert. Was habe ich gemacht bis ich 32 war? Ich habe immer wieder aufgehört. Angefangen habe ich als Praktikantin im Weissen Haus, wo ich Reden schrieb. Später kündigte ich meine Arbeit als Unternehmensberaterin. Auch meine Tätigkeit als Klassenlehrerin habe ich aufgegeben. Im Kern waren das aber keine ziellosen Kündigungen, sondern eine Suche nach der einen Sache, der ich mein ganzes restliches Leben treu bleiben könnte. Und das habe ich ja schliesslich auch gefunden.

Ist Grit in unserer DNA?

Wie alle anderen Persönlichkeitsmerkmale ist Grit genetisch wie auch sozial geprägt. Was mich vor allem interessiert, ist der nicht-genetische Anteil und die Frage, wie Eltern, Lehrerinnen und Lehrer sowie andere Rollenvorbilder bzw. unser unmittelbares soziales Umfeld – und dazu gehören auch Arbeitgeber – die Entwicklung von Grit positiv beeinflussen können.

Könnte man auch zu gritty sein?

Ich mache mir keine allzu grossen Sorgen, dass Menschen zu gritty sein könnten, allerdings mache ich mir Sorgen um Menschen, die einen starken Anteil an Grit haben und bei denen andere Eigenschaften wie etwa Ehrlichkeit, Integrität, Neugier, Kreativität, Empathie und Dankbarkeit nur schwach oder kaum ausgeprägt sind. Die Forschung zeigt, dass Menschen am besten vorankommen, wenn der Charakter multidemsional geprägt ist, also auf der Ebene von Herz, Geist und Wille. Eben dieser Charakterentwicklung widmet sich das Characterlab, welches ich 2013 mit zwei Kollegen in gegründet habe.

Wie lassen sich Glück und Zufriedenheit in einem Leben finden, das von einem starken Streben nach Verbesserung geprägt ist?

Es ist wichtig, die kleinen Erfolge feiern zu können. Insbesondere Menschen, die an grossen Projekten und Entwicklungen arbeiten, die viele Jahre, Jahrzehnte oder unter Umständen sogar ein ganzes Leben dauern, brauchen die Fähigkeit, ihr Ziel als eine Vielzahl von kleinen Wegstrecken und Fortschritten wahrzunehmen. Der Weg ist das Ziel, nicht die Goldmedaille oder der Nobelpreis oder das Gefühl «jetzt bin ich endlich angekommen». Persönlich möchte ich nie ankommen.


Strategic Self-Control. Bernoulli Lecture for the Behavioral Sciences by Prof. Dr. Angela Duckworth. Donnerstag, 24. Oktober 2019, 18.15–19.45 Uhr, Bernoullianum, Grosser Hörsaal, Bernoullistrasse 30, Basel. Veranstaltungen übernehmen als iCal

Bernoulli Lectures

Die Bernoulli Lecture for the Behavioral Sciences fördert den interdisziplinären Dialog in den Verhaltenswissenschaften. Die Vortragsreihe wird von Forschenden bestritten, die bedeutend zur Entwicklung dieses Bereichs beigetragen haben, insbesondere in der Psychologie und den Wirtschaftswissenschaften. Organisiert wird die Vortragsreihe von der Fakultät für Psychologie und der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät.

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