Familienfreundlichkeit im Fokus: Universität Basel erneut zertifiziert
Die Universität Basel setzt sich strategisch für eine familienbewusste Ausrichtung ein. Sie hat erneut das Zertifikat «audit familiengerechte hochschule» erhalten. Damit wird die Familienfreundlichkeit der Universität nach der ersten Zertifizierung im Jahr 2021 bestätigt. Ein guter Zeitpunkt, um innezuhalten und zu schauen: Was wurde erreicht und was ist für die nächsten Jahre geplant?
19. Dezember 2024
Das Zertifikat gilt als Qualitätssiegel für eine betriebliche Vereinbarkeitspolitik und wird vom Kuratorium der «berufundfamilie Service GmbH» jeweils auf drei Jahre vergeben. Nach der Erstzertifizierung im Jahr 2021 hat sich die Universität Basel erfolgreich dem Re-Auditierungsprozess gestellt. Dabei wurden neben den strategischen Zielen auch konkrete Massnahmen definiert und Ziele vereinbart, die es nun umzusetzen gilt. Die praktische Umsetzung wird von der «berufundfamilie Service GmbH» jährlich überprüft.
Die Universität Basel ist die erste Universität in der Schweiz, die dieses Zertifikat erhalten hat. Aus Sicht von Nicole Kälin, Leiterin der Fachstelle Diversity & Inclusion, hat sich das Audit bisher sehr gelohnt: «Die standardisierten und intern breit abgestützten Prozesse sowie die Begleitung durch die Auditorin erhöhen die Verbindlichkeit der partizipativ festgelegten Ziele.» Die Fachstelle koordiniert den Prozess der Auditierung und ist für die jährliche Berichterstattung sowie für die Umsetzung verschiedener Massnahmen verantwortlich.
Auch die zuständige Vizerektorin People & Culture, Prof. Dr. Nadja Braun Binder, ist vom Nutzen der Rezertifizierung überzeugt: «Wir freuen uns, gemeinsam mit allen Hochschulangehörigen diesen Weg weiterzugehen und die Universität Basel als Vorbild für andere Hochschulen zu etablieren.»
Familienfreundliche Arbeitsbedingungen
Die Universität Basel hat in den letzten drei Jahren viel unternommen, um ihre Familienfreundlichkeit zu verbessern. Mit der Totalrevision der Personalordnung und des Arbeitszeit- und Absenzenreglements wurde 2022 eine gute Grundlage geschaffen. Seither sind die Arbeitsbedingungen flexibler und familienfreundlicher geworden. Hervorzuheben sind die Verlängerung des Vaterschaftsurlaubs auf vier Wochen und die grosse Flexibilisierung in der Arbeitszeiterfassung, zum Beispiel durch die Abschaffung der Blockzeiten.
Weitere wichtige Projekte sind die Neugestaltung des Eltern-Kind-Raums in der Universitätsbibliothek, die Publikation des Beratungswegweisers und die Implementierung des Themas Familie in die Toolbox für Mitarbeitendengespräche. Der moderne Eltern-Kind-Raum erleichtert es Eltern, ihre Kinder an die Universität zu bringen und Wartezeiten produktiv zu nutzen oder eine Übergabe zu planen. Der Beratungswegweiser hilft, schnell die richtigen Beratungsangebote und Ansprechpartner zu finden. Durch die Überarbeitung der Toolbox für Mitarbeitendengespräche werden Themen rund um Familie und Vereinbarkeit nun explizit in der Gesprächsvorlage erwähnt und können so offener und früher angesprochen werden.
Ein weiterer wichtiger Meilenstein ist die Gleichbehandlung aller Doktorandinnen bei der Vertragsverlängerung im Falle einer Schwangerschaft. Seit Anfang 2023 können alle angestellten Doktorandinnen, die während des Doktorats ein Kind bekommen, ihr Anstellungsverhältnis auf Antrag um 16 Wochen zum vollen Tarif verlängern. Diese Zeit entspricht den 16 Wochen bezahlter Absenz, auf die Mitarbeitende der Universität Basel bei Mutterschaft Anspruch haben. Dies gilt für alle Anstellungsverhältnisse, unabhängig von der Finanzierungsquelle.
Dr. Stefanie Hof-Seiler, Leiterin des Graduate Centers, die für die Umsetzung des Vorhabens zuständig war, meint dazu: «Dies ist ein wirklich grosser Fortschritt. Mit der neuen Regelung haben wir transparente und gleiche Bedingungen für alle Doktorierenden geschaffen.»
Mut zum Pilot
Im Bereich der Kinderbetreuung wurde das Angebot versuchsweise erweitert. Dazu gehört die Notfallbetreuung für kranke Kinder, die von Studierenden und angestellten Eltern kostenlos in Anspruch genommen werden kann und sich seit ihrer Einführung Ende 2021 sehr bewährt hat. Darüber hinaus wurde versuchsweise ein Nanny-Service für Abendzeiten eingerichtet. Studierende und Mitarbeitende sollten zu günstigen Konditionen eine stundenweise Betreuung ihrer Kinder zu Hause buchen können. Zusätzlich bestand die Möglichkeit, am Samstagvormittag die Uni-Kinderkrippe zu besuchen. Beide Angebote wurden zu wenig genutzt und nach einer Pilotphase wieder eingestellt.
«Wir haben offensichtlich noch nicht das passende Extraangebot gefunden», meint Gaudenz Henzi, Leiter der Sozialberatung und verantwortlich für die universitäre Kinderkrippe. «Da wir aber mit familea, der Betreiberin der Uni-Kita, auf eine agile Partnerin zählen können, konnten die Projekte mit minimalem finanziellen Aufwand angeboten werden. Kosten wären für uns nur dann entstanden, wenn die Angebote auf eine grosse Nachfrage gestossen wären».
Auch andere Projekte haben sich nicht so entwickelt wie bei der Planung angenommen. So zielte eine Massnahme darauf ab, die Entwicklung der Universität in Richtung Familienfreundlichkeit messbar zu machen, im Idealfall auch im Vergleich zu anderen Hochschulen. Hier zeigte sich relativ rasch, dass die Datenlage für quantifizierbare Indikatoren an Universitäten unzureichend ist. Der Auditierungsprozess lässt solche Versuche zu und unterstützt sie im Sinne einer lernenden Organisation. Das Ziel ist es, für die eigene Organisation passende und nachhaltige Angebote zu finden, um insgesamt familienfreundlicher zu werden.
Kultureller Wandel
«Manchmal profitiert man von Entwicklungen, mit denen man nicht gerechnet hat», stellt Dr. Simone Lazarus, Leiterin Organizational Culture fest. Ein gutes Beispiel dafür ist das Thema Homeoffice. Die Coronapandemie hat hier zu einer grossen Flexibilisierung geführt. Das teilweise Arbeiten von zu Hause aus ist heute an unserer Universität Standard, wovon unter anderem Eltern und pflegende Angehörige profitieren. Durch den Wegfall des Arbeitswegs kommt die gewonnene Zeit der Familie zugute. «Bei diesem Thema ist ein deutlicher Kulturwandel spürbar.»
Das gilt auch für andere Themen. Im Laufe der letzten drei Jahre haben sich Angebote entwickelt, die ursprünglich nicht geplant waren, aber als Zeichen für die fortschreitende Familienfreundlichkeit der Universität gedeutet werden können. So hat beispielsweise der Reisefonds sein Angebot erweitert: Seit 2022 können stillende Doktorierende und Postdocs, die an Konferenzen und Tagungen teilnehmen, die Reisekosten für eine Begleitperson über den Reisefonds abrechnen. Zuletzt wurde das Angebot auf Alleinerziehende ausgeweitet, sodass sie individuelle Betreuungsoptionen abrechnen können.
«Solche Angebote und ein entsprechender Wandel sind nur möglich, wenn viele verschiedene Menschen daran arbeiten. Das könnten wir von der Fachstelle Diversity & Inclusion nie alleine schaffen», betont Nicole Kälin. Der Dank gelte all den Kolleginnen und Kollegen an zentralen und dezentralen Stellen sowie den Vorgesetzten und Dozierenden, die sich täglich dafür entscheiden, familienfreundlich zu handeln und ihre Studierenden und Mitarbeitenden dahingehend zu unterstützen.
Relevanz für das Studium
Neben den Mitarbeitenden und Forschenden sind die Studierenden eine Gruppe, für die Familienfreundlichkeit ein wichtiges Thema ist. «Prozentual ist der Anteil der Betroffenen klein, das Bundesamt für Statistik geht von 3 bis 4 Prozent aus. Für die Einzelnen ist die Unterstützung jedoch immens wichtig, um im Studium gut voranzukommen», so Nicole Kälin. Dass die Mehrfachbelastung durch Familie, Nebenjob und Studium nicht zu unterschätzen ist, zeigte ein Workshop, den die Fachstelle mit studierenden Eltern durchführte. «Hier wollen wir in den nächsten drei Jahren verstärkt auf die Vernetzung der Gruppe hinwirken, um eine Unterstützung durch Studierende in ähnlichen Situationen zu ermöglichen», so Kälin.
Ziele für die Zukunft
Die Universität Basel hat sich für die nächsten drei Jahre verpflichtet, das erreichte Niveau zu halten. Neue Bedürfnisse sollen frühzeitig erkannt und, wenn möglich, entsprechende Angebote bereitgestellt werden. Zudem sollen Führungspersonen weiterhin unterstützt und befähigt werden, familienfreundlich zu handeln. Die Weiterentwicklung einer Kultur des Respekts und der Wertschätzung für Familienfreundlichkeit bleibt zentral.
Konkret soll beispielsweise das Bewusstsein dafür geschärft werden, dass Familie nicht nur Kinder bedeutet, sondern – aufgrund des demografischen Wandels – auch die Pflege von Angehörigen umfasst, die zunehmend von Studierenden und Mitarbeitenden übernommen wird. Um solchen Verpflichtungen gerecht zu werden, bietet die Universität Basel ihren Mitarbeitenden zehn Tage bezahlte Absenz pro Jahr an.
Diese Regelung ist jedoch noch wenig bekannt. Reto Jeker, Leiter Human Resources, sagt dazu: «Diese Möglichkeit besteht seit der Überarbeitung der Personalordnung bzw. der Implementierung des neuen Arbeitszeitreglements. Eine alleinige Information über das Angebot reicht jedoch nicht aus. Es ist auch eine Frage der Kultur, ob dieses Angebot überhaupt genutzt wird.» Genau hier setzt das Massnahmenpaket für die nächsten drei Jahre an.
Auch die Rektorin, Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Andrea Schenker-Wicki, äussert sich sehr positiv zur Bestätigung der Familienfreundlichkeit: «Ich freue mich sehr über die Rezertifizierung und danke allen, die an diesem erfolgreichen Prozess mitgewirkt haben. Wir werden weiter daran arbeiten, die familienfreundlichste Universität der Schweiz zu bleiben!»
Familie und Universität
Die Werte der Universität Basel basieren auf Wertschätzung und Toleranz gegenüber dem persönlichen Kontext der Universitätsangehörigen. Die Universität will eine hohe Leistungsbereitschaft und Produktivität an der Hochschule fördern, indem sie lebensphasengerechtes Studieren und Arbeiten ermöglicht. Dies wird systematisch in die entsprechenden Abläufe integriert und in der Kultur verankert. Die Vision der Universität Basel ist, Vorreiterin der familienfreundlichen Hochschulen in der Schweiz zu sein. Sie haben Fragen zu konkreten Angeboten? Kontaktieren Sie Dr. Julia Bzzi, Projektleiterin Familie und Universität.